SPÖ und ÖVP einig: Koalition gerettet

Am Donnerstagabend hat es ein Bekenntnis von SPÖ und ÖVP zur vereinbarten Koalition gegeben. Auch nach dem Rücktritt von ÖVP-Obmann Christian Benger stehe der Koalitionspakt. Landtag und Regierung könnten damit wie geplant am 12. April gebildet werden.

Nach Bekanntwerden von Bengers überraschendem Rücktritt am Mittwoch hatte Landeshauptmann, Parteivorsitzender Peter Kaiser (SPÖ) in einer ersten Reaktion gesagt, er fühle sich an keine Vereinbarung mit der ÖVP mehr gebunden - mehr dazu in Kaiser stellt ÖVP Ultimatum (kaernten.ORF.at; 5.4.2018). Als Bedingung für eine Koalition mit der ÖVP unter neuer Führung nannte Kaiser drei Forderungen.

Die erste sei das aufgehobene Einstimmigkeitsprinzip, die zweite, dass alle Vereinbarungen vom 28. März gültig seien und der dritte Punkt sei eine aktive Teilnahme der ÖVP an den Verhandlungen mit dem Bund um das Kärnten Paket. Nachdem vom ÖVP-Parteivorstand diese Bedingungen akzeptiert wurden, kam am Donnerstagabend auch von der SPÖ das OK. Beide Parteien werden den Koalitionspakt am Samstag ab 8.00 Uhr Früh noch einmal gemeinsam durchgehen, damit der ursprüngliche Zeitplan, mit der Konstituierung des Landtags und der Regierungsbildung am 12. April, eingehalten werden könne - mehr dazu in Regierungspakt wird fixiert (kaernten.ORF.at; 3.4.2018).

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Abgehen von Einstimmigkeit nur im Notfall

LH Kaiser sagte, er freue sich über die Einigung und dass die ÖVP die Bedingungen der SPÖ akzeptiert habe. Diese Bedingungen würden sicher stellen, dass die Arbeit für Kärnten positiv erledigt werden könne, sagte Kaiser. Ein Vorteil werde sein, dass jene Forderungen aus dem Kärntenpaket, die nur gemeinsam mit dem Bund erledigt werden könnten, der Bundesregierung gemeinsam mit der ÖVP präsentiert werden könnten.

ÖVP akzeptiert SPÖ Bedingungen

ORF

LH Peter Kaiser (SPÖ): „Freue mich über Einigung“

Die Möglichkeit, dass nun vom Einstimmigkeitsprinzip abgegangen werden könne, habe den Vorteil, so Kaiser, dass auch bei Uneinigkeit zwischen zwei Parteien die Möglichkeit bestehe, keine Zeit zu verlieren und Dinge umzusetzen. „Wer mich kennt, weiß, dass wir das nur im äußersten Notfall tun werden“, sagte Kaiser.

ÖVP: Koalition steht nichts im Weg

Zuvor gab der designierte ÖVP-Chef Martin Gruber bekannt, dass die Kärntner ÖVP die Bedingungen der SPÖ für eine Koalition erfüllen wolle. Gruber sprach von einem Vertrauensvorschuss. Der Koalition stehe nichts mehr im Wege. Der Parteivorstand habe einstimmig beschlossen, die Bedingungen der SPÖ zu akzeptieren. Von dem Einstimmigkeitsprinzip in der Regierung könne abgegangen werden, sagte Gruber.

ÖVP akzeptiert SPÖ Bedingungen

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Untertags noch offene Fragen

Schon vor dieser Bekanntgabe hatte es ein Gespräch zwischen Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) und dem designierten ÖVP-Obmann Martin Gruber gegeben. Schon nach diesem Gespräch hieß es, die ÖVP wolle den Bedingungen zustimmen. Da war aber noch von einer temporären Lösung bei der Einstimmigkeitsregel die Rede. Diese Forderung wurde von Kaiser abgelehnt.

Beide Seiten betonten das „angenehme Klima“. Bei dem Gespräch war auch der am Mittwoch zurückgetretene ÖVP-Obmann Christian Benger dabei. Die ÖVP stimmte den Forderungen nach Verhandlungen auf Augenhöhe mit dem Bund beim Kärntenpaket zu. Auch dem Punkt, dass die Vereinbarungen der Koalitionsgespräche halten sollen, stimmte die ÖVP zu - mehr dazu in Kaiser stellt ÖVP Ultimatum.

