Mit 66 noch einmal in die Lehre

Egon Rutter hat jahrzehntelang als Fotograf die High Society ins Bild gerückt. Nun, mit 66 Jahren, fing er eine Lehre als Koch an und ist damit Kärntens ältester Lehrling. Er tut sich das an, um seine Hobbykochkünste zu perfektionieren.

Seit nun sieben Wochen sammelt Rutter Küchenerfahrung, er arbeitet 40 Stunden an fünf Tagen pro Woche. Aller Anfang ist schwer, aber Kärntens ältester Kochlehrling ist von seiner Arbeit begeistert: „Ab und zu komme ich an meine Grenzen, zum Beispiel beim Mandarinenschälen, wenn man die Netze entfernt, das ist wie Mäuse melken.“ Die Mengen, die er vorbereiten müsse, habe er ein bisschen unterschätzt.

Kochlehrling mit 66 Egon Rutter

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„Wollte eigentlich Konditor werden“

Essen war für ihn immer wichtig und deshalb wollte er das Kochen von der Pike auf lernen. Aber wie wird man mit 66 Jahren dann Kochlehrling? Einfach war es nicht, so Rutter, denn wo findet man schon einen Lehrherren, der so einen alten Lehrling nehme. Marcel Vanic habe gesagt, wenn du das wirklich machen willst, dann mach das. Lehrherr Vanic vom Casineum Velden, der Rutter schon lange kennt, über seine erste Reaktion auf die Anfrage: „Ich habe gedacht, er hat einen Pecker. Das kann nur ein Spaß sein. In dem Alter würde sich das doch keiner mehr antun, der Stress, das Stehen, die Hitze. Aber er hält durch.“

Kochlehrling mit 66 Egon Rutter

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Küchenchef Marcel Vanic zeigt allen Lehrlingen die Zubereitung von frischen Artischocken

Lehrherr: Es macht ihm Spaß

Rutter begann auch gleich mit dem Basiswissen: „Ich habe gleich angefangen mit Erdäpfelschälen“. Eigentlich habe er ja immer Konditor werden wollen, doch mit zunehmendem Alter sei ihm das Essen wichtiger als die Nachspeise geworden. „Ich habe immer schon gerne gekocht, aber ich habe halt die Zwiebeln geschnitten wie eine Hausfrau und nicht, wie er es mir hier gezeigt hat. Ich habe gebundene Suppen nicht zusammengebracht und das hab ich hier am ersten Tag gelernt.“

Kochlehrling mit 66 Egon Rutter

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Vanic wirft ein Auge auf die Arbeit von Egon Rutter

Vanic über seinen Lehrling: „Er stellt sich gut an, weil es ihm Spaß macht, er macht das ja freiwillig, er müsse nicht mehr arbeiten, weil er in Pension ist. Ein 15-Jähriger muss einen Beruf lernen, aber Egon macht es, damit er seine Hobbykochkünste perfektionieren kann.“ Für die anderen Lehrlinge ist er wie ein „Papa“ oder „Opa“ in der Küche, aber sonst nicht viel anders als sie, er müsse ja auch alles fragen, mache aber Vieles besser als die jüngeren.

Noch einmal die Schulbank drücken

Rutter muss aber jetzt auch noch die Schulbank in der Berufsschule drücken, angemeldet ist er schon für März, nun muss er eine Aufnahmsprüfung machen: „Weil ich die erste Klasse überspringen will. Ich habe die Prüfungsfragen bekommen, die lerne ich jetzt. Das geht von Küchenkunde, Fachausdrücke, Ernährungskunde.“ Mit 70 Jahren will der Pensionist dann die Lehrabschlussprüfung in der Tasche haben und ein großes Fest feiern. „So stelle ich mir das vor.“