Alpine-Pleite trifft 1.400 Zulieferfirmen

Das Handelsgericht Wien hat am Mittwoch über das Vermögen des zweitgrößten österreichischen Baukonzerns, der Alpine Bau GmbH, ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet. Von der Pleite sind 1.400 Zulieferer betroffen.

Der Baukonzern Alpine steht vor der Pleite und dürfte zwei Milliarden Euro Schulden haben. Wie groß die Folgen sind, lässt sich derzeit nur erahnen. Die Alpine beschäftigt rund 15.000 Mitarbeiter, davon etwa die Hälfte in Österreich. 2.000 Jobs in Österreich gelten als gefährdet, zahlreiche Gläubiger - laut Kreditschutzverband insgesamt 8.000 - könnten durch die Finger schauen. Allein in Kärnten beschäftigt der Baukonzern rund 600 Mitarbeiter. Neben der Hauptniederlassung in Klagenfurt betreibt das Unternehmen auch Baubüros in Spittal und Völkermarkt sowie drei Asphaltmischanlagen.

Der Insolvenz-Entgeltfonds hat sich bereits gerüstet. Die Mittel für die Großinsolvenz seien gesichert, hieß es in einer Aussendung. Gerechnet wird mit einem zweistelligen Millionenbetrag. Man prüfe nun die Details, etwa welche Forderungen noch offen seien.

Betriebsrat hofft auf Weiterführung

Wie viele Arbeitsplätze tatsächlich verloren gehen, ist noch unklar. Im Ernstfall soll es eine Arbeitsstiftung geben, hieß es vom AMS. Die Belegschaftsvertreter verweisen auf volle Auftragsbücher und hoffen auf eine Lösung. So sagte der Kärntner Angestelltenbetriebsrat Alfred Kramer: „Ich habe aus Wien die Mitteilung bekommen, dass eine Bestrebung im Gange ist, den Betrieb weiterzuführen. So, wie wir jetzt alle zusammenstehen, muss ich sagen: die Hoffnung stirbt zuletzt. Wir sind sehr bestrebt, dass eine positive Meldung von Wien nach Kärnten gelangen kann. Wir sind in einer Saison, wo voll gebaut wird und es ist schade, dass dieses Missgeschick passiert ist.“

Arbeitsminister: Folgekonkurse großes Problem

Die Geschäftsführung der Alpine Kärnten war angesichts der brisanten Situation am Mittwoch bei Verhandlungen in Wien. In Klagenfurt wurden im Stundentakt hinter verschlossenen Türen Informationsveranstaltungen für leitende Mitarbeiter abgehalten. Im Laufe des Tages sickerten Informationen über die Gründung von Auffanggesellschaften durch. Auch von der Fortführung einiger profitabler Geschäftsbereiche war die Rede. Noch ist unklar, ob es diese geplante Auffanggesellschaft geben wird und ob jemals weitergearbeitet werden kann. Am Donnerstag wird der Masserverwalter mit seiner Arbeit beginnen, sagte Sozial- und Arbeitsminister Rudolf Hundsdorfer in der ZIB 2. Das größte Problem sieht Hundstorfer in möglichen Folgekonkursen der Zulieferbetriebe.

Abhängigkeit der Zulieferer entscheidend

Hundstofer: „Es sind 1.400. Was aber zur Stunde niemand beantworten kann ist: wie sehr sind diese Zulieferbetriebe von der Alpine abhängig?. Sind sie zu 80, 50 oder 10 Prozent umsatzabhängig? Ich glaube, das wird sich erst in den nächsten ein bis zwei Wochen effektiv herausstellen. Die Alpine hat ihre Sublieferanten bis vor 14 Tagen ausbezahlt. Die Frage ist: gehen die Baustellen weiter, dann geht auch ein Teil dieser Zulieferbetriebe weiter. Gehen die Baustellen auf andere Baufirmen über und es werden die Mitarbeiter übernommen, dann müssen wir auch sehen, dass die Zulieferbetriebe übernommen werden. Wir wissen aber umgekehrt, dass viele Baufirmen ihre eigene Zulieferbetriebe haben. Wenn ein Teil der Baustellen nicht weitergeht, dann haben wir auch dieses Problem bei den Zulieferern."

