Die Causa Birnbacher - Chronologie

Der Prozess wegen Untreue beim Verkauf der Hypo Bank an die Bayern LG gegen Josef Martinz, Dietrich Birnbacher, Hans-Jörg Megymorez und Gert Xander ist am 1. Oktober mit vier Schuldsprüchen zu Ende gegangen. Das könnte aber erst der Anfang sein.

  • 2006/2007: In Kärnten wird im Geheimen von einem kleinen Personenkreis der Verkauf der Mehrheit der landeseigenen Hypo Alpe-Adria-Bank an die Bayerische Landesbank (BayernLB) vorbereitet.
  • April 2007: Der damalige Landeshauptmann Jörg Haider (FPÖ/BZÖ) und Martinz beauftragen quasi als Privatpersonen Birnbacher mündlich mit einem Gutachten zum Hypo-Verkauf, versprochen wird ihm ein Honorar von zwölf Millionen Euro. Birnbachers Tätigkeit umfasst einen dreiwöchigen Zeitraum - von 23. April bis 16. Mai.
  • Herbst 2007: Wie Birnbacher Jahre später aussagt, ist mit Martinz bereits zu diesem Zeitpunkt ausgemacht, dass es für das Honorar von zwölf Millionen Euro eine „Drittellösung“ geben solle - ein Drittel für Birnbacher, ein Drittel für die ÖVP und ein Drittel für die Freiheitlichen. Martinz bestätigt diese Angaben.
  • Jänner 2008: Auch Haider fordert Geld für seine Partei - nämlich eine Million Euro, wie Birnbacher im Nachhinein zu Protokoll gibt.
  • Februar 2008: Erst jetzt erfährt die Kärntner Landesholding von Aufsichtsratschef Martinz von der Honorarvereinbarung und dass die KLH die Rechnung übernehmen soll. Das Birnbacher-Honorar wird publik, es folgen heftige Diskussionen über die Höhe.
  • 13. März 2008: Haider gibt bekannt, dass das Birnbacher-Honorar auf sechs Millionen halbiert wird - genannt „Patriotenrabatt“.
  • Sommer 2008: Martinz kündigt Birnbacher an, dass er ihm „etwas herunterreißen“ werde, sagt der Steuerberater im späteren Prozess. In der Folge bezahlt Birnbacher eine Rechnung über 35.000 Euro plus Umsatzsteuer, die Rechnung legt die Anwältin von Martinz, Astrid Wutte-Lang. Weitere 65.000 Euro übergibt Birnbacher an Martinz bei einer Weihnachtsfeier am 22. Dezember in einem Kuvert.
  • 19. Jänner 2009: Ermittlungen gegen Martinz, Birnbacher, Megymorez und Xander werden eingestellt - in dubio pro reo.
  • 2009: Laut Birnbachers Aussage treten Landesrat Harald Dobernig (FPK) und FPK-Parteichef Uwe Scheuch an ihn heran. Dobernig erklärt, von der Abmachung über eine Mio. Euro mit dem mittlerweile verstorbenen Haider zu wissen, letztlich werden demnach 500.000 Euro gefordert, geflossen ist aber nichts mehr. Die Rechnung, für zwölf Millionen sollte eine Million fließen, also müssen für sechs Millionen 500.000 Euro fließen, stellte laut Birnbacher Parteichef Scheuch auf.
