Reaktionen auf Martinz-Rücktritt

Das Geständnis von Dietrich Birnbacher und Josef Martinz hat am Mittwoch zahlreiche Reaktionen in der Kärntner Politik ausgelöst, großteils werden Neuwahlen gefordert. Die SPÖ hat für Freitag eine Sondersitzung des Kärntner Landtags einberufen.

Bei dieser Sondersitzung am Freitag um 17.00 Uhr wollen die Sozialdemokraten einen Dringlichkeitsantrag zu einem seit 2009 bestehenden Neuwahlantrag stellen. Dieser Antrag hatte es bis dato nie auf die Tagesordnung geschafft, weil die FPK-ÖVP-Koalition dagegen war. Ein Sprecher der SPÖ sagte, man hoffe, dass auch der eine oder andere FPK- bzw. ÖVP-Abgeordnete dem Antrag nun zustimmen werde.

FPK: Aktuelle Stunde zu Top-Team

Auf Antrag der FPK-Abgeordneten gibt es eine Aktuelle Stunde zum Thema „TopTeam“. Die FPK wirft der SPÖ vor, der Werbeagentur Aufträge des Landes verschafft zu haben. Die Agentur habe damals der SPÖ gehört. Die SPÖ wies die Vorwürfe als „absurdes und substanzloses Ablenkungsmanöver“ zurück.

SPÖ erwartet weitere Geständnisse

Zu den Geständnissen hieß es in einer Aussendung der SPÖ, „Es ist für die Kärntnerinnen und Kärntner unvorstellbar, welche dubiosen Geschäfte Martinz, Haider und, wie Birnbacher behauptet, auch FPK-Dobernig (Harald, Anm.) und FPK-Obmann Scheuch (Uwe, Anm.) auf Kosten der Steuerzahler abgezogen haben.“

„Dörflers FPK-ÖVP-Regierung ist kläglich gescheitert. Alles muss bis ins letzte Detail aufgeklärt werden“, forderte SPÖ-Parteichef Peter Kaiser. Es sei dem Land nicht zumutbar, dass es von korrupten Politikern mit mangelndem Schuldbewusstsein regiert werde. Landeshauptmann Gerhard Dörfler (FPK) als ehemaligen Parteikassier bezeichnete Kaiser als mitverantwortlich. Die SPÖ erwartet angesichts der Causa Birnbacher weitere Geständnisse auch in anderen Korruptionsaffären.

Grüne: Neuwahlen und Rücktritte gefordert

Die Grünen schlossen sich in ihrer Aussendung dem Ruf nach Neuwahlen an. Die Tage der Regierungskoalition seien gezählt, so der Landtagsabgeordnete Rolf Holub. „Dieser Parteienfinanzierungsskandal übersteigt jedes Maß. Beide Koalitionsparteien haben sich am Steuergeld der Kärntner Bevölkerung vergangen.“ Gleichzeitig forderte Holub die Rücktritte der Landesräte Achill Rumpold (ÖVP), Scheuch, Dobernig sowie von Landeshauptmann Dörfler. Bei einer Sonderlandtagssitzung solle sich das Landesparlament nun selbst auflösen und Neuwahlen ausrufen, forderten SPÖ und Grüne.

ÖVP-Kärnten-Gremien tagen am Nachmittag

Von den betroffenen Politikern der ÖVP Kärnten - mit Ausnahme von Martinz, der noch im Gerichtssaal seinen Rücktritt erklärte - war am Vormittag noch niemand zu einer Stellungnahme bereit. Lediglich der Medienberater von Martinz, der ehemalige ORF-Redakteur Wolfgang Dittmar, erklärte seinen sofortigen Ausstieg bei der ÖVP. „Ich bin menschlich zutiefst von Martinz enttäuscht“, sagte Dittmar. Die Kärntner ÖVP wird noch am Mittwoch entscheiden, wie es mit der Landepartei nach Matinz’ Rücktritt weitergehen soll.

FPK weist Birnbacher-Aussagen zurück

Die FPK-Politiker Parteiobmann Uwe Scheuch und Landesrat Harald Dobernig wiesen am Mittwoch die belastenden Aussagen von Birnbacher zurück. Die beiden schlossen in einer Aussendung aus, dass es in Zusammenhang mit der Causa eine Zahlung an die Partei oder entsprechende Forderungen gegeben habe.

