Carinthischer Sommer und die Nazis

Im Zuge der Aufarbeitung der Verstrickung der Wiener Philharmoniker in die Politik der Nazis ist auch der Gründer des Carinthischen Sommers (CS), Helmut Wobisch, ins Blickfeld geraten. Der Intendant des CS, Thomas Daniel Schlee, sagte, die Vorwürfe seien nicht neu.

Helmut Wobisch, damals Geschäftsführer der Wiener Philharmoniker, später Gründer des Carinthischen Sommers und dessen Intendant bis 1980, übergab an den damaligen Gauleiter von Wien und Reichsjugendführer Baldur von Schirach den Ehrenring der Wiener Philharmoniker. Wobisch war auch Informant der Geheimen Staatspolizei, Gestapo.

Sorgsam gehütetes Geheimnis

Der Trompeter Helmut Wobisch (1912 bis 1980), der bereits 1933 Partei- und SS-Mitglied war, wurde am 1. Mai 1945 fristlos entlassen und 1951 wieder eingestellt. 1954 bis 1968 war er Geschäftsführer der Wiener Philharmoniker, 1967 erhielt er das Große Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich. Wobisch sei es auch gewesen, der Kriegsverbrecher Baldur von Schirach bald nach dessen Entlassung aus Spandau 1966 ein Duplikat des 1942 verliehenen Philharmoniker-Ehrenrings nach München gebracht habe, enthüllte Historiker Wilhelm Bettelheim im Film ein bisher sorgsam gehütetes Geheimnis - mehr dazu in ORF.at.

Schlee: „Wusste schon als Kind davon“

Der jetzige Intendant des Carinthischen Sommers, Thomas Daniel Schlee, wurde kritisiert, dass das Abschlusskonzert des Carinthischen Sommers 2012 dem 100. Geburtstag von Helmut Wobisch gewidmet war. Schlee sagte dazu: „All diese Dinge sind mir nicht neu. Schon mein Vater hat ganz eindeutige Dinge von Wobisch in der Nazizeit erlebt. Ich weiß davon, seit ich ein Kind bin. Aber ich habe ein großartiges Festival von Wobisch übernommen und versuche es in dem künstlerischen Sinne von Wobisch weiterzuführen und stelle mir solche Fragen nicht.“

Er habe das Wobisch-Gedächtniskonzert auch nicht erdacht, so Schlee weiter, das war eine Institution, die es längst unter seiner Vorgängerin Gerda Fröhlich gegeben habe. Ob es weitergeführt werde, entscheide der Vereinsvorstand.

Litschauer: Ehrung gerechtfertigt

Die Vorstandsvorsitzende des Vereins Carinthischer Sommer, Walpurga Litschauer, sagte: "Ein 100. Geburtstag, der absolut zu Recht für die Funktion von Wobisch als Festivalsgründer abzuhalten war, könnte unter Umständen auch ein Schlusspunkt sein. Man muss es nicht bis in alle Ewigkeit weiterführen. Ich stehe absolut dazu, dass man die Person Wobisch, ohne die es den Carinthischen Sommer in Kärnten nicht gegeben hätte, entsprechend würdigt.

Schlee: dann muss man Festival beenden

Schlee sagte, dies alles sei eine „kleine Posse“, um tragische Dinge, wo man sich eifrig alteriere. Das ganze sei nicht ehrlich genug, das hätte längst passieren können. „Wenn man sich in Kärnten furchtbar echauffiert über das Zweifelhafte, das Wobisch getan hat, wovon wir aber längst gewusst haben, dann muss man das Festival beenden. Dann muss man sagen, man kann doch nicht ein Festival weiterführen, das von einem überzeugten Nazi gegründet wurde, das wäre doch eine mutige Entscheidungsfrage.“

Link: