TDDL 2014 feierlich eröffnet

Mit der traditionellen Klagenfurter Rede zur Literatur, heuer gehalten von der Siegerin des Jahres 2011, Maja Haderlap, sind am Mittwochabend im Klagenfurter ORF-Theater die 38. Tage der deutschsprachigen Literatur (TDDL) eröffnet worden.

Bis auf den letzten Platz gefüllt war am Mittwochabend das ORF-Theater in Klagenfurt bei der Eröffnung der 38. Tage der deutschsprachigen Literatur. Für den musikalischen Auftakt sorgten die Unvollendeten. Danach zeigte sich, dass der Ingeborg-Bachmann-Preis nach den Diskussionen über seine Einstellung im Vorjahr im „Jahr 0“ angelangt ist.

Video der Eröffnung on Demand

Das Video des Eröffnungsabends finden Sie unter „Multimedia“ auf bachmannpreis.eu.

In diesem Sinne begrüßte auch Moderator Christian Ankowitsch das Publikum und verlas eine Grußbotschaft von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz. Dieser versicherte auch im Bachmann-Preis-Programmheft, dass der Fortbestand des Literaturwettbewerbs langfristig gesichert werden konnte. Wrabetz wird am Sonntag persönlich bei der Preisverleihung in Klagenfurt anwesend sein.

Die Unvollendeten

ORF/Johannes Puch

Die Unvollendeten

Bernhard: TDDL als „paradiesische Insel“

„Es sind nicht immer die Schiffbrüchigen, die auf Inseln Zuflucht suchen“ - dieses Zitat von Ingeborg Bachmann stellte „Hausherrin“, Landesdirektorin Karin Bernhard, an den Beginn ihrer Eröffnungsrede. „Wir alle befinden uns auf einer Art Insel und sind keineswegs Schiffbrüchige. Im Gegenteil – wir wollen alle auf diese temporäre Insel der Literatur, die Klagenfurt in den Tagen der deutschsprachigen Literatur ist.“ Es sei eine „fast paradiesische Insel“, und es freue sie, dass so viele Menschen dazu beitragen, dass diese „Insel“ zum 38. Mal von Literaturexperten und –liebhabern wahrlich bevölkert werde.

Sie dankte Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Kultur und zahlreichen Kooperationspartnern, die auch in turbulenten Zeiten hinter dem Bachmann-Preis gestanden seien, und verglich – in Anspielung auf das Bühnenbild - die Tage der deutschsprachigen Literatur mit Sauriern, mit „etwas, das aus der Zeit fällt, aber alles andere als ausgestorben oder versteinert ist“. Gerade das mache die „literarische Insel“ Klagenfurt und die Tage der deutschsprachigen Literatur als mediales Ereignis so einzigartig. „Im Meer der schnelllebigen Nachrichten, in Zeiten, in denen Lesen – noch dazu live im Fernsehen – für unmöglich gehalten wird, treten wir hier den Gegenbeweis an“, so Bernhard abschließend.

ORF Landesdirektorin Karin Bernhard

ORF/Johannes Puch

Landesdirektorin Karin Bernhard

Gunzer: Jetzt Konzentration auf Inhalte

Auch Vizebürgermeister Albert Gunzer (FPÖ) zeigte sich erfreut darüber, dass die Diskussion um die Finanzierung der Tage der deutschsprachigen Literatur vorüber sei. Nachdem diese gesichert sei, könne man sich jetzt auf das Wesentliche, die Inhalte, konzentrieren.

Die Stadt Klagenfurt sehe sich - besonders dieser Tage - als „Literaturhauptstadt“ und lade zu zahlreichen Parallelveranstaltungen, die während der Tage der deutschsprachigen Literatur stattfinden, unterstrich Gunzer.

Gruber: Deutsche Sprache als Anliegen

Petra Gruber, die neue Redaktionsleiterin von 3sat Österreich, zeigte zu Beginn ihrer Rede ein kleines Plakat mit Emoticons vor, und verwies damit kritisch auf die Entwicklung zu einer „Welt in leicht konusmierbaren Häppchen“, bei der das Lesen immer mehr in den Hintergrund rücke. 3sat übertrage dennoch - trotz einer „nicht hitverdächtigen“ Quotenbilanz - als einziger Sender im deutschen Sprachraum alle Lesungen während der 38. Tage der deutschsprachigen Literatur, da ihm die deutsche Sprache und der pflegliche Umgang damit ein Anliegen sei - „nicht nur, um Kultur in all ihren Facetten darzustellen“.

Im Anschluss bat Moderator Christian Ankowitsch die Kooperationspartner zu Kurzinterviews auf die Bühne. Jürgen Ellensohn von Julius Meinl sagte, sein Unternehmen sehe sich nicht nur als „Botschafter der Kaffeehauskultur“, sondern als geeigneter Partner für diese Literaturveranstaltung.

Herta Stockbauer, Vorstandsdirektorin der BKS Bank, verwies darauf, dass der ökonomische Wert des Bewerbes nicht im Vordergrund stehe, sondern dass die finanzielle Unterstützung durch die Bank schlichtweg „als wichtiger Beitrag für das Land“ zu sehen sei.

Werner Pietsch, Marketingleiter der Kärntner Elektrizitäts-AG (KELAG), unterstrich, dass die Bereitschaft und Freude seines Unternehmens darüber, die Tage der deutschsprachigen Literatur zu unterstützen, auch nach 13 Jahren nach wie vor ungebrochen sei.