  • 25. Juni 2010: Ein Ex-Mitarbeiter Haiders behauptet medial, Martinz habe über den Auftrag an Birnbacher Gelder Richtung ÖVP abzweigen wollen. Martinz weist die Anschuldigung scharf zurück.
  • 19. Jänner 2011: Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt führt das zwischenzeitlich eingestellte Ermittlungsverfahren gegen Martinz und Birnbacher doch fort, Grund der Fortführung seien „neue Erkenntnisse“.
  • 23. September 2011: Ein Gutachten im Auftrag der Staatsanwaltschaft Klagenfurt kommt zum Schluss: Das Birnbacher-Honorar war 30-fach überhöht - nach der Halbierung der Gage.
  • 16. Jänner 2012: Martinz tritt als Landesrat zurück, weil gegen ihn Anklage erhoben wird. Eine Bestätigung durch die Justiz gibt es dafür vorerst nicht.
  • 22. März 2012: Jetzt ist es offiziell - die Justiz erhebt Anklage gegen Martinz, Birnbacher, Megymorez und Xander. Vorgeworfen wird ihnen das Verbrechen der Untreue.
  • 11. Juli 2012: Birnbacher legt ein Geständnis ab und räumt etwa ein, dass ihm sehr früh klar gewesen sei, dass ein Honorar in der Höhe von sechs Mio. Euro unangemessen sei. Er belastet Martinz, Megymorez und Xander schwer - diese beharren weiter auf ihrer Unschuld.
  • 25. Juli 2012: Birnbacher erweitert sein Geständnis und sagt aus, dass von Anfang an geplant gewesen sei, über sein Millionenhonorar die ÖVP und das damalige BZÖ zu finanzieren. Konkret sollen letztlich 100.000 Euro an die ÖVP geflossen sein. Auch Martinz legt ein Geständnis ab und gibt seinen Rücktritt als Kärntner ÖVP-Obmann und seinen Parteiaustritt bekannt.
  • 27. Juli 2012: Es kam zur ersten Hausdurchsuchung in der Causa, es gab von der Korruptionsstaatsanwaltschaft keine Informationen, wo diese Durchsuchung stattgefunden hatte. Auch Büros in der Landesregierung wurden „besucht“ und Unterlagen sichergestellt. Ermittlungen wurden gegen die Verteidigerin von Martinz, Astrid Wutte-Land, eingeleitet. Sie wurde durch eine Aussage Birnbachers belastet, wonach ihre Kanzlei 2008 der ÖVP eine Rechnung über 35.000 Euro gestellt hatte. Diese Rechnung sei laut Birnbacher von ihm bezahlt worden und war für „Rechtsberatung im Zusammenhang mit Medienberichterstattung“ gedacht. Wutte-Lang legte daraufhin ihr Mandat im Prozess zurück und hielt in einer Aussendung fest, dass es „zu keinem Zeitpunkt Geldflüsse der Kanzlei an eine politische Partei oder nahestehende Organisationen“ gegeben habe.
  • 31. Juli 2012: Der neue Anwalt von Josef Martinz, Alexander Todor-Dostic, sieht Dietrich Birnbacher als Haupttäter. Das Geld sei schließlich bei ihm gelandet, so Todor-Dostic.

