Vertagung bei erstem HCB-Zivilprozess

Am Dienstag startet am Landesgericht Klagenfurt der erste Zivilprozess nach dem HCB-Skandal im Görtschitztal. Zwei Waldbesitzer fordern Schadenersatz, sie sehen ihren Wald durch das Gift geschädigt. Der Streitwert beträgt 2,7 Mio. Euro. Der Prozess wurde vertagt.

Konkret geht es in dem Prozess um 827.000 Euro Schadenersatz für Wachstumsschäden im Wald und Verkehrswertminderung der Fläche. Zusätzlich will Anwalt Wolfgang List 100.000 Euro für zukünftige Schäden im Wald seines Mandanten erstreiten. Grund für den angenommenen Schaden: Da Hexachlorbenzol als Fungizid wirke, sei das Pilzgeflecht im Boden geschädigt worden. Dadurch, dass die Baumwurzeln eine Symbiose mit dem Pilzgeflecht haben, seien die Bäume mitgeschädigt worden, so List, der diese Behauptung auch mit Gutachten bestätigt sieht.

Emotionale Diskussion

Die drei beklagten Parteien, die Republik Österreich, die Wietersdorfer Zementwerke und die Donau Chemie AG bestreiten, dass es durch den HCB-Ausstoß des Werks zu Schäden im Wald gekommen ist. Auch sie haben Gutachten eingeholt. Die Diskussionen zwischen den beiden Seiten verliefen emotional, es ging sowohl um technische Fehler, die zum Skandal geführt haben, als auch um die behaupteten Schäden.

Gegensätzliche Ansichten

„Es wird ständig behauptet, dass der HCB-Eintrag signifikante Auswirkungen verursacht hätte. Das wäre messtechnisch nachweisbar, indem man Wälder vergleicht. Wir haben bereits nachgewiesen, dass sie im Görtschitztal nicht langsamer gewachsen sind als anderswo“, sagte Wilhelm Bergthaler, der für Wietersdorfer bei der Verhandlung war. „Wir haben Stichproben gezogen, wir wollten selber wissen, wie es mit der HCB-Belastung aussieht. Wären wir zu solchen Annahmen gekommen, dann hätten wir keine Klage eingebracht“, konterte List.

Verhandlung vertagt

Richter Johann Baumgartner vertagte die Verhandlung. Demnächst sollen Sachverständige bestellt werden, die sowohl über die technischen Vorgänge bei der Verarbeitung von HCB-belastetem Blaukalk im Wietersdorfer-Werk als auch über den entstandenen und möglichen zukünftigen Schaden im Wald Gutachten erstellen sollen. Außerdem ist angedacht, Proben im Waldboden zu ziehen.

HCB stört Symbiose

Hexachlorbenzol ist giftig für Waldpilze und stört die Symbiose zwischen Pilzen und Bäumen, so die Kläger. Das Gegengutachten der Wietersdorfer sagt, dass natürliche Ursachen wie die Trockenheit für geringeres Waldwachstum ausschlaggebend gewesen seien - mehr dazu in Wietersdorfer: Termin für Zivilprozess fix. Beim ersten Zusammentreffen am Zivilgericht wird nun der Prozessfahrplan festgelegt, Sachverständige müssen bestellt werden.

Mit zu geringer Temperatur gebrannt

Im November 2014 wurde die Umweltbelastung durch HCB bekannt. Rasch zog der Skandal größere Kreise, eine Prozessflut war absehbar. Ihren Ausgang nahm die HCB-Belastung durch die Donau Chemie in Brückl. Bis Anfang der 90er-Jahre fiel der mittlerweile verbotene krebserregende Stoff als Nebenprodukt der Chlorherstellung an. Mit HCB belasteter Blaukalk lagerte jahrzehntelang auf der Deponie K20 neben dem Werk in Brückl, dann wurde er im nahen Zementwerk Wietersdorf gebrannt.

Bei 800 bis 1.100 Grad wäre laut Ansicht der Fachleute eine rückstandsfreie Verbrennung möglich gewesen. Verbrannt wurde aber bei niedrigerer Temperatur mit fatalen Folgen: HCB gelangte über die Abluft in die Umwelt, in die Böden, die Pflanzen, über die Futtermittel in die Milch, die Görtschitztaler Bevölkerung hat erhöhte Werte im Blut.

Umstellung der Ernährung

Diese Werte können nur reduziert werden, wenn man seine Ernährung umstellt, also wurde der Bevölkerung nahegelegt, die selbst erzeugten Produkte nicht zu essen. Monatelang musste die in der Region hergestellte Milch entsorgt werden. Die Frage, wer für all das verantwortlich ist, wird die Gerichte noch länger beschäftigen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Wietersdorfer Zementwerke und 13 ihrer Mitarbeiter.

Link: