BP-Wahl: Albel für neues Wahlgesetz

Bei seiner Anhörung vor dem Verfassungsgerichtshof hat der Villacher Bürgermeister Günther Albel (SPÖ) am Donnerstag bei der Hofburg-Stichwahl „Fehler“ eingestanden. Er fordert ein neues Wahlgesetz und eine Auszählung der Wahlkarten schon am Sonntag.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) begann am Donnerstag seinen voraussichtlich letzten Befragungstag rund um die FPÖ-Anfechtung der Bundespräsidenten-Wahl. Ursprünglich sollte Albel am Montag aussagen und wurde wegen eines Auslandsaufenthaltes entschuldigt. Am Donnerstag räumte Albel dann „Fehler“ bei der Auszählung der Briefwahlstimmen ein, für die er als Bürgermeister Verantwortung trage. Albel bestätigte die Aussagen einer FPÖ-Vertreterin, wonach die Briefwahlstimmen bereits am Montag vor 9.00 Uhr gezählt wurden. „Es sind Fehler, offensichtliche, begangen worden“, erklärte Albel eingangs. Der Wahlamtsleiter dürfte am Montag bereits um 7.00 Uhr mit Mitarbeitern ausgezählt haben, um etwa 11.00 Uhr soll der Vorgang abgeschlossen gewesen sein.

Beschluss aus dem Jahr 2013

Albel verwies auf einen Beschluss aus dem Jahr 2013, er selbst war damals übrigens noch nicht Stadtchef. Damals sei beschlossen worden, dass bereits Vorarbeiten geleistet werden können. Wie diese jedoch aussehen, das sei offen, so der Bürgermeister. Dass dann gesagt wurde, die Auszählung habe erst um 9.00 Uhr begonnen, halte er auch für „nicht korrekt“. Beim Verfassen des Protokolls seien Fehler passiert, räumte der Bürgermeister ein. In der Sitzung am Montagnachmittag habe die FPÖ-Vertreterin dann erklärt, dass festgehalten werden soll, dass künftig eine Einladung zur Auszählung am Montag um 9.00 Uhr erfolgt.

Albel geht davon aus, dass die Rechtsauffassung auch vom Land Kärnten geteilt wird, zumal diese Vorgangsweise auch in anderen Kärntner Bezirken gewählt worden sei. Die Frage, ob er den Eindruck habe, diese Vorgangsweise gelte auch für eine Nationalratswahl, bejahte der Bürgermeister. Er begründete dies mit der großen Zahl an Wahlkarten und dem öffentlichen Druck.

Albel fordert Gesetzesänderung

Kritik äußerte Albel nach seiner Befragung am Wahlgesetz: „Wie kann man ein Gesetz machen, das für Gemeinden, Städte und Wahlbehörden nicht durchführbar ist?“, meinte er im ORF-Interview. Zwar habe man dem Bürger das Wählen via Wahlkarte ermöglicht, der Gesetzgeber habe dabei aber zu wenig an die Praxis gedacht, der Zeitdruck bei der Auszählung sei zu hoch. In allen betroffenen Bezirken sei mit der zu frühen Auszählung der gleiche Fehler gemacht worden. Der Druck von Wahlbehörden und Medien sei groß, „man wollte so früh wie möglich fertig sein.“

Deswegen brauche es ein neues Gesetz mit klaren, durchführbaren Richtlinien. Dieses neue Gesetz werde sicher künftig nach „Punkt und Beistrich“ erfüllt, was die Auszählung „wesentlich“ in die Länge ziehen werde: „Dann wird es aber zu Mittag noch keine Ergebnisse geben“, so Albel. Dass Wahlkarten erst am Montag ausgezählt werden, sei ohnehin nicht nachvollziehbar. Eine Auszählung bereits am Sonntag "wäre fair und durchführbar.“ Auf die Frage, ob er nun Ermittlungen der Staatsanwaltschaft befürchte, meinte der Villacher Bürgermeister: „Ich fürchte überhaupt nichts, nur das kein neues Gesetz kommt.“

Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) forderte Konsequenzen: „Ich bin erschüttert über die Art und Weise, wie viele Behördenvertreter, auch auf Bezirksebene, mit gesetzlichen Bestimmungen umgehen. Ich habe geglaubt, dass derartige Vorkommnisse, wenn es sie überhaupt gegeben hat, Jahrzehnte zurückliegen. Wir werden wahrscheinlich eine Überarbeitung brauchen, wie man in Zukunft Spielregeln einhält und Sanktionen und Schulungsmaßnahmen tätigt, damit es nicht mehr zu einer solchen Vorgangsweise kommt.“ Mitterlehner war am Donnerstag auf Kärntenbesuch. Er stellte für ein Impulspaket 3,5 Millionen Euro für Investitionen in heimischen Betrieben bereit - mehr dazu in „Kärnten-Paket“: 3,5 Millionen für Firmen.

