Uni Klagenfurt erforscht erotischen Film

Ein Klagenfurter Forschungsteam beschäftigt sich derzeit mit dem erotischen Film, im November findet dazu eine internationale Tagung statt. Im Mittelpunkt stehen unter dem Motto „La dolce vita“ und „No Sex Please: We’re British“ Filme aus Italien und Großbritannien.

Erotik sei in der mitteleuropäischen Kultur schon lange kein Tabu mehr, sagen die Veranstaltungsleiter Jörg Helbig (Institut für Anglistik & Amerikanistik) und Angela Fabris (Institut für Romanistik). Dennoch orten die Veranstalter gravierende Forschungslücken, was die Geschichte des erotischen Films angeht. Eine fundierte oder gar umfassende wissenschaftliche Aufarbeitung habe bisher nicht stattgefunden. Das habe ihn und Fabris sehr verwundert, so Helbig. „Daher haben wir uns des Themas angenommen und arbeiten auch an einer Monographie.“

Erotischer Film Tagung Universität Klagenfurt

Uni Tagung

Gegenbewegung zu allzeit verfügbaren Pornos

Das Interesse sei weltweit groß, so Helbig, man werde immer wieder zu Tagungen eingeladen. Interessant sei, dass die Reaktionen auf den Tagungen in Richtung Gegenbewegung zu überall verfügbarem Sex und Pornos gehe: „Sexy ist es, nicht alles zu zeigen, der Phantasie Raum zu lassen“, das sei das Feedback, das die beiden Forscher bekommen. 50 Shades of Grey fand Helbig „langweilig und unerotisch“, damit beschäftige sich die Forschung von Fabris und Helbig nicht.

In Medien wie Literatur, Presse oder Bildender Kunst sei die Erotik sehr offen präsent. „Lediglich das Kino weicht dem Thema in anachronistischer Weise aus, als ob es eine völlig entgegengesetzte Moral besäße", sagt das Forscherteam. „Berührungsängste" in der Filmwissenschaft seien ebenfalls viel stärker als in den Kunst- und Literaturwissenschaften. Dabei sei das Thema Erotik seit den Anfängen des Films eines der Hauptthemen. Die beiden Wissenschaftler wollen ihre Forschung nach Erscheinen ihres wissenschaftlichen Buches voraussichtlich Ende 2018/Anfang 2019 durchaus auf andere Länder ausdehnen. „Ein Kollege hat mich darauf hingewiesen, dass sich der österreichische Filme dafür durchaus eigenen würde“, so Helbig.

“Dolce vita“ gegen „british understatement“

Seit Jahresbeginn beschäftigen sich Fabris und Helbig mit dem erotischen Film, vom 9. bis 11. November veranstalten sie die internationale Tagung „Cinerotic: Eroticism in Films and Video Games“. Unter dem Motto „La dolce vita“ und „No Sex Please: We’re British“ stehen dabei erotische Film in Italien und England im Vordergrund. „Wir wollen wissen, ob es in der filmischen Darstellung erotischer Inhalte kulturspezifische Unterschiede gibt“, erklärte Fabris dazu.

Nicht nur für Männer

Jedenfalls würden sich einige Klischees aufdrängen: Einerseits das sinnliche und lebensfrohe Italien, andererseits das prüde und zurückhaltende England - ob diese Klischees auch wirklich zutreffen, sei eine der Fragen, denen man in rund 20 Vorträgen nachgehen möchte. Das Programm behandelt unter anderem Filme von Michelangelo Antonioni, Stanley Kubrick, Pier Paolo Pasolini, Dario Argento und Michael Winterbottom.

Eines ist Fabris noch wichtig: „Das erotische Kino wendet sich keinesfalls nur an Männer, sondern spricht auch Frauen an. Es
bietet daher ein vielfältiges Rezeptionsangebot, das für die Forschung aufschlussreiche Erkenntnisse verspricht.“

Erotik in Videospielen ebenfalls Thema

In Klagenfurt werden Wissenschaftler aus Österreich, Italien, Deutschland, Großbritannien, Spanien und Serbien erwartet, eröffnet wird die englischsprachige Veranstaltung am 9. November mit einem Workshop zum Thema Erotik in Videospielen. Die Klagenfurter Konferenz ist Teil einer länderübergreifenden Doppeltagung. Der erste Teil fand von 27. bis 28. Oktober an der Universität Kassel zum Thema „Erotik in Literatur und Theater“ statt.