Der von Birnbacher genannte Gesprächstermin im Jahr 2009 sei „nichts Besonderes“ gewesen. Sinn dieses Gespräches sei es gewesen zu klären, „dass die damals medial kolportierten Vorwürfe einer angeblichen Parteienfinanzierung in Richtung BZÖ und/oder Jörg Haider nicht der Wahrheit entsprechen“.

In diesem Gespräch habe Birnbacher „unmissverständlich erklärt, dass es keine Vereinbarungen zwischen ihm und Haider gegeben hat“ und dass kein Geld in Richtung Haider oder an die Partei geflossen sei. „Das Ganze ist somit ein weiterer untauglicher Versuch, die Freiheitlichen in Kärnten und ihre Führungsspitze anzupatzen und zu beschädigen“, so Scheuch und Dobernig.

LH Dörfler: Lehne Neuwahlen ab

Dörfler erteilte am Mittwochnachmittag in einer Aussendung den Neuwahlforderungen von SPÖ und Grünen eine Absage. Er sei „schockiert und massiv enttäuscht“ von „Martinz und Co“. Wen er mit „Co.“ meinte, ließ Dörfler offen. Neuwahlen lehne Dörfler als „zu 100 Prozent Unbeteiligter in diesem Skandal“ jedoch ab. Er trete unter dem Motto „Aufklären statt Neuwahlgeplänkel" für eine schonungslose und 100-prozentige Durchforstung und Aufklärung in dieser Skandalcausa“ ein.

Spindelegger: „Zutiefst enttäuscht von Martinz“

Die Schockwellen, die das Birnbacher-Geständnis ausgelöst hat, setzen sich bis in die Bundesparteien fort. Für Vizekanzler und ÖVP-Chef Michael Spindelegger ist mit dem Parteiaustritt von Martinz „der Weg endgültig frei für einen Neustart der Kärntner ÖVP“. Persönlich sei er „zutiefst enttäuscht“ von Martinz, so Spindelegger in einer Aussendung am Mittwoch. „In meiner ÖVP dulde ich kein solches Fehlverhalten“, so der Vizekanzler. Die Funktionäre „verdienen eine Parteispitze, die für Ehrlichkeit und Anstand in unseren Reihen sorgt“.

Der oberösterreichische ÖVP-Obmann und Landeshauptmann Josef Pühringer zeigte sich am Mittwoch „entsetzt“: „Ich bin traurig, dass einige wenige gerade in letzter Zeit in Serie unser Ansehen ramponieren.“

BZÖ fordert sofortige Neuwahlen in Kärnten

BZÖ-Chef Josef Bucher forderte via Aussendung „sofortige Neuwahlen in Kärnten“, zumal das Geständnis des Steuerberaters Dietrich Birnbacher auch FPK-Obmann Uwe Scheuch und den Finanzreferenten des Landes, Harald Dobernig (FPK), belastet. „Hier kommt ein ÖVP/FPK-Skandal mit unfassbaren Dimensionen zu Tage. Dieses ÖVP/FPK-Syndikat ist eine massive Belastung für Kärnten und für Österreich“, so Bucher.

Zur Zeit, als Haider und Martinz das Millionenhonorar für Birnbacher vereinbart hatten, waren die Freiheitlichen in Kärnten freilich noch Teil des BZÖ. Erst nach dem Tod Haiders dockte die damals stärkste Landesfraktion der Orangen wieder bei der FPÖ an.

FPÖ sieht „Knalleffekt in Richtung ÖVP“

Die FPÖ sieht das Geständnis des zurückgetretenen Martinz und seines Steuerberaters Birnbacher als „Knalleffekt in Richtung ÖVP“. Die Volkspartei sei offenbar „bis in die Kreise der Wiener Parteispitze in Person von Ernst Strasser“ voll in die Malversationen eingebunden gewesen, so Vizeparteichef Norbert Hofer am Mittwoch in einer Aussendung. Von den ebenfalls beschuldigten FPK-Politikern fordert Hofer eine rasche Entkräftung der Vorwürfe.

Sondersendung zu Martinz-Rücktritt

Am Mittwoch bringt Radio Kärnten von 15.00 bis 16.00 Uhr eine Sondersendung, bei der die Chefredakteure sämtlicher Kärntner Tageszeitungen über den Martinz-Rücktritt und dessen Folgen diskutieren werden. Durch die Sendung führt Christof Glantschnig.

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