Flüchtlingstagung: Keine Lösung für Platznot

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und die Flüchtlingsreferenten aller neun Bundesländer trafen einander am Mittwoch in Pörtschach. Es wurde intensiv debattiert. Eine Lösung hat der Gipfel nicht gebracht.

Weder in der Frage, wie das seit Jahren auf der Agenda stehende Thema langfristig gelöst werden kann, noch darin, wie die derzeit wegen der Nahost-Krisenherde erhöhte Zahl von Asylwerbern beherbergt werden kann, wurden Lösungen gefunden. Innenministerin Mikl-Leitner, die ihr Konzept für die künftige Struktur der Grundversorgung präsentierte, ist also weiter auf der Suche nach Quartieren. Bund und Länder gaben sich aber zuversichtlich. Eine grundsätzliche Einigung wird es vor November freilich nicht geben - mehr dazu in ORF.at.

Vor Lösung noch Rücksprache mit Ländern

Es gab am Mittwoch im Schloss Seefels in Pörtschach am Wörthersee intensive Debatten. Den Optimismus von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ), dass es schon am Mittwoch eine Lösung der offenen Flüchtlingsfragen geben könnte, teilte Kaiser schon am Vormittag nicht: "Bei einem Konzept, das wir gestern bekommen haben, wäre das etwas überfordernd. Es ist nicht so, dass alle Entscheidungsträger der Länder hier sind, es muss mit den Ländern Rücksprache gehalten und die Gemeinden eingebunden werden.

Peter Kaiser Johanna Mikl-Leitner

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Peter Kaiser und Johanna Mikl-Leitner

Man werde im Beschluss gegenüber dem Erstvorschlag von Mikl-Leitner anregen, dass so rasch wie möglich eine Arbeitsgruppe mit Städte- und Gemeindebund, den Ländern und dem Bund eingerichtet werde. Nur in der Gemeinsamkeit könne es eine Lