Tödlicher Bootsunfall: Viele Widersprüche

Am Dienstag hat in Klagenfurt der Prozess um einen tödlichen Motorbootunfall auf dem Wörthersee begonnen. Die Angeklagten, Bootslenker und Schiffsführer, widersprachen einander in ihren Aussagen zum Unfallhergang stark.

Beim Unfall im vergangenen Juni kam ein 44-jähriger Niederösterreicher ums Leben, gelenkt wurde das Boot von einem 45-jährigen Niederösterreicher. Wer die Verantwortung für den tödlichen Unfall auf dem Wörthersee trägt, das muss ab Dienstag Einzelrichter Matthias Polak klären. Wegen des großen Medienandrangs findet der Prozess im großen Geschworenensaal des Landesgerichts statt. Mit an Bord waren zwei weitere Niederösterreicher und ein 33-jähriger Kärntner als Vertreter des Bootsbesitzers, der eigentliche Schiffsführer. Der Kärntner muss sich nun wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen vor Gericht verantworten.

Prozess Motorbootunfall tödlich Wörthersee Prozessauftakt

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Großes Medieninteresse

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Bootslenker grob fahrlässige Tötung und Gefährdung der körperlichen Sicherheit vor, der Strafrahmen liegt bei bis zu drei Jahren Haft. Der Mann hatte das Boot laut Strafantrag mit 1,2 Promille Alkohol im Blut gelenkt. Der Name des mutmaßlichen Haupttäters darf aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes und des Medienrechtes nicht genannt werden.

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Der Angeklagte betritt den Gerichtssaal

Sehr unterschiedliche Versionen zum Unfallhergang

Zum Unfallhergang gehen die Darstellungen auseinander, das zeigte sich auch am Dienstag vor Gericht, die Aussagen der Angeklagten waren sehr widersprüchlich. Laut Strafantrag soll der Bootslenker aus Niederösterreich riskante Manöver durchgeführt haben. Dabei sei das spätere Opfer vor Maria Wörth ins Wasser gefallen. Der Bootslenker habe daraufhin den Retourgang eingelegt und den Mann im See mit der Schiffsschraube am Kopf erfasst - zu diesem Schluss kommt ein von der Staatsanwaltschaft beauftragter Gutachter.

„Das geht nie mehr aus unseren Köpfen“

Der Erstangeklagte betonte bei seiner Vernehmung eingangs, es gehe ihm bei der ganzen Sache nicht gut. Das Opfer sei einer seiner allerbesten Freunde gewesen, das Ereignis „wird nie mehr aus unseren Köpfen gehen“. Man sei 20 Jahre „ziemlich beste Freunde“ gewesen, auch gemeinsam auf Urlaub gefahren. Der Angeklagte sagte weiter, er habe kein riskantes Manöver gefahren, vor allem kein einziges „Eindrehmanöver“, wie es das Opfer zuvor gefahren sei. „Ich habe dieses Manöver nicht selbst eingeleitet, bin nicht selbst gefahren und habe sicherlich auch nicht den Retourgang eingelegt.“

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Aus Platzgründen findet der Prozess im großen Schwurgerichtssaal statt

„Wurde weit von Boot weggeschleudert“

Er habe sich spontan entschieden, mit dem Boot von Klagenfurt zurück nach Pörtschach zu fahren, so der Erstangeklagte. Das spätere Opfer habe dabei auf der Motorabdeckung Platz genommen. Unterwegs habe er die Idee gehabt, man könne noch kurz baden gehen und das Boot angehalten. Dann sei der erste Versuch des späteren Opfers gekommen, ins Lenkrad zu greifen, das habe er noch abwehren können. Bei dessen zweitem Versuch, ins Lenkrad zu greifen, sei es zu dem Unfall gekommen.

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Die Angeklagten mit ihren Anwälten

„Ich hatte beide Hände von ihm vor mir im Lenkrad, dann hat es nicht einmal eine halbe Sekunde gedauert und ich flog ins Wasser“, sagte der Angeklagte. „Ich bin durchaus weit vom Boot weggeschleudert worden, was für mich ein Glück war.“ Als er aufgetaucht sei, habe er das Boot gesehen, etwa in zehn bis 15 Meter Entfernung. Kurz darauf sei klar gewesen, dass das Opfer verschwunden war.