Die Staatsanwaltschaft bestätigte am 31. Juli auch, dass Ermittlungen gegen Uwe Scheuch und Finanzlandesrat Harald Dobernig eingeleitet wurden. Der Vorwurf lautet auf Geldwäsche.

  • 6. August 2012: Harald Dobernig (FPK) ließ sich entschuldigen und verschob sein Erscheinen vor Gericht auf den nächsten Tag. Uwe Scheuch, Ex-FPK-Chef erschien ebenfalls nicht. Nur Stefan Petzner, Jörg Haiders ehemaliger Pressesprecher, sagte aus. Seine angekündigte „politische Bombe“ ließ er aber nicht platzen. Er schloss lediglich aus, dass es zu Geldflüssen an das BZÖ gekommen war.
  • 7. August 2012: An Tag neun des Birnbacher-Martinz-Prozesses hat das Gericht das Problem, dass immer mehr Zeugen wegbrechen, weil die Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt. So sagten zwei Gutachter ab. Fraglich ist, ob Harald Dobernig aussagen wird oder sich der Aussage entschlägt.
  • 9. August 2012: Der Birnbacher-Prozess wird vertagt, er geht erst am 20. September weiter. Das Gericht versucht nun weitere Beweise einzuholen. Birnbacher will eine Million Euro Wiedergutmachung an die Landesholding zahlen. Ein Urteil soll am 21. September fallen.
  • 10. August 2012: Dietrich Birnbacher stellte der Landesholding als Wiedergutmachung von seinem Honorar rund eine Million Euro zur Verfügung.
  • 18. September 2012: Die SPÖ fordert das Land Kärnten auf, sich dem Prozess als Privatbeteiligter anzuschließen und Geld zurückzuholen. Finanzlandesrat Harald Dobernig (FPK) kündigt am Abend desselben Tages an, genau das zu tun zu.
  • 20. September 2012: Die letzten vier Zeugen werden gehört. Der Wiener Universitätsprofessor Christian Nowotny hatte den Auftrag, die „Sinnhaftigkeit, Zweckmäßigkeit und Machbarkeit“ des Anteilsverkauf der Hypo Alpe-Adria-Bank an die BayernLB zu beurteilen. Die Verhandlung dauerte zehn Stunden, dann wurde vertagt. Martinz fühlt sich weiterhin nicht schuldig, Birnbacher belastete den Landesholding-Vorstand erneut schwer.
  • 1. Oktober 2012: In der Causa Birnbacher gab es vier Schuldsprüche. Ex-ÖVP Obmann Josef Martinz wurde wegen Untreue zu fünfeinhalb Jahren unbedingter Haft verurteilt. Der geständige Steuerberater Dietrich Birnbacher wurde zu drei Jahren Haft verurteilt, zwei davon bedingt. Die Vorstände der Kärntner Landesholding (KLH), Hans-Jörg Megymorez und Gert Xander, wurden vom Schöffensenat unter Vorsitz von Richter Manfred Herrnhofer zu drei bzw. zwei Jahren Gefängnis verurteilt (unbedingt). Die Urteile sind nicht rechtskräftig.

Nach den Urteilen legten der Ankläger sowie die Anwälte von Josef Martinz, Hans-Jörg Megymorez und Gerd Xander umgehend Berufung und Nichtigkeit ein. Birnbacher erbat sich drei Tage Bedenkzeit.

  • 2. Oktober 2012: Am Tag nach dem Birnbacher-Prozess wurden alle politischen Termine von den am Montag gefällten Urteilen überschattet. Diese scheinen nur der Schlusspunkt im ersten Kapitel dieser Causa zu sein. Die Grünen meinten, die Aufklärung werde noch zehn Jahre dauern, die ÖVP hoffte, dass Martinz nicht alleine dafür gerade stehen müsse, sondern dass auch die Personen in der FPK, die das System ins Land getragen haben, zur Verantwortung gezogen werden. Laut SPÖ sei das ganze System zu hinterfragen. Die drei Parteien SPÖ, ÖVP und Grüne forderten den Rücktritt der FPK-Spitze.

Experten fanden die Schuldsprüche zwar richtig, kritisierten aber die Höhe der Haftstrafen bei Martinz und den beiden Holding-Vorständen. Der Innsbrucker Strafrechtler Klaus Schweighofer sagte: „Vier Jahre Freiheitsstrafe wäre das höchste, was ich als angemessen für einen unbescholtenen Mann mit ordentlichen Lebenswandel beurteilen würde.“

Die beiden Landesholding-Vorstände Gert Xander und Hans-Jörg Megymorez treten noch am Abend des Urteils von ihren Vorstandsposten zurück. Neuer Vorstand bis Jahresende wird der bisherige KWF-Chef Hans Schönegger.

Nun muss der Oberste Gerichtshof (OGH) über die Berufungen und Nichtigkeitsbeschwerden entscheiden. Bis zu einer endgültigen Entscheidung können noch Monate vergehen.

  • 4. Oktober 2012: Dietrich Birnbacher legt Berufung gegen die Strafhöhe von drei Jahren (eines unbedingt) ein. Laut seinem Anwalt falle er unter die „Kleine Kronzeugenregelung“, weil er entscheidende Hilfe bei der Aufklärung geleistet habe.

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