Etwa 40 Zuliefer- und Kleinunternehmen in Kärnten

In Kärnten zittern seit der Alpine-Pleite rund 40 Zuliefer- und Kleinunternehmen. Der Innungsmeister der Sparte Bau, Stefan Hasse sagte dazu am Mittwoch: „Wie bekommen jetzt die kleinen und mittleren Unternehmen für ihre erbrachten Leistungen ihr Geld? Alpine bekommt von den Auftraggebern das gesamte Geld, das wird dementsprechend umverteilt und treffen wird es die vielen Kleinen. Das Ergebnis ist schwer vorauszusagen.“

ÖGB rechnet mit 1.000 Betroffenen

Wie viele Arbeitsplätze verloren gehen hängt nun davon ab, wie und ob der Sanierungsplan der Alpine umgesetzt wird. Die Gewerkschaft forderte am Mittwoch eine Arbeitsstiftung, um betroffene Mitarbeiter aufzufangen. Der ÖGB rechnet mit bis zu 1.000 Betroffenen, wenn auch Alpine-Tochterfirmen von der Pleite betroffen sein sollten. Für Franz Zewell, den Leiter des Arbeitsmarktservice, kommt die Alpine-Pleite nicht ganz überraschend. Seit dem Vorjahr sei die Zahl der arbeitslosen Bauarbeiter ständig gestiegen. Für die betroffenen Alpine-Mitarbeiter soll es in fast allen Bundesländern, auch in Kärnten, eine Arbeitstiftung geben.

AMS-Leiter: „Wir sind gerüstet“

Zewell: Der Platz kostet rund 8.000 Euro pro Person. Für eine Insolvenzstiftung müssen sicher auch Verhandlungen mit dem Land Kärnten aufgenommen werden." Gleichzeitig betonte der AMS-Leiter: „Wir sind gerüstet. In der Baubranche arbeiten nicht nur bauspezifische Arbeitskräfte, sondern - weil dort gutes Geld zu holen ist - auch Personen mit anderen Berufen. Da schauen wir zuerst, ob wir diese Personen in ihren Berufen unterbringen und erst dann setzen wir Förderungen ein.“

Gewerkschaft: verschiedenste Szenarien möglich

Von der Gewerkschaft Bau-Holz heißt es, dass für alle betroffenen Arbeitnehmer 30 Tage Kündigungsschutz gelte. Alle Mitarbeiter sollen in Betriebsversammlungen - auch über eine mögliche Weiterbeschäftigung - informiert werden. Laut Gewerkschaft gebe es verschiedene Szenarien: Eine Auffanggesellschaft, die Übernahme von Beschäftigten von Partnerfirmen bis hin zu Teilverkäufen. Es gebe laufend Gespräche mit dem Sozial und Wirtschaftsminister und dem AMS.

Experten rechnen mit Schrumpfung der Branche

Eine weitere Komponente ist die Zahl der öffentlichen Aufträge, die in nächster Zeit wohl deutlich zurückgefahren wird. Nicht zuletzt deshalb rechnen die Experten mit einer weiteren Schrumpfung der Branche. Hasse: „Ich würde sagen, dass wir derzeit nicht die beste Bausaison haben. Wir haben so viele Arbeitslose am Bau wie noch nie. Die Steigerungen sind im negativen Sinne beeindruckend. Das heißt, dass wir zuwenig Aufträge haben. Wenn es wenige Anbieter am Markt gibt, ist das natürlich auch ein kleiner Vorteil.“

Porr meldete Interesse an

Bereits Dienstagabend gab es zur Alpine ein Krisengespräch zwischen AMS, Unternehmens- und Belegschaftsvertretern, um den betroffenen Mitarbeitern zu helfen. Am Mittwoch folgten Gespräche im Sozialministerium. Für einen kleinen Teil der Beschäftigten gibt es aber vielleicht schon einen kleinen Hoffnungsschimmer: Der Baukonzern Porr hat Interesse an Teilen der Alpine angemeldet. Gespräche dazu würden bereits laufen, sagte ein Porr-Sprecher.

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