Auszählung begann um 6.45 Uhr

Geladen war am Donnerstagvormittag auch ein Beamter der Wahlbehörde in Villach. Er gab in seiner Aussage an, dass bereits um 6.45 Uhr, noch vor dem Parteienverkehr im Amt, zu fünft ausgezählt wurde. Um 9.00 Uhr, als der erste der FPÖ-Beisitzer eintraf, sei die erste Runde der Auszählung bereits fertig gewesen. Aufgrund der „Sensibilität“ habe er später noch einmal alles überprüft. Gegen 9.30 Uhr kam auch die zweite FPÖ-Beisitzerin, so der Beamte. Man habe den beiden angeboten, dass „wir das noch einmal durchgehen“, diese hätten aber „dankend abgelehnt“ und der Wahlabteilung vertraut. Dies stimme mit den Aussagen der bereits befragten FPÖ-Vertreter überein, meinte ein Richter.

Der Zeuge gestand ein, dass die Angaben im Protokoll, wonach die FPÖ-Vertreter dabei waren, „missinterpretiert“ werden können. Auch jene, dass die Auszählung erst kurz vor 9.00 Uhr begonnen habe. Tatsächlich sei es vor 7.00 Uhr gewesen. Sein Fokus sei auf der Richtigkeit des Ergebnisses, nicht auf die Formalvorschriften gelegen, gab der Beamte an. Seine eigene Unterschrift findet sich nicht auf den Protokollen, da der Bürgermeister Wahlleiter sei.

Weitere Zeugen werden gehört

Geladen wurden auch noch Mitarbeiter der Bezirke Leibnitz, Gänserndorf, Völkermarkt, Reutte und ein Mitarbeiter der BH Südoststeiermark. Vertreter von Villach-Land, Hermagor und Wolfsberg sagten bereits vor den Verfassungsrichtern aus. In Villach-Land gab es laut Protokoll eine Vorbesprechung, in der Mitarbeiter ermächtigt wurden, bei der Ermittlung des Wahlergebnisses zu helfen. Auf die Frage, ob klar sei, damit gegen den Leitfaden des Innnenministeriums verstoßen zu haben, nickte der Zeuge. Ein Beisitzer aus Villach-Land soll gleich für zwei Tage seine Anwesenheit unterschrieben haben, obwohl er nur an einem Tag anwesend war.

Probleme mit Beisitzern in Hermagor

Die Zeugen aus Hermagor wurden dazu befragt, warum Vorarbeiten überhaupt nötig waren, obwohl lediglich 1.700 Briefwahlstimmen vorlagen, deren Auszählung auch nur drei Stunden dauerte. Es habe immer wieder Schwiereigkeiten gegeben, überhaupt Beisitzer zu finden, lautete die Antwort.

Wolfsberg: Wahlkarten-Öffnung ohne Beisitzer

In Wolfsberg wurde eine Dreiviertelstunde zu früh und ohne Beisitzer mit der Öffnung der Wahlkarten begonnen. Dies sei „im Sinne der Wahlbeisitzer“ erwünscht gewesen, lautete die Begründung.

Weitere Befragungen ab Mittwoch

Bisher ergab die Verhandlung vor den Verfassungsrichtern eine Vielzahl von Schlampereien und Unkorrektheiten, aber keine Manipulationen des Wahlergebnisses. Nächste Woche, frühestens am Mittwoch, wird der Verfassungsgerichtshof die Vertreter der Präsidentschaftskandidaten öffentlich befragen. Frühestens am 6. Juli ist mit der Entscheidung zu rechnen, ob der Anfechtung der Wahl stattgegeben wird. Der Zeitplan ist eng: am 8. Juli ist die Angelobung von Alexander van der Bellen geplant.

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