Hypo-Prozess: Schuld- und Freispruch

Im Untreueprozess gegen die Ex-Hypo-Vorstände Wolfgang Kulterer und Josef Kircher sind die Urteile gefallen: Freispruch für Kulterer im Zweifel und Schuldspruch für Kircher, der sich überraschend schuldig bekannt hatte.

Das Landesgericht Klagenfurt erkannte Josef Kircher wegen einer umstrittenen Auszahlung von 240.000 Euro im Jahr 2006, in seiner Zeit als Vorstand der Hypo-Alpe-Adria Bank, der Untreue schuldig. Eine Zusatzstrafe zu einer früheren Verurteilung wurde nicht verhängt, allerdings muss Kircher 240.000 Euro Schadenersatz zahlen. Der mitangeklagte Wolfgang Kulterer wurde im Zweifel freigesprochen.

Nicht rechtskräftig

Staatsanwalt Norbert Ladinig gab keine Erklärung zu dem Urteil ab. Richard Soyer, Verteidiger von Josef Kircher, erklärte Rechtsmittelverzicht zum Schuldspruch, zum Zuspruch des Teilschadenersatzes erbat er sich drei Tage Bedenkzeit. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Kulterer fasste in den bisherigen Hypo-Prozessen Haftstrafen im Gesamtausmaß von sechseinhalb Jahren aus, Kircher war in der Causa Vorzugsaktien II zu drei Jahren teilbedingt verurteilt worden.

Richterin: „Befugnismissbrauch liegt vor“

„Ein wissentlicher Befugnismissbrauch liegt zweifellos vor“, sagte Richterin Akiko Kropfisch in ihrer Urteilsbegründung. Es seien Scheinrechnungen erstellt und bezahlt worden. „Es wurde in unvertretbarer Weise gegen Regeln verstoßen.“ Der Zahlung sei keine wie auch immer geartete Gegenleistung gegenüber gestanden. Kircher entging einer Zusatzstrafe, weil der neue Strafrahmen bei dem vorliegenden Schaden drei Jahre beträgt. Dieses Maß war bei der früheren Verurteilung, zu der es eine Zusatzstrafe hätte geben können, bereits ausgeschöpft. Wenn der jetzige Schaden bei dem damaligen - es ging um rund acht Millionen Euro - dabei gewesen wäre, hätte es nach Ansicht des Schöffensenats keine höhere Strafe gegeben.

Kulterer wurde im Zweifel freigesprochen. Dass er die Scheinrechnungen als Vorstand abgezeichnet hatte, beweise nicht, dass er auch über die Hintergründe informiert gewesen war.

Anklage: „Wolf wusste zu viel“

In seinem Plädoyer sah Staatsanwalt Norbert Ladinig die 240.000 Euro als Schweigegeld für den „unangenehmen“ Hypo-Kunden Walter Wolf, die Verteidiger hingegen eine Anzahlung für Werbegeschenke oder eine Immobilienvorfinanzierung. Laut Ankläger war Ausgangspunkt der Zahlung ein Zerwürfnis mit Wolf, das zwar mit einem zwei Millionen Euro schweren Generalvergleich bereinigt wurde - was Wolf jedoch nicht zufriedenstellte. Der Geschäftspartner habe gedroht, unangenehme Dinge über die Hypo zu verbreiten. Ladinig: „Kulterer hatte zu dieser Zeit Schwierigkeiten.“ Der Ankläger nennt etwa die Swap-Verluste und die Causa Puris - eine Firma, die Wolf gehörte -, bei der herauskam, dass Kulterer über eine Firma beteiligt gewesen sein könnte.

„Das hat Wolf genau gewusst.“ Deshalb habe man sich zu der Zahlung entschlossen, und deshalb habe man den Umweg über den Uhrenproduzenten Alfred Riedl genommen: „Man wollte das verschleiern.“ Die Hypo zahlte das Geld an Riedl, dieser gab das Geld an Wolf weiter.

Kircher: Keine Grundlage für Zahlung

Kircher versuche nun darzustellen, dass es sich um eine Zwischenfinanzierung für Wolf beim Kauf einer Liegenschaft gehandelt habe. Von diesem Deal habe man aber zum Zeitpunkt der Auszahlung noch viel zu wenig gewusst. „Diese Zahlung hatte mit dem Liegenschaftskauf überhaupt nichts zu tun. Mit dieser Zahlung wollte man Wolf ruhigstellen.“ Kircher habe zugestanden, dass es damals keine Grundlage für die Zahlung gegeben habe, „Kulterer sagte von Anfang an: Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts.“ Dagegen gebe es „massive Indizien“. Ladinig forderte Schuldspruch und Zusatzstrafe zu früheren Verurteilungen in der Causa Hypo.

