Verfassung: Kaiser besteht auf „slowenisch“

Das Tauziehen um die Erwähnung der slowenischen Volksgruppe in der neuen Landesverfassung geht weiter. Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) verlangt von der ÖVP, ihren eigenen Vorschlag zu akzeptieren, das Wort „slowenisch“ müsse vorkommen.

Die neue Kärntner Landesverfassung sollte die Proporzregierung abschaffen und auch die slowenische Volksgruppe erwähnen. „Die Fürsorge des Landes und der Gemeinden gilt den deutsch- und slowenischsprachigen Landsleuten gleichermaßen“, lautete der von ÖVP-Chef Benger vorgeschlagene Kompromiss vor eineinhalb Jahren, auf den sich die Koalition dann einigte.

Vergangene Woche sagte Benger dann plötzlich, die Passage müsse ersatzlos gestrichen werden, weil es zu viele negative Rückmeldungen aus der Bevölkerung gebe - mehr dazu in Verfassung: ÖVP gegen Slowenenpassus. Der Schwenk der ÖVP in Sachen Verfassungsreform stellte auch die Koalition mit der SPÖ und den Grünen vor eine Zerreißprobe.

ÖVP-Bundesparteiobmann für „slowenisch“

ÖVP-Bundesparteiobmann Reinhold Mitterlehner sagte am Dienstag, er sehe „in der Grundausrichtung“ kein Problem darin, die slowenische Volksgruppe in die neue Kärntner Verfassung zu schreiben. Denn diese stehe auch in der Bundesverfassung. Aber er sei nicht zuständig, „das ist ein Kärntner Problem, das man lösen muss“, sagte er in einer Pressekonferenz.

„Kärntner Problem“

Er sehe das Problem nicht, sagte Mitterlehner - angesprochen darauf, dass die Kärntner ÖVP die schon vereinbarte Formulierung über die „slowenischen Landsleute“ jetzt wieder infrage stellt. Aber der Bundes-ÖVP-Chef machte am Dienstag klar, dass er keine Lust hat, sich in dieses „Kärntner Problem“ einzumischen. Er habe sich mit der Sache nicht auseinandergesetzt und könne sie deshalb nicht endgültig beurteilen. „Das muss die Kärntner Partei entscheiden“, merkte er an.

„Autochthon passt in Kärnten nicht“

Landeshauptmann Kaiser sagte am Dienstag im Ö1-Journal, die Slowenen seien Teil Kärntens, seiner Geschichte und seiner Zukunft. Genau deswegen müsse „slowenisch“ in der Verfassung stehen. Man werde sich weiter bemühen, den Passus durchzusetzen. In der Bundesverfassung stehe im Artikel 8 das Wort „autochthon“, doch das betreffe mehrere Volksgruppen. In Kärnten gebe es nur eine, daher sei „slowenisch“ zu verwenden.

„Keine faulen Kompromisse“

Auf die Frage, ob die Koalition scheitern könnte, sagte Kaiser: „Ich werde alles tun, dass wir diese Koalition bis zur nächsten Wahl führen werden. Ich werde aber nicht bereit sein, in irgendeiner Form faule Kompromisse einzugehen. Kompromisse dann, wenn es eine Ergänzung zum vorliegenden Text gibt, und ansonsten werden wir uns auch weiterhin bemühen, eine möglichst breite Zustimmung zu dieser Verfassungsreform als Gesamtes zu bekommen."

Ob es zu Neuwahlen komme, müsse man die ÖVP fragen. Es sei eine einmalige Art und Weise, dass sie alles, was sie mit Handschlag, Pressekonferenzen und Erklärungen dokumentiert habe, mit einem einzigen Interview widerrufen, so Kaiser. Es brauche nun einige vertrauensbildende Maßnahmen, bis die ÖVP wieder ein verlässlicher Partner sein könne. Angefangen mit der Akzeptanz dieses einen Satzes, den die ÖVP selbst vorgeschlagen habe, sagte Kaiser.

Das Interview führte Cornelia Vospernik

ÖVP bleibt bei ihrer Linie

Nach einer Sitzung des ÖVP-Vorstands am Sonntagabend war für Montag ein Kompromissvorschlag der ÖVP erwartet worden. Doch die Parteispitze verteidigte am Montag in einer Pressekonferenz ihr Vorgehen. Die ÖVP fordert eine neue Formulierung jenes Satzes, in dem die slowenische Volksgruppe in der Landesverfassung erwähnt werden soll. „Die Formulierung muss überarbeitet werden. Jede Formulierung, die deutsch- und slowenischsprachige Bevölkerung trennt, ist abzulehnen“, so Benger.

Wie ein neuer Kompromiss ausschauen könnte, wollte Benger am Montag nicht konkret sagen, er verweist auf die Gespräche mit seinen Koalitionspartnern. In der Stellungnahme der ÖVP im Begutachtungsverfahren heißt es dazu: „Für die Kärntner Volkspartei sind in der Landesverfassung alle Kärntner Landsleute gleich zu behandeln.“ Dieser Satz soll Teil des Kompromissangebotes der ÖVP sein.

Nun soll es Verhandlungen über eine Neuformulierung mit SPÖ-Parteivorsitzendem Peter Kaiser und Grünen-Sprecherin Marion Mitsche geben. Die ÖVP wolle verhandeln, bis weißer Rauch aufsteige, sagte Klubobmann Ferdinand Hueter: „Ich bin überzeugt, dass wir eine gute Lösung finden. Am Ende des Tages wird es vielleicht eine noch besser Formulierung geben.“ Zur Proporzabschaffung bekenne sich die ÖVP jedenfalls weiter, hieß es.

