Die hängenden Gärten der Katharina Steiner
Als würde man mit den Beinen über den Himmel laufen, um den Kopf in eine Blumenwiese zu stecken. Ungefähr so fühlt es sich an. Irgendwie so „richtig“ verkehrt eben. Katharina Steiner fertigt Blumenwiesen an, die sie kopfüber an die Decke hängt. Das Ergebnis ist ein Meer aus Duft und Farbe.
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„Vielleicht hänge ich auch irgendwann Müll auf“
Um Schönheit allein geht es der Künstlerin bei ihren Naturinstallationen allerdings nicht. Katharina Steiners Arbeit ist von tiefer Achtsamkeit vor der Natur geprägt. Sie weiß um deren Zerbrechlichkeit und meint deshalb auch mit Blick auf ihre künstlerische Zukunft: „Vielleicht hänge ich auch irgendwann den Müll auf, den ich beim Sammeln der Blumen im Wald finde.“
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Kunst, die den Geruch der Kindheit wachruft
Etwa 100 Stunden Arbeit stecken in einer Installation. Die neueste ist am Eingang zur Römertherme in Bad Kleinkirchheim zu sehen. Aber auch in der „Kaslabn“ in Radenthein und im „Sagamundo“ in Döbriach sind Katharina Steiners hängende Gärten zu erleben. Es ist eine Kunst, die den Geruch der Kindheit ins sich trägt und Erinnerungen wachruft. An die erste eigene „Halskette“ aus Löwenzahn etwa, oder die selbstgeschnitzten Pfeifchen aus den hohlen Stengeln der Engelwurz.
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Löwenzahn straft die Schwerkraft Lügen
Ein Atelier im eigentlichen Sinne besitzt Katharina Steiner nicht, gearbeitet wird im Wohnzimmer. Es ist ein Ort, der automatisch „erdet“ auch wenn hier viel auf dem Kopf steht.
Sendungshinweis:
Radio Kärnten Mittagszeit, 13.3.2018
Quer auf Schnüren durch das ganze Zimmer gespannt strecken Blumen ihre Köpfe in Richtung Parkett. Sterbende Schönheiten wie Rittersporn, Farn und Hahnenfuß atmen ein letztes Mal aus. Dazwischen straft Löwenzahn die Schwerkraft Lügen. Denn auch der Luftzug im Zimmer kann den weiß-zarten Schirmchen nichts anhaben, sie bleiben störrisch am Stengel sitzen.
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Auch auf das Handwerk kommt es an
Wie Katharina Steiner die Blumen gegen die Zeit wappnet, bleibt ein Stück weit ihr Geheimnis. Nur so viel: "Es gibt Varianten, wo ich die Blumen presse, weil es erforderlich ist. Dann ist es wichtig, dass sie nicht im Stadium des Verblühens aufgehängt werden – dann verlieren sie auch schneller die Farbe und auch die Blüten fallen schneller runter.“
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Die Liebe zur Natur hat Katharina Steiner den Beruf der Blumenbinderin erlernen lassen. Ihr Leben im Ausland, sie war acht Jahre lange in St. Moritz in der Schweiz, hat ihre Perspektive in Richtung Kunst verschoben. „Den Segen, den ich habe ist, dass ich das handwerkliche Geschick erlernt habe. Das ist mein Fundament, heute aber ist es eine andere Richtung, mit dem ich dem Material einen anderen Raum gebe.“
Blumenwiesen, die es so gar nicht mehr gibt
In einem Projekt, in der es um eine Blumenheuwiesen geht, verwendet Katharina Steiner, sie ist Jahrgang 1982, bewusst künstliche Blütenzweige - „um zu zeigen, dass es diese Wiesen schon fast gar nicht mehr gibt. Weil Häuser gebaut werden oder die Wiesen so überdüngt werden, dass nur noch Gras wächst und keine Blüten mehr. Also es sind sicher auch Umweltaspekte, die in meine Installationen mit einfließen“.
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Und der Betrachter? Er/Sie soll „belebt“ werden
Vorstellen muss man sich also eine Blumenwiese, die von oben nach unten wächst. Doch was soll im Betrachter wachsen? „Ganz einfach – ein Perspektivenwechsel. Was ich mir wünsche, ist, dass jeder etwas mitnimmt von diesem Erlebnis. Hinausgeht und das Gefühl hat er ist mitten in einer Wiese gestanden, in einer Installation und hat sich dadurch auch beleben lassen“.
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Kunst muss heutzutage auch was (aus)halten
Wie lange hält das? ist eine Frage, die Katharina Steiner relativ oft zu hören bekommt. In Zeiten des Kapitalismus unterliegt eben alles der Verwertung, vor allem auch die Kunst.
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Steiner: „Der größte Anspruch der Menschen ist der, wie lange es hält. Für mich selbst ist es die Lebendigkeit und die Vergänglichkeit. Genauso widerspiegelt es auch das Ableben der Blumen, ihr Metamorphoseprozess".
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Der Eindruck bleibt
Wer einmal unter einer dieser „Wiesen“ gestanden ist, vergisst sie nicht so schnell wieder. Und stellt sich Fragen, wie diese: Ob wir Menschen in der heutigen Zeit überhaupt noch zwischen einer „echten“ und einer „künstlichen“ Wiese unterscheiden können? Schwierig, wenn sie nicht gerade auf dem Kopf steht.