Hypo-Anwalt Leo Grötschnig schloss sich Ladinig an und forderte den Zuspruch von 240.000 Euro als Teilschadenersatz. Es gebe keine Beweise für Gegenleistungen oder bereits erfolgte Rückzahlungen.

Der Prozess

In dem Prozess unter dem Vorsitz von Richterin Akiko Kropfitsch geht es um eine unberechtigte Zahlung von 240.000 Euro im Juli 2006 an Walter Wolf, die Zahlung wurde mit Scheinabrechnungen über den Uhrenhersteller Alfred Riedl (Jacques Lemans) abgewickelt.

Überraschendes Geständnis

„Ich habe meine Befugnis missbraucht", sagte Kircher am Donnerstagvormittag überraschend aus. Er habe von Anfang an vorgehabt, seine Fehler einzugestehen, wenn sich im Zuge des Verfahrens herausstellen sollte, dass er unrechtmäßig gehandelt habe. Er habe sich nicht an alle Details erinnern können und nun nach neuerlicher Analyse mit seinem Anwalt erkennen müssen, dass die genannte Auszahlung nicht rechtens gewesen sei. Er habe zum Zeitpunkt der Auszahlung des Geldes einen „vorläufigen oder zwischenzeitlichen Schaden“ in Höhe der 240.000 Euro in Kauf genommen, sagte Kircher. Die Gegenleistung sei durch die Übernahme einer Liegenschaft in Kroatien erst später erfolgt. Die Hypo Leasing habe damals schon die Absicht gehabt, das Grundstück von Wolf zu kaufen, meinte er.

Kircher belastet Kulterer

Kircher belastete wie schon in seiner ersten Einvernahme seinen Mitangeklagten Kulterer, der sich nicht schuldig bekannt hatte. „Kulterer hat alles gewusst und diese Handlungsweise auch mitgetragen. Wir haben die Zahlungen gemeinsam freigegeben und haben gewusst, wofür“, erklärte Kircher.

Kulterer blieb bei seiner Verantwortung: Es habe keine Absprache zwischen ihm und Kircher gegeben. Er sei davon ausgegangen, dass die Rechnungen von Riedl keine Scheinrechnungen gewesen, sondern dass dafür Uhren bestellt worden seien. Darüber hinaus überrasche ihn die Verantwortung Kirchers nicht, das erlebe er nicht das erste Mal, sagte Kulterer. Er spielte damit auf das zweite Vorzugsaktien-Verfahren an, bei dem sich Kircher ebenfalls erst im Prozessverlauf schuldig erklärt und Mitangeklagte belastet hatte. Außerdem wäre die Liegenschaftstransaktion ausschließlich von der Hypo Leasing, deren Vorstand Kircher war, abzuwickeln gewesen.

Kulteres Anwalt: „Entsetzt“

„Entsetzt“ zeigte sich Kulterers Anwalt Josef Weixelbaum ob der Ausführungen des Anklägers, die voll „schwammiger und pauschaler Verdächtigungen“ gewesen seien. „Es ist nicht überall Kulterer drinnen, wo Hypo Alpe-Adria draufsteht.“ Es habe sich keineswegs um Schweigegeld gehandelt, vielmehr seien die 240.000 Euro eine Anzahlung für Werbegeschenke, Uhren der Marke Jacques Lemans gewesen. „Mit dem Generalvergleich mit Wolf war ein Schlussstrich zu ziehen. Das mit dieser Überweisung in Verbindung zu bringen ist nicht nachvollziehbar.“ Es spreche alles für Kulterers Uhrenvariante der Geschichte, an den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft sei nichts dran.

Kircher-Anwalt: Bitte um Verzicht auf Zusatzstrafe

Soyer, Verteidiger von Kircher, führte aus, dass es ein Liegenschaftsgeschäft mit Wolf gegeben habe, das von der Hypo finanziert werden sollte. Dieses Projekt sei bereits sehr konkret gewesen, was allerdings Kulterer und andere Zeugen nicht zugegeben hätten. Deshalb habe sein Mandant gestanden. „Für die Untreue reicht ein vorläufiger Schaden, das haben wir gestanden.“ Letztlich sei das Geschäft aber zustande gekommen, deshalb gebe es keine Grundlage für eine Schadenersatzzahlung im geforderten Ausmaß. „Billigen Sie uns doch zu, dass es im Zweifel diese Schadensgutmachung gegeben hat“, appellierte Soyer an das Gericht. Er bat darüber hinaus, von der Verhängung einer Zusatzstrafe abzusehen, auch weil sich die Wertgrenze für den Verbrechenstatbestand mit dem Jahreswechsel auf 300.000 Euro erhöht hat.

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