Uniprofessoren enttäuscht von Kompromiss

Nicht alle sind mit dem Kompromiss für die neue Verfassung zufrieden. Universitätsprofessoren unterzeichneten einen offenen Brief und bedauern, dass die Volksgruppe nicht mehr erwähnt werde. Der Slowenische Kulturverband spricht von „Degradierung“.

Man habe die politische Debatte mit „Verwunderung und Besorgnis“ verfolgt, so Initiator Hans Karl Peterlini vom Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung. Die Verweigerung einer Wertschätzung durch eine simple Erwähnung der slowenischsprachigen Mitbürger sei ein Rückschritt für das positive Klima im Land.

Der Satz, der auf Wunsch der ÖVP gestrichen wurde lautete: „Die Fürsorge des Landes und der Gemeinden gilt den deutsch- und slowenischsprachigen Landsleuten gleichermaßen“. Der Kompromiss, der am Freitag präsentiert wurde, beinhaltet nun den Zusatz: „Die deutsche Sprache ist die Landessprache sowie Sprache der Gesetzgebung und - und unbeschadet der der Minderheit bundesgesetzlich eingeräumten Rechte - die Sprache der Vollziehung des Landes Kärnten. Das Land Kärnten bekennt sich gemäß Artikel 8 Abs. 2 der Bundesverfassung zu seiner gewachsenen, sprachlichen und kulturellen Vielfalt, wie sie in Kärnten in der slowenischen Volksgruppe zum Ausdruck kommt ... Die Fürsorge des Landes gilt allen Landsleuten gleichermaßen.“

Wie bei jedem Streit:

Indem man miteinander respektvoll redet, zuhört, eigene Standpunkte überdenkt. Ich als Kärntner kann meinen Landsleuten nur empfehlen, nicht die geschichtlich bedingten gegenseitigen Vorbehalte, sondern die jetzige Eigenverantwortlichkeit zu forcieren.

„Betonung einer Landessprache“

Laut dem offenen Brief bleiben „Momente des Unbehagens“ zurück. Die nunmehrige stärkere Betonung, dass Deutsch nicht nur die Sprache der Gesetzgebung, sondern „die“ Landessprache sei und dass die sprachliche und kulturelle Vielfalt der Republik Österreich in Kärnten – quasi als Beigabe – durch die slowenische Sprachgruppe zum Ausdruck komme, stärke die getrennte Wahrnehmung zweier Landesrealitäten, wo zuvor durch die gleichberechtigte Nennung der „deutsch- und slowenischsprachigen Landsleute“ der Gedanke einer sprachgruppenübergreifenden Gemeinsamkeit zum Ausdruck gekommen sei.

„Verdienste schlecht gedankt“

Die Universitätsangehörigen erinnerten an die Rolle der slowenischen Bevölkerung in der Geschichte Kärntens und Österreichs, die ihnen oft schlecht gedankt wurde. Erwähnt wurden die ausschlaggebende Befürwortung des Verbleibs bei Österreich bei der Volksabstimmung 1920 durch die slowenische Bevölkerung und den politisch wenig gewürdigten Widerstand gegen das NS-Regime, der im Sinne der Moskauer Deklaration von 1943 aber wesentlich dazu beigetragen habe, dass Österreich von den Alliierten die staatliche Souveränität zugesprochen worden sei.

„Ungezwungen in Entwurf erwähnt“

Wörtlich heißt es in dem Brief, der von 28 Universitätsangehörten unterzeichnet wurde: „Der von der Regierungskoalition SPÖ-ÖVP-Grüne mitgetragene Entwurf für die neue Landesversammlung war gerade durch die beanstandete und nun getilgte Formulierung von großer symbolischer Bedeutung...“

Die slowenische Bevölkerung sei als gleichberechtigtes politisches Subjekt genannt worden, aber eben nicht von den deutschsprachigen Mitbürgerinnen und -bürgern abgespalten, sondern ungezwungen und wie selbstverständlich aufgenommen in ein gemeinsames Konzept von ausdrücklich deutsch- und slowenischsprachigen „Landsleuten“. Mit dem Kompromiss werden nun die zwei Sprachgruppen abgestuft. Weiter hieß es, die „historisch gegebene, sprachliche und kulturelle Pluralität Kärntens für ganz Österreich und darüber hinaus eine Ressource, die nicht durch glättende Formulierung möglichst zum Verschwinden, sondern selbstbewusst sichtbar und damit politisch und gesellschaftlich fruchtbar gemacht werden sollte.“

Slowenischer Kulturverband: „Degradierung“

Der slowenische Kulturverband spricht in einer Aussendung von der Degradierung der slowenischen Sprache im neuen Verfassungsvorschlag. Die Formulierung, wonach Deutsch die alleinige Landessprache sei, widerspreche dem Grundsatz der Gleichberechtigung - auch wenn das Bemühen der beiden Regierungsparteien SPÖ und Grüne um ein neues Miteinander unverkennbar sei.

Vouk: Rückschritt

Als „wesentlichen Rückschritt“ bezeichnet der Sekretär des Vereines der Kärntner Slowenischen Juristen Rudolf Vouk den Kompromiss in Sachen Erwähnung der Slowenischen Volksgruppe in der Kärntner Landesverfassung. Es hätten sich wieder einmal die Nationalisten durchgesetzt, so der Jurist - mehr dazu in volksgruppen.ORF.at

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