Bibliothek der ungelesenen Bücher

Robert Musils Roman „Der Mann ohne Eigenschaften“ ist Spitzenreiter in der „Bibliothek ungelesener Bücher“. Der aus Klagenfurt stammende Künstler Julius Deutschbauer fragt Menschen nach Büchern, die sie nicht gelesen haben und stellt diese Titel dann aus.

Seit 20 Jahren spricht Julius Deutschbauer mit Menschen über Bücher, die sie aus den verschiedensten Gründen nicht gelesen haben. Irgendwann wurde es dem Vielleser ganz einfach zu langweilig, Besprechungen von Büchern zu lesen. Er dachte sich, es könne lustvoller sein, Erwartungen, Mutmaßungen und Phantasien über etwas zu sammeln, das die Menschen nicht gelesen haben.

„Das war auch das Überraschende an diesem Projekt, dass diese Mutmaßungserzählungen bzw. Vorerzählungen oft so vergnüglich sind, dass ich noch immer neugierig bin bei jedem Interview, das ich mache“, so der Initiator.

Deutschbauer Bibliothek Bücher ungelesen

ORF/Michaela Monschein

Im Audioarchiv gibt es mittlerweile mehr als 700 Interviews. Äußerst vergnüglich sind zum Beispiel die Gespräche mit den Schriftstellern H.C. Artmann und Werner Kofler. Beide haben den „Mann ohne Eigenschaften“ von Robert Musil nicht gelesen. „Ulysses“ von James Joyce steht auf der Liste der meistgenannten Buchtitel an zweiter Stelle, an dritter die Bibel.

Deutschbauer Bibliothek Bücher ungelesen

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Verwirrspiel um vermeintlichen Musil-Grabstein

Seit 20 Jahren gestaltet Deutschbauer aber auch Plakate zur Bibliothek der ungelesenen Bücher. Für einiges Aufsehen sorgt auch das neueste Plakat. Der Künstler sitzt vor dem Grabstein von Robert Musil. Es soll schon Suchende am Friedhof in Klagenfurt-Annabichl geben. Deutschbauer: „Wenn sie diesen Stein dann finden ist es das Grab von Ingeborg Bachmann. Es ist auch versteckt genug, man findet es auch schwer. Dieses dann in einen Musil-Grabstein umzumeißeln per Photoshop war eine lustvolle Aufgabe.“

Ein Grab des 1942 verstorbenen Schriftstellers gibt es nämlich nicht. Seine Witwe Martha Musil verstreute seine Asche in einem Wald bei Genf. Kunst wie sie Julius Deutschbauer versteht, ist eine Liebeserklärung an die Literatur, aber nie ohne Augenzwinkern und Leichtigkeit.

Deutschbauer Bibliothek Bücher ungelesen

ORF/Michaela Monschein

Musilmuseum beheimatet gedruckte „Unlieblinge“

Den „Mann ohne Eigenschaften“ hat er übrigens gelesen - „als sehr junger Mann, mit 18, in einer Disco, in der Alpendiele in Lienz“. Aus dem „Mann ohne Eigenschaften“ stammt auch die erste Frage, die Julius Deutschbauer bei jedem seiner Interviews stellt: „Welches Wetter haben wir heute?“

Zu sehen ist Julius Deutschbauers Bibliothek der ungelesenen Bücher im Musilmuseum in Klagenfurt bis 22. Dezember. Am 15. November liest Peter Waterhouse und am 14. Dezember Sina Klein. Nach beiden Veranstaltungen gibt es einen Interviewmarathon mit dem Publikum zu ungelesenen Büchern.

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