Prozess um 10.000 Tonnen gestohlenen Schotter
Angeklagt sind der Steinbruch-Disponent, ein Lkw-Fahrer und drei Unternehmer: Der Disponent soll dem Betrieb gemeinsam mit dem Lkw-Fahrer mehr als 10.000 Tonnen Schotter entzogen, weiterverkauft und das Geld - insgesamt 240.000 Euro - eingesteckt haben. Dreieinhalb Jahre lang sei das illegale Geschäft gelaufen, sagte Staatsanwältin Nicola Trinker in ihrem Anklagevortrag. Konkret soll der Disponent, der für den Handel mit Schotter und Steinen zuständig war, 781 Fahrten auf eigene Faust in Auftrag gegeben haben, das Geld habe der Mann selbst eingesteckt. Dem Betrieb sei so ein Schaden von 240.000 Euro entstanden, so Trinker.
Umfassendes Geständnis abgelegt
Im Jahr 2016, als die Geschichte aufzufliegen drohte, legte der Haupttäter ein umfassendes Geständnis ab. Penibel hatte er die einzelnen Schwarzfuhren aufgezeichnet. „Ich war jung, dumm und naiv“, eröffnete der Mann seine Einvernahme durch Richter Christian Liebhauser-Karl, der dem Schöffensenat vorsaß. Die angeklagten Unternehmer hätten bei ihm angefragt, ob sie den Schotter denn nicht stark verbilligt bekommen könnten - so habe alles begonnen. Bei seinen Taten sei er sehr vorsichtig vorgegangen, erzählte der Disponent: „Zu Spitzenzeiten hatten wir 400 Fuhren am Tag, da habe ich eine oder zwei von meinen durchgeführt.“
EDV-System war manipulierbar
Dabei geholfen hatte ihm, dass das EDV-System der Firma manipulierbar war. 100 Euro verlangte er anstatt der sonst üblichen rund 220 Euro pro Fuhre. Bezahlt wurde in bar, die Transportscheine, mit denen er dem Lkw-Fahrer die Aufträge erteilt hatte, wurden dann vernichtet, die Fahrten im System gelöscht. Das Geld habe er mit dem Lkw-Fahrer geteilt. Seine Ehrlichkeit habe auch seinen Arbeitgeber beeindruckt, sagte der Disponent weiter: Er sei noch immer bei der Firma beschäftigt, habe bereits 55.000 Euro zurückgezahlt und begleiche auch weiterhin in Raten seine Schuld.
Fahrer bestreitet Bezahlung
Konträr zu diesen Angaben waren am Montag die Aussagen des angeklagten Lkw-Fahrers. Er sei nicht schuldig, sagte er zuerst. Auf Nachfrage Liebhauser-Karls bekannte er sich schließlich teilweise schuldig. Für die Fahrten sei er nicht bezahlt worden, er habe von den Empfängern des Schotters lediglich ab und zu „fünf, zehn Euro Trinkgeld“ bekommen. Und dass die Fuhren eigentlich illegal durchgeführt wurden, habe er erst viel später erfahren.
Dieser Aussage hielt der Richter das Einvernahmeprotokoll bei der Polizei entgegen: Dort hatte der Mann ausgesagt, dass er mit den angeklagten Fahrten 300 bis 500 Euro im Monat verdient habe. „Da habe ich sicher übertrieben“, meinte der Lkw-Fahrer dazu - außerdem seien es bestimmt nicht so viele Fuhren gewesen, wie der Erstangeklagte ausgesagt hatte. „Warum sollte er zu seinem eigenen Nachteil einen höheren Schaden angeben?“, hakte Liebhauser-Karl nach. „Das weiß ich auch nicht“, antwortete der Angeklagte.
Abnehmer will nichts mitbekommen haben
Widersprüchlich waren auch die Aussagen eines der Unternehmer, die sich den Schotter liefern lassen hatten. Er beharrte darauf, dass er nicht gewusst habe, dass die nur halb so teuren Lieferungen, für die es keinen Lieferschein gegeben habe und die bar zu bezahlen gewesen seien, Schwarzfuhren waren: „Ich habe es lediglich vermutet.“
Auf mehrmaliges Nachfragen des Richters gab der Mann dann an, dass er sehr wohl gewusst habe, dass die Sache illegal war. Er bestritt aber die Zahl der inkriminierten Lieferungen: Anstatt der 466, die der Disponent gestanden hat, seien es nur „etwa 60“ gewesen. „So viele waren es sicher nicht“, antwortete der Unternehmer auf die Frage des Richters, ob es denn möglich sei, dass er sich um 400 Fuhren verrechnet hatte.
Der vierte Angeklagte, ebenfalls ein Erdbau-Unternehmer und Empfänger von Schotter-Lieferungen, war schließlich wieder vollinhaltlich geständig. Er bestätigte im Wesentlichen die Aussagen des Disponenten. Am nächsten Verhandlungstag soll auch der fünfte Angeklagte zu den Vorwürfen einvernommen werden.