HCB-Verseuchung: Streit um Verantwortung

Im HCB-Skandal gibt es nun Streit um die Haftungsfrage, der auch vor Gericht ausgetragen werden soll. Die Wietersdorfer Zementwerke weisen nun jede Schuld von sich und belasten die Donau Chemie als Abfallübergeber. Diese wiederum weist alle Vorwürfe zurück.

In einem Schreiben der Anwaltskanzlei Haslinger/Nagele weist Wietersdorfer, wo bei der Verbrennung von Blaukalk HCB freigesetzt wurde, jede Verantwortung für den Umweltskandal von sich. Die Donau Chemie AG als Abfallübergeber habe CKW-belastete Chargen (CKW-Belastung gilt als Indikator für HCB in einer Charge; Anm.) ohne Gefahrenhinweis angeliefert.

Anwalt sieht Schuldeingeständnis

Laut österreichischem Recht dürfen verbotene Stoffe wie eben HCB-haltiger Blaukalk nur verbrannt werden, also thermisch verwertet. Im Zementwerk, so Wietersdorfer, sei das wegen der falschen Beschriftung durch die Donauchemie nicht passiert.

Der Anwalt dutzender HCB-Betroffener im Görtschitztal, Wolfgang List, verlangt mehr als eine Million Euro Schadenersatz. Er spricht von einem Schuldeingeständnis: Das Zementwerk gebe in dem Schreiben nämlich zu, gefährliche Stoffe der falschen Verwertung zugeführt zu haben: „Das gefährliche Zeug darf stofflich nicht verwertet werden.“ Es dürfe nur thermisch oder chemisch verwertet werden, nicht stofflich.

Es stellt sich die Frage, wusste Wietersdorfer nicht, dass die Altlast Blaukalk HCB-haltig war? Vom Zementwerk heißt es dazu in einer Stellungnahme gegenüber dem ORF: „Wir haben eine stoffliche Verwertung genehmigt bekommen und diese auch so umgesetzt.“

Wietersdorfer: Alle Kontrollen durchgeführt

Als „gefährlich“ deklarierte Stoffe wären laut Vorschrift in der heißen Zone eingebracht worden, so Wietersdorfer. Rechtsanwalt Wolfgang List wendet ein, dass dem Zementwerk spätestens bei der vorgeschriebenen Eingangskontrolle hätte auffallen hätte müssen, dass man es mit kontaminiertem Material zu tun hatte. Das lasse nur zwei Schlüsse zu, sagte der Anwalt. Entweder, man habe keine Analyse gemacht, was grob fahrlässig sei oder man habe die Analyse gemacht, HCB gefunden und es trotzdem verwendet.

Von Wietersdorfer heißt es: „Wir haben alle Eingangskontrollen durchgeführt, zu denen wir nach den erteilten Bescheiden und der geltenden Rechtslage verpflichtet waren... Zu einer zusätzlichen besonderen Eingangskontrolle hinsichtlich des HCB-Gehaltes waren wir nicht verpflichtet.“

Donau Chemie: Entbehrt jeder Grundlage

Die Donau Chemie wiederum wies am Mittwoch alle Vorwürfe zurück. Die Behauptung, man habe den Blaukalk nicht richtig beschrieben, entbehre „jeder Grundlage.“ Es stehe fest, dass Wietersdorfer von Beginn an die Material-Belastung kannte und wusste, wie der Blaukalk korrekt zu verarbeiten sei.

Als die HCB-Emissionen im Herbst 2014 bekannt wurden, habe Wietersdorfer selbst in einer Presseaussendung zugegeben, Schuld zu sein. Der Blaukalk sei „an einer für HCB-Emissionen hinsichtlich Temperatur nicht optimalen Stelle eingebracht worden", zitiert die Donau Chemie aus der damaligen Presseaussendung. Außerdem habe Wietersdorfer mehrfach versichert, den umweltgerechten Verarbeitungsprozess technisch und fachlich uneingeschränkt zu beherrschen und emissionsfreie Verwertung des Materials gewährleisten zu können.

Sammelklage im dreistelligen Millionenbereich

Rechtsanwalt List sieht auch Schuld bei der Behörde. Eine Sammelklage im dreistelligen Millionenbereich - gegen Wietersdorfer, die Donauchemie, die Republik Österreich und andere - solle spätestens Anfang März erfolgen.

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