Benger: Was bringt Unruhe?

Benger sagte am Montag in Ö1, das Land habe sich um alle Menschen zu kümmern. Es gebe die Bundesverfassung, die über allem stehe, und die Landesverfassung, hier seien klar alle Rechte und Pflichten geregelt. Er wisse, dass man das in anderen Regionen nicht verstehe, aber in Kärnten sei das ein hochsensibles Thema, mit dem man sensibel umgehen müsse. Eine neue Verfassung müsse bindend und nicht trennend sein, so Benger weiter. Man habe mit dem einen Satz einen Versuch unternommen, einen Konsens nach einer langen Diskussion zu finden: „Aber bei den Menschen kommt das andere an. Was bringt es, wenn wir hier Unruhe haben? Wir brauchen ein Kärnten, das geeint ist.“

ÖVP ortet „Misstrauen in der Bevölkerung“

In der Begutachtung der neuen Verfassung würden Bürgermeister und viele Menschen Sorgen äußern, blieb Benger bei seiner Argumentation. Er, Klubobmann Hueter und Parteigeschäftsführer Josef Anichhofer erklärten, dass das „Misstrauen“ in der Bevölkerung durch „eine Vielzahl an Bevorzugungen“ von slowenischsprachigen Kärntnern befeuert werde. Als Beispiel nannten sie die Bestellung von Direktoren zweisprachiger Schulen, die Grundkenntnisse in Slowenisch haben müssten.

„Es kann nicht sein, dass ein einsprachiger Kärntner nun keinen Job mehr bekommt“, meinte Benger. Dass Jobprofile juristisch mit der Passage in der Landesverfassung nichts zu tun hätten, stimme zwar, werde „in der Bevölkerung“ aber emotional vermischt. Das Ganze sei ein „psychologisches Thema, kein Kopfthema“. „Schaden wir der Volksgruppe doch nicht so“, sagte Benger. Und: „Ich bin kein rechter Hetzer, ich will verbinden.“

Begutachtungsfrist endet am 14. Februar

Die Begutachtungsfrist endet am 14. Februar, danach könne im Verfassungsausschuss des Landtages weiterverhandelt werden. SPÖ und Grüne signalisierten bisher kategorisch ihre Ablehnung bezüglich einer Streichung oder Änderung der Passage zu den Volksgruppen. Bei den noch offenen Beschlüssen in der Causa Heta - etwa die Auflösung des Zukunftsfonds zur Schuldentilgung beim Bund - werden die ÖVP-Mandatare demnach nicht ausscheren, meinte Benger.

Als Krisensitzung wollten Benger und Klubobmann Hueter den nächtlichen Landesparteivorstand am Sonntagabend nicht bezeichnen. Auch Spekulationen, die ÖVP habe Angst, aus der Regierung zu fallen, weist die Parteispitze zurück. Hinter vorgehaltener Hand war am Montag in der ÖVP-Zentrale zu hören, die Partei wolle das Thema nicht den Freiheitlichen für den herannahenden Wahlkampf überlassen.

FPÖ will Volksabstimmung

Die FPÖ erneuerte am Montag ihre Forderung nach einer Volksabstimmung über die Verfassungsänderungen. FPÖ-Obmann Gernot Darmann sagte, die Verankerung der slowenischen Volksgruppe würde eine massive Abänderung der bisherigen Linie bedeuten und müsse der Bevölkerung zur Abstimmung vorgelegt werden. Die FPÖ habe diese Verankerung von Anfang an abgelehnt. Daraus könnten weitere rechtlichen Ansprüche abgeleitet werden, so Darmann.

Team Kärnten will „Sachlichkeit“

Team-Kärnten-Landesrat Gerhard Köfer rief am Montag zur Sachlichkeit auf. „Die ÖVP mit LR Benger wäre gut beraten, den Sturm im Wasserglas und ihre ‚Viel Lärm um nichts‘-Komödie endlich zu beenden.“ Das Projekt Verfassungsreform sei für Kärnten von zu großer Bedeutung, es eigne sich nicht für „kleinkarierte parteipolitische Spielchen“, so Köfer. Er wolle Stärkung der Kontroll- und Oppositionsrechte und Ausbau der Transparenz in Landtag und Regierung. Die Zustimmung zur Reform werde davon abhängig sein, inwiefern man sich vonseiten der Koalition auch hier verhandlungsbereit zeige, sagte Köfer.

Grüne: Angesprochene Ängste nicht mehr vorhanden

Die grüne Landessprecherin Marion Mitsche sagte, aus Sicht der Grünen sei es unverständlich, weshalb die ÖVP zum wiederholten Mal via Medien ausrichten lasse, was direkt in der Koalition besprochen gehöre. Benger gebe vor, Ängste ernst zu nehmen, die in der breiten Bevölkerung längst nicht mehr vorhanden seien. Die Kärntner hätten Angst vor Jobverlust, steigenden Mieten, Altersarmut etc. und nicht vor einem Satz, der die Gleichstellung von deutsch- und slowenischsprachigen Kärntnern ausdrücke, so Mitsche.

NEOS will enttäuschten ÖVP-Mitgliedern politisches Asyl anbieten. In einer Aussendung sagte Landessprecher Christoph Haselmayer, es dürfte nicht passieren, dass ein Bürgermeister eine Landesregierung in die Krise stürze.

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