„Habe mich nicht angetrunken gefühlt“

Richter Matthias Polak rekonstruierte in seiner Vernehmung zuerst den Ablauf jenes Tages und den Alkoholkonsum des Angeklagten. Der 45-Jährige hatte ein großes Bier, etwa vier Achtel Rosewein, einen Gin Tonic und ein bis zwei Gläser Rum konsumiert.

Es sei ein großer Fehler gewesen, dass er sich an jenem Nachmittag spontan ans Steuer gesetzt habe, obwohl er Alkohol konsumiert habe, sagte der Angeklagte. „Ich habe mich aber nicht angetrunken gefühlt.“ Er habe daraus gelernt und trinke nie mehr einen Tropfen Alkohol, wenn er sich ans Steuer eines Autos setze.

Verteidiger: Alkoholisierung nicht kausal

Auch der Verteidiger des Niederösterreichers, Alexander Todor-Kostic, betonte, sein Mandant habe kein „Eindrehmanöver“ gefahren, das spätere Opfer aber sehr wohl. Dieses habe seinem Mandanten von hinten ins Steuer gegriffen, Opfer und Lenker seien dabei ins Wasser gefallen. Daher könne sein Mandant auch nicht den Rückwärtsgang eingelegt haben. Die Alkoholisierung des Angeklagten sei unbestritten, sei aber nicht kausal, weil der Unfall auch in nüchternem Zustand nicht zu verhindern gewesen wäre.

Zum ORF sagte der Verteidiger, „nach dem letzten Wissensstand gibt es keine Grundlage für eine Verurteilung. Das wird nun noch zu klären sein.“

Zweitangeklagter widerspricht Erstangeklagtem

Nach dem Hauptangeklagten wurde der Zweitangeklagte, der 33 Jahre alte Schiffsführer, befragt. Und dieser widerspricht den Ausführungen des Hauptangeklagten entschieden. Sehr wohl hätte der Hauptangeklagte riskante Manöver selbst gefahren. Dass das Opfer ins Lenkrad gegriffen hätte, das habe er nicht bemerkt, sonst hätte er diesen angewiesen, das sein zu lassen.

Der Schiffsführer gab an, er sei bei einem Manöver auf die Seite des Bootes geschleudert worden, dann habe er ein Geräusch gehört, das darauf hindeutete, dass etwas in die Schiffsschraube geraten sei. Im Wasser habe er dann einen Blutfleck gesehen. Das Boot sei zu diesem Zeitpunkt rückwärts gefahren. Er habe darauf den Gashebel auf neutral gestellt, es sei der Retourgang eingestellt gewesen.

Der Richter wollte wissen, ob er nicht bemerkt hätte, dass zum Essen mehrere Flaschen Wein bestellt worden seien. Das verneinte der 33-Jährige, er habe auch keine offensichtlichen Anzeichen von Trunkenheit bemerkt. Zur Fahrweise des Angeklagten meinte der Kärntner, dass der Erstangeklagte „Power turns“ gefahren sei. Gewarnt habe der Bootslenker die Insassen nicht, es hätten sich aber alle festgehalten, auch er selbst.

Kritik an Staatsanwaltschaft

Verteidiger Todor-Kostic kritisierte weiters, der Strafantrag sei übereilt gestellt worden. Nach den bisherigen Ermittlungsergebnissen könne sich der Unfall nicht so ereignet haben, wie es im Strafantrag ausgeführt sei: „Eigentlich befinden wir uns jetzt gerade mitten im Ermittlungsverfahren.“

Auch Georg Schuchlenz, Anwalt des Kärntner Angeklagten, wies die Darstellung des Staatsanwalts zurück. Er erklärte, der Strafantrag sei „aus der Hüfte geschossen“ gekommen. Der Erstangeklagte habe zweifelsohne das Recht gehabt, das Boot zu führen, sein Mandant hätte das Unglück zudem auch nicht verhindern können. Er sei aber froh, dass die Causa nun strafrechtlich aufgearbeitet werde, da die Situation für ihn sehr belastend sei.

Drei Verhandlungstage geplant

An vorerst drei geplanten Verhandlungstagen sind mehrere Zeugen und insgesamt sechs Gutachter geladen. Angekündigt ist auch eine komplexe Computersimulation der Bootsfahrt. Ein Urteil wird für den 16. Mai erwartet, für die Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung.

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