Von Kärnten über Duino nach Harvard

Den jungen Kärntner Simon Schnabl zieht es nach der Matura in „die große weite Welt“: Die letzten zwei Jahre vor der Matura absolvierte er in einem College in Duino (Italien). Jetzt geht er für das Studium an die Eliteuniversität Harvard in den USA.

Eine wahrlich aufregende Nacht war es für den 18-Jährigen gebürtigen Klagenfurter mit Gailtaler Wurzeln, als er gegen Mitternacht eine E-Mail der amerikanischen Elite-Universität Harvard erhielt: „Aufnahmeverfahren bestanden“ hieß es darin. Die Freude bei dem Kärntner war riesengroß, wie er sich lachend und sichtlich stolz erinnert.

Simon Schnabl Duino

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Simon Schnabl

„Ich wurde in Harvard angenommen“

Simon Schnabel: "Ein anderer aus Österreich, aus Graz, stand neben mir und wir sind voll durchgedreht. Ich kann es gar nicht beschreiben. Es war schon eine Überraschung. Das hätte ich mir nicht so in der Form erwartet, dass ich da gleich angenommen worden wäre. Dann habe ich noch andere Leue aufgeweckt mit den Worten: „Ich wurde in Harvard angenommen“.

Dass er sich für einen Studienplatz an der privat geführten Universität in Cambridge (Massachusetts) im Großraum Boston bewirbt, wo schon George W. Bush, Henry Kissinger, Bill Gates und das Ehepaar Obama ihre akademische Reife erlangten, war eine spontane Idee des Kärntners: „Ich hatte gute Noten und auch in der Generation vor mir hatten sich Leute an verschiedenen amerikanischen Universitäten beworben. Ich habe mir gedacht, ich kann es auch probieren und falls es nicht funktioniert, kann ich noch immer zurück nach Österreich, nach Wien oder so. Dann habe ich mich bei sieben Unis beworben und dann hat es halt funktioniert.“

„Gehe ohne Erwartungen rüber“

Eine Karriere im Bereich der Genetik schwebe ihm vor, „vielleicht auch irgendwas mit Politik“. Er habe sich für Molekularbiologie inskribiert, müsse sich aber nicht gleich entscheiden, was ihm sehr entgegenkomme, sagt Schnabl. Ihm gehe es zunächst in erster Linie darum, für sich einige wichtige persönliche Fragen zu klären.

„Ich weiß nicht, was ich mir erwarten soll, weil ich noch nie drüben war und ich weiß auch nicht, wie das Studentenleben drüben ist. Ich gehe jetzt erstmal ohne Erwartungen rüber und lasse das einfach auf mich zukommen“, so der Bald-Gastamerikaner. In letzter Zeit habe er sich privat besonders für die Geschichte Kärntens zu interessieren begonnen. Er wolle unbedingt die Suche nach seinen eigenen Wurzeln vertiefen, so Schnabl, dessen Großeltern Kärntner Slowenen sind.

Schnabl Maturafeier Slowenisches Gymnasium

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Simon Schnabl mit seinen ehemaligen Klassenkameraden bei der Maturafeier im Slowenischen Gymnasium in Klagenfurt.

Slowenisches Gymnasium als Ausgangspunkt

Alles begann für den ambitionierten Jugendlichen am Slowenischen Gymnasium in Klagenfurt. Sechs Jahre verbrachte Simon Schnabl an seiner „Stammschule“ und war auch Ende Juni bei der Maturafeier mit dabei, um seine Lehrer und ehemalige Klassenkameraden wiederzusehen.

Vor zwei Jahren zog es ihn in die Ferne - nach Duino, wo er das „Collegio del mondo unito dell’Adriatico“, das Kolleg der Vereinigten Welten der Adria, besuchte. In der 1982 eingerichteten Bildungsstätte absolvieren jedes Jahr 180 Studierende aus mehr als 80 Ländern die letzten zwei Jahre ihrer Ausbildung vor der Matura.

Mehr Hausübung, näheres Verhältnis zu Mitschülern

Zu den Unterschieden zum gewohnten Kärntner Schulsystem meint Schnabl, dass man zwar weniger Stunden pro Tag habe, dafür aber mehr Hausübung: „Man muss viel mehr machen und es kommt auch dazu, dass man am Campus wohnt. Das heißt, es sind Schüler, mit denen du die ganze Zeit über zusammen wohnst, während man sich in Kärnten nur in der Schule gesehen hat und vielleicht einmal in der Woche danach, aber sonst nicht wirklich viel Kontakt hatte. Deswegen war das dann schon irgendwie ganz anders.“

Nachdem er neben Slowenisch- bereits über Italienischkenntnisse verfügte, erhielt er automatisch eine „Sonderstellung“: „Es ist alles irgendwie ‚geschlossen‘ und man spricht meistens nur Englisch. Aber weil ich schon vorher Italienisch hatte konnte ich mich schon verständigen, im Lokal, im Geschäft oder so.“ Der Lehrplan sehe zudem Sozialstunden vor, wo Schnabl letztendlich sein Italienisch perfektionieren konnte: „Ich war eigentlich auch der Einzige, der sich verständigen konnte, deshalb musste ich auch meistens für die anderen übersetzen. Also hatte ich auch Kontakt mit der italienischen Kultur.“

