Niedrigere Tagsätze für Flüchtlingskinder

Die Tagsätze für die Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge sind niedriger, als jene für österreichische Kinder in Betreuung. Nichtregierungsorganisationen kritisieren das als Verstoß gegen die UN-Kinderrechtscharta.

Vertreter von 30 verschiedenen Einrichtungen sind am Freitag an der Universität Klagenfurt gemeinsam der Frage nachgegangen, wie unbegleitete minderjährige Flüchtlinge besser in die Gesellschaft integriert werden können. Wissenschaftler und Flüchtlingsbetreuer orten Aufholbedarf bei Betreuung und den Ausbildungsmöglichkeiten.

Schule nicht von Asylstatus abhängig machen

Es gibt sechs Heime in Kärnten, in denen 160 Flüchtlingskinder untergebracht sind. Um ihnen eine echte Chance zur Integration zu geben, gelte es, deren Lebensbedingungen zu verbessern, so Universitätsprofessor Georg Gombos. Betreuung und schulische Förderung dürfe nicht vom Asylstatus abhängen. Alle Kinder hätten ein Recht auf Bildung. „Die müsste ich auch für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge einfordern. Da sind wir aber eigentlich ganz weit weg“, so Gombos.

Ziel: Schulbesuch auch mit über 15 ermöglichen

Flüchtlingskinder dürfen zwar bis zu einem Alter von 15 Jahren die Schule besuchen, haben aber - aufgrund der Sprachbarriere - oft Schwierigkeiten, dem Unterricht zu folgen. Wenn sie Deutsch dann erlernt haben, sind sie oft schon ausgeschult. Eva Maria Diemling, Betreuerin im Jugendheim Görtschach, regt, an, dass es für diese Jugendlichen dann sinnvoll wäre, dennoch regelmäßig eine Art Schule zu besuchen, um Englisch, Mathematik und Deutsch zu lernen.

Laut Jugendanwältin Astrid Liebhauser nähere man sich Mindeststandards nur ganz langsam an. Es sei wichtig, dass die Forderungen von der Politik ernst genommen würden. Sobald sie 18 Jahre alt sind, fallen unbegleitete minderjährige Flüchtinge aus der Betreuung durch die Kinder- und Jugendhilfe hinaus, viele seien aber darauf nicht vorbereitet, auf sich alleine gestellt zu ssein. Für die Übergangszeit sei es sinnvoll, für die betreuten Jugendlichen nach Lösungen zu suchen. Denn in der Erwachsenenbetreuung tickten die Uhren anders.

Der Ankunft im Heim folgt Kulturschock

Bis traumatisierte Flüchtlingskinder eine Psychotherapie bewilligt bekämen, dauere es oft ein Jahr, so Eva Maria Diemling. Sie kümmert sich im Asylwerberheim in Görtschach um die Kleinsten. Erst am Freitag sind dort wieder sechs neue Kinder angekommen. Für alle sei die Ankunft im Heim einem Kulturschock. Die meisten wüssten am Anfang nichts mit alltäglichen Dingen wie einem Handtuch anzufangen und würden verängstigt im Zimmer sitzen. Diemling: „Sie kommen in ein anderes Land, wo es auch landschaftlich anders aussieht, wo eine andere Sprache gesprochen wird, wo es anderes Essen gibt. Dann müssen sie oft schon am zweiten Tag in die Schule gehen - mit einer Schultasche, einem Heft - und verstehen im Unterricht kein Wort. Dann gehen sie völlig überfordert und frustriert nach Hause.“

Mehr Betreuer gefordert

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Gruppen-Größen. Zuviele Kinder - bis zu 60 Kinder im Alter zwischen 9 und 18 Jahren - lebten auf zu engem Raum, das schaffe Konfliktpotenzial. Derzeit seien in den Heimen zwei Betreuer für bis zu 20 Kinder zuständig, der tatsächliche Betreuungsbedarf sei aber weit höher. Dieser Forderung pflichtete auch Ulrike Loch von der Universität Klagenfurt bei: „Wenn ein Betreuer mit einem Kind zum Arzt fährt, ist der andere Betreuer mit den anderen 19 Kindern alleine. Die Standards, die von der AG Traumapädagogik entwickelt wurden, besagen: zwei Betreuer für maximal acht Kinder und Jugendliche, die traumatisiert sind. Die Zahlen gehen weit auseinander.“

Tagsätze für alle Kinder angleichen

Ein weiterer bei der Flüchtlingstagung erhobener Kritikpunkt betrifft die Tagsätze: jener für Flüchtlingskinder in Betreuung sei mit 95 Euro niedriger als der für einheimnische Kinder, der rund 150 Euro betrage, so Katharina Glawischnig von der Asylkoordination Wien. Die UN-Kinderrrechtscharta sichere jedoch allen Kindern dieselben Rechte zu.

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