Impressionen vom Eröffnungsabend

Danach folgte die Vorstellung der Juroren und des Juryvorsitzenden Burkhard Spinnen, der seine Eröffnungsworte durch die Ansprachen seiner Vorrednerinnen Gruber und Bernhard vorweggenommen sah. Ergänzend verwies er auf den Verlust von Marcel Reich-Ranicki und Wolfgang Herndorf, die die Tage der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt wesentlich geprägt hätten.

Die Lesereihenfolge

Die Auslosung der Lesereihenfolge brachte folgendes Ergebnis hervor: Den ersten Lesevormittag bestreiten Roman Marchel und Kerstin Preiwuß und Tobias Sommer. Am ersten Lesenachmittag stehen die Lesungen von Getraud Klemm und Olga Flor im Mittelpunkt.

Am Freitag, dem zweiten Lesevormittag, gehen Anne-Kathrin Heier, Birgit Pölzl und Senthuran Varatharajah an den Start, am Freitagnachmittag lesen Michael Fehr und Katharina Ganzoni.

Am Samstagvormittag beginnt Katharina Gericke mit der ersten Lesung, danach folgen Tex Rubinowitz und Georg Petz mit ihren Textpräsentationen.

Erstmals nur 13 Autoren am Start

Heuer sind erstmals nur 13 Autoren mit dabei: Karen Köhler kann aus Krankheitsgründen nicht teilnehmen, sie leidet an einer akuten, ansteckenden Krankheit. Es ist laut den Statuten auch nicht möglich, dass ihr Text von einer anderen Person gelesen wird, somit entfällt die letzte Lesung am Samstag.

Sechs Wettbewerbsteilnehmer kommen aus Österreich: Olga Flor ist zum zweiten Mal dabei, dazu kommen Gertraud Klemm, Roman Marchel, Georg Petz, Birgit Pölzl und der gebürtige Deutsche Tex Rubinowitz. Mit am Start sind die Deutschen Katharina Gericke, Anne-Kathrin Heier, Kerstin Preiwuß und Senthuran Varatharajah und die Schweizer Romana Ganzoni und Michael Fehr.

Am Sonntag, nach dem dreitägigen Wettlesen, werden wie immer fünf Preise vergeben. Hauptpreis ist der mit 25.000 Euro dotierte Ingeborg-Bachmann-Preis, den im vergangenen Jahr Katja Petrowskaja gewann.

Maja Haderlap

ORF/Johannes Puch

Maja Haderlap

Haderlap-Rede zu literarischem Sprachwechsel

Nach der Auslosung der Lesereihenfolge folgte die Klagenfurter Rede zur deutschsprachigen Literatur, gehalten von Maja Haderlap, der Gewinnerin des Bachmann-Preises 2011. In „Im Licht der Sprache“ ging sie auf mehrsprachige Lebenssituationen und das Phänomen des literarischen Sprachwechsels ein, den nicht zuletzt drei Gewinnerinnen des Bachmann-Preises aus den vergangenen Jahren, deren Muttersprache nicht Deutsch sei, gemeinsam hätten.

Haderlap ist slowenischer Muttersprache, ihren Roman „Engel des Vergessens“ hat sie auf Deutsch geschrieben. Ihre eigene Sprachbiografie sei vom „Bewusstsein des Mangels der Sprache“ und „von bewussten oder unbewussten Sprachverboten“ geprägt, so Haderlap. Sie habe zunächst lernen müssen, ihre Muttersprache, das Slowenische, zu verteidigen, obwohl sie selbst ihre gelebte Zweisprachigkeit stets als Bereicherung empfunden habe. Ihre Erfahrungen nach dem Gewinn des Bachmann-Preises hätten ihre Einschätzung bestätigt, dass ein Sprachwechsel „ein äußerst schwieriger Prozess ist“, notgedrungen verbunden mit kulturellen und persönlichen Konflikten. Auf Slowenisch zu schreiben habe sie in den 80er Jahren auch deshalb getan, um das Zurückweichen des Slowenischen in Kärnten aufzuhalten. Das Schreiben auf Deutsch wiederum habe schließlich „einen Weg aus der Enge der fortwährenden nationalen und sozialen Zuschreibungen“ bedeutet.

Allenthalben geäußerte Thesen, die Sprachwechsel der Autorinnen und Autoren seien Ausdruck der Globalisierung, wies Haderlap zurück. Europa sei noch gar nicht zu sich und in sein wahres Kraftzentrum gelangt, „das den größten Gewinn aus der Vielfalt seiner Sprachen, Kulturen und aus seinen sozialen Errungenschaften“ ziehe, schloss Haderlap.

Hier finden Sie die gesamte Rede zur Literatur von Maja Haderlap zum Nachlesen. Im Anschluss wurde das Buffet eröffnet und die Literaturfans in Klagenfurt in eine regnerische Eröffnungsnacht „entlassen“.

Saal TDDL Eröffnung

ORF/Johannes Puch

Alle Informationen auf einen Blick

Die 38. Tage der deutschsprachigen Literatur werden wie jedes Jahr live auf 3sat übertragen. Alle Texte, Informationen und Videostreams von Eröffnung, Lesungen und Jurydiskussionen werden live und auf Abruf im Internet übertragen.

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