Simon Schnabl Duino

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Simon Schnabl tauschte in den letzten zwei Jahren den Wörthersee gegen das Meer ein

„Offenheit für andere Kulturen bringt einen weiter“

Die Zeit in Duino war für ihn prägend. Es gebe Vieles, das er mitnehmen werde - vor allem der Kontakt zwischen den unterschiedlichen Kulturen habe ihn reifen und über Vieles - nicht zuletzt über sich selbst und seine eigenen kulturellen Wurzeln - nachdenken lassen, sagt Schnabl.

„Man kommt hierher und es ist nicht so, dass man sagt: Meine Kultur ist die Hauptkultur und die anderen müssen sich irgendwie anpassen. Man muss schauen: Was ist die österreichische Kultur. Was macht mich aus und wie kann ich mich mit den anderen Kulturen verständigen?“.

Es gebe immer wieder Diskussionen und oft auch Kopfzerbrechen. Vielfach seien die Kommilitonen nicht von ihrer Sichtweise der Dinge abzubringen gewesen. Das sei aber kein Problem, räumt der 18-Jährige ein: „Irgendwie lernt man einfach zu sagen - ok, ich verstehe das, das ist eine andere Meinung, das kann ich jetzt nicht ändern, das muss ich akzeptieren.“ Er habe sein Zimmer mit anderen Studierenden aus Indien, Nigeria und Russland geteilt. Das sei eine spannende Mischung gewesen, sagt Schnabl. Letztendlich hätten die Burschen aber viel Spaß miteinander gehabt.

Schnabl Freunde Duino

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Simon Schnabl und seine Zimmergenossen

Flüchtlinge bringen auch wertvolle Kultur mit

Themen wie die aktuelle Flüchtlingsproblematik seien da auch für Jugendliche greifbarer denn je. Er sieht es als Trugschluss, dass von Flüchtlingen automatisch erwartet werde, dass sie sich ausnahmslos an die Kultur ihres Gastlandes anzupassen hätten: „Man schaut nicht wirklich, welche Kultur sie haben und was sie uns geben könnten. Man schaut nur, dass sie sich anpassen. Das ist es dann irgendwie.“ Er für seinen Teil sehe weitaus mehr Vorteile in einer weltoffeneren Mentalität.

Familie fand neue Freunde aus der ganzen Welt

Simons Familie unterstützt ihn, wo es geht. Die gesamte Familie habe durch die Auslandserfahrung ihres Sohnes enorm profitiert, sagt seine Mutter Petra Schnabl-Kuglitsch. Er habe immer wieder Freunde mitgebracht. Das sei auch für sie eine tolle Möglichkeit gewesen, Menschen aus anderen Kulturkreisen kennenzulernen und Freude auf der ganzen Welt zu finden.

Natürlich schaue sie mit einem lachenden und einem weinenden Auge zu, dass Simon jetzt den Sprung über den „großen Teich“ wage: „Einerseits ist es natürlich eine große Aufregung und eine schöne Sache für ihn. Andererseits ist es für uns, für uns Eltern, für die Familie, natürlich ein Abschied auf unbestimmte Zeit.“

Schnabl Familie Duino

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Familienausflug mit Mutter und Schwester Agnes nach Duino

Mutter: Gespräche erhalten neue Qualität

Im Zeitalter von Smartphones, digitalen Messenger-Diensten Internet-Chats seien die gut elf Flugstunden und tausende Meilen, die sie bald von Simon trennen werden, jedoch kein wirkliches Hindernis, um weiterhin am Leben ihres Sohnes teilhaben zu können.

„Ich kann mich noch erinnern - bevor er nach Duino gegangen ist, war er meistens in seinem Zimmer und man hat sich garnicht so viel unterhalten. Wenn er dann weg ist sind die Gespräche einfach viel wichtiger und bewusster. Auch die Zeit verbringt man viel intensiver miteinander. Insofern wird das schon so passen.“

Sehnsucht nach Freunden, Familie - und Reindling

Bis es Mitte August „auf nach Amerika“ geht treffe er noch so oft wie möglich seine Freunde, gehe ins Kino, lese oder spiele Tennis. Er genieße die verbleibende Zeit in seiner alten Heimat Europa - in die er aber immer wieder gerne zurückkehren werde - noch in vollen Zügen. Am meisten vermissen werde er während seines Amerika-Aufenthaltes neben seinen Freunden und der Familie auch „den guten Kärntner Reindling“, fügt er lachend hinzu.

Simon Schnabl Duino

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Simon Schnabl ist es gewohnt, mit dem Handy Kontakt zu Familie und Freunden zu halten

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