Ein Unermüdlicher am Dirigentenpult
Es ist eine Wahl des Stadttheaterintendanten Florian Scholz, die den neuen Chefdirigenten absolut glücklich macht: „Rusalka“ wird unter seiner Leitung zum ersten Mal nach 65 Jahren in Klagenfurt aufgeführt. Auch für den Australier ist die Oper eine Premiere und deshalb etwas besonders.
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Singen, reden, erklären - dirigieren
Beobachtet man den neuen Chefdirigenten bei der Arbeit mit dem Kärntner Sinfonieorchester fällt auf, wie dynamisch der 33-Jährige mitagiert. Seine Arbeitsweise ist eine sehr lebendige - er singt und redet, erklärt den Musikern freundlich, warum eine Passage laut oder leise, jener Akkord gewaltig oder jener Klang transparent gespielt sein muss.
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„Ich liebe Oper - es ist ein Gesamtkunstwerk“
Carter: „Deshalb liebe ich es, Opern zu machen. Es ist nicht nur das Orchester allein, es sind nicht nur die Sänger, sondern es ist ein Gesamtkunstwerk. Man muss ein Teil des allen werden und so gut einstudiert sein, wie nur möglich“.
Sendungshinweis:
Kaffee und Kuchen, 2.9.2018
Um die Poesie der tschechischen Sprache herauszuarbeiten, übersetzte Carter „Rusalka“ in Zusammenarbeit mit einer Tschechisch-Lehrerin. Rusalka zu seinem ersten Dirigat am Stadttheater zu machen, sei Florian Scholz` Idee gewesen: "Er bat mich darum, das ist fast zwei Jahre her. Ich musste zugeben, Rusalka gar nicht zu kennen, abgesehen von den berühmten Arien und Stellen. Ich ging nach Hause, hörte es durch und habe mich sofort verliebt.“
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Eine Meerjungfrau in der Wirrnis der Jahrhundertwende
Die Geschichte von der unmöglichen Liebe einer Wassernixe zu einem schönen Prinzen geht auf eine mittelalterliche französische Sage zurück. Sie ist nicht zuletzt durch die Disney-Verfilmung Arielle die Meerjungfrau bis heute präsent. Jaroslav Kvapil verlegte in seinem Operntext die Handlung in die slawische Märchenwelt.
1900, im Jahre der Erscheinung von Sigmund Freuds Traumdeutung, schuf der tschechische Komponist Antonín Dvořák mit der Oper Rusalka ein Alterswerk, in dem die Wirrnisse des anbrechenden Jahrhunderts ihre Schatten vorauswerfen. Rusalkas Märchenwelt bildet die Fassade, hinter der sich abgrundtief die unstillbare Sehnsucht und tragische Vereinsamung des modernen Menschen auftun. Dvořáks rührende lyrische Musik lässt auf Mitleid und Versöhnung hoffen.
Text: Stadttheater Klagenfurt
Rusalka ist „a rollercoaster“
Es geht um große Gefühle und die Sehnsucht der „Meerjungfrau" Rusalka, ein Mensch sein zu dürfen. Dafür ist sie fast alles bereit zu geben. Natürlich geht die Geschichte nicht gut aus. Die Liebe zum Prinzen endet unglücklich, es gibt kein Happy End – „aber das ist Oper“, so Carter lachend. „Es ist aber nicht nur tragisch, sondern hat auch lustige Elemente, mit ganz liebevoller Musik – vor allem im ersten Akt. Es ist ein Rollercoaster.“
Jenseits von schwarz-weiß
Mit der Besetzung der Figur der Rusalka „steht und fällt alles“, wie man so schön sagt. Pumeza Matshikiza habe einen fantastischen Instinkt - sowohl für den Inhalt als auch die Musik. Carter: „Pumeza Matshikiza macht das zum ersten Mal – aber sie ist für diese Rolle geboren worden. Sie singt so wunderschön, hat eine so bezaubernde Präsenz auf der Bühne und versteht ganz genau, was drin steht. Ich habe mit so vielen anderen Rusalkas über die Rolle gesprochen, weil es inhaltlich schon ein sehr kompliziertes Stück ist. Manche sagen, es dauert einige Inszenierungen lang, bis man das Stück wirklich versteht. Vor allem die Rusalka. Sie ist manchmal einfach verliebt, dann wieder böse und will den Prinz töten, um schließlich doch davon abzusehen. Wie böse ist sie am Ende, was für eine Erlösung kann es geben?“
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Dirigieren ist wie Gärtnern in Versailles
Auch das Kärntner Sinfonieorchester ist „neu“ für Carter, der seine bisherigen Erfahrungen mit den Musikern als „super“ bezeichnet. Aber: "Es ist anders, wenn man der Chefdirigent ist. Also im Vergleich zu einem Gastdirigat. Man hat mehr Verantwortungen, ich habe einen langen Prozess vor mir: Es geht darum, was ich in den drei oder vier Jahren, die ich hier verbringe, schaffen möchte. Wie möchte ich mich und das Orchester entwickeln? Es ist wie ein Garten in Versailles – es ist nicht einfach von alleine so schön, man muss es täglich bearbeiten.“
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Die Zeit der Diktatoren ist - fast - vorbei
Auf seinen eigenen Arbeitsstil als Dirigent angesprochen sagt Carter: „Die Zeit der Diktatoren ist – sagen wir fast – vorbei. Es geht um Zusammenarbeit, wenn die Musiker eines Orchesters begeistert von der Musik sind, geht alles viel leichter, als wenn sie vor Angst spielen. Ich glaube, ich bin auch entspannt bei der Probe. Es ist gut, wenn man sich beim Musizieren wohlfühlt und manchmal lächelt. Es ist gut, wenn alle konzentriert sind aber den Prozess trotzdem genießen.“
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Eine Rückkehr auf die Sonnenseite
Das neue Leben in Klagenfurt mit der Familie genießt der Australier vor allem wegen des Wetters. „Ich komme aus Australien und bin mit der Sonne aufgewachsen. Die letzten paar Jahre war ich in Norddeutschland – Hamburg und Berlin sind tolle Städte, ich habe es geliebt dort zu arbeiten und zu leben – aber es ist kalt.“
In Kärnten sei das Essen gut und die Leute „entspannt“. Das Engagement am Stadttheater dürfte also ein ziemlich perfekter Job für den erklärten Familienmenschen sein.