Gespräch Gruber Benger Kaiser SPÖ ÖVP

APA/Gert Eggenberger

v.l.: Benger, Gruber, Kaiser

Einstimmigkeitsregelung war Knackpunkt

Allerdings spießte es sich erst noch bei der Forderung von Kaiser nach einer Aufhebung der in der Verfassung festgeschriebenen Einstimmigkeit bei Entscheidungen der Landesregierung. Kaiser will damit Mehrheitsentscheidungen möglich und etwaige Dauerblockaden durch einen Koalitionspartner ÖVP verhindern. Eine Änderung dieser Regelung wäre durch eine Verfassungsänderung möglich, wenn auch kompliziert - mehr dazu in Verfassungsänderung wäre kompliziert. Mit einer Zustimmung, so Kaiser, könnte die ÖVP das Vertrauen wieder herstellen.

Allerdings reiche ihm keine Zusage Grubers, es müsste einen Vorstandsbeschluss geben - bis Donnerstag 20.00 Uhr. Diese Forderung konnte die ÖVP noch am Donnerstag erfüllen. Damit sollte der zeitliche Fahrplan bis zur konstituierenden Landtagssitzung eingehalten werden können. Andernfalls hatte die SPÖ mit Verhandlungen mit FPÖ und Team Kärnten gedroht.

War Brief Beweggrund für Rücktritt?

Bengers Rücktritt hat viele überrascht und die eigene Partei am falschen Fuß erwischt. Einer der Beweggründe wurde am Donnerstag an die Medien gespielt: Ein Brief an die ÖVP-Landespartei, in dem Oberkärntner ÖVP-Bürgermeister aus den Bezirken Spittal, Hermagor und Feldkirchen den Aufstand proben und einen Regierungssitz für Klubobmann Ferdinand Hueter fordern. Andernfalls würden sie beim Parteitag „einen eigenen Weg einschlagen“ heißt es in dem Brief.

Weiter hieß es: „Alle Funktionäre haben bereits zu erkennen gegeben, dass sie andernfalls nicht mehr bereit sind, etwas für die Landes ÖVP zu tun und auch bei den Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen 2021 teilweise nicht mehr unter der VP-Flagge kandidieren werden.“ Hueter hatte vor zwei Tagen zudem sein Bürgermeisteramt in der Gemeinde Berg im Drautal zurückgelegt, das mit der Funktion eines Landesrates unvereinbar ist. Mit dem Wechsel an der Parteispitze ist ein Landesrat für Hueter aber wohl unerreichbar geworden.

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Gruber will mit Bürgermeistern reden

Persönlich wurde Gruber vom Parteivorstand mit der Vollmacht ausgestattet, alle Personalfragen allein zu entscheiden. Namen vom zweiten Regierungsmitglied oder Clubobmann könne er noch keine nennen, sagte Gruber am Donnerstagabend. Mit den Oberkärntner Bürgermeistern werde er wegen ihrer Forderungen persönlich reden.

FPÖ: Alleinherrschaft der SPÖ

FPÖ-Parteiobmann Gernot Darmann sprach nach Bekanntwerden der Einigung von einer „Misstrauenskoalition", die schon jetzt gescheitert sei. Das geforderte Aussetzen des Einstimmigkeitsprinzips mittels Verfassungsänderung ermögliche eine Alleinherrschaft der SPÖ in Kärnten, sagte Darmann,"eine Alleinherrschaft der SPÖ unter Duldung der ÖVP“. Der letzte Funke Selbstachtung der ÖVP sei nun verloren gegangen.

ÖVP akzeptiert SPÖ Bedingungen

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FPÖ-Obmann Gernot Darmann: „Bedingungslose Unterwerfung der ÖVP“

Team Kärnten: Freibrief für Alleinherrschaft

Nach der Einigung zwischen SPÖ und ÖVP sprach Team Kärnten Obmann Gerhard Köfer von ener „peinlichen Schmierenkomödie“, die nun ihr Ende habe. Alles, was an Werten, Würde und Charakter da war, sei an der Garderobe abgegeben worden, so Team Kärnten Obmann Gerhard Köfer. Zum Abgehen vom Einstimmigkeitsprinzip sagte Köfer, das sei „Anlassgesetzgebung und Rechtsbeugung in Reinkultur“. Die Landesverfassung sei ein rechtspolitisches Fundament und kein Spielplan, der für „parteipolitischen Ränkespiele“ verwendet werden dürfe, sagte Köfer. Der SPÖ und LH Kaiser sei „insgesamt zu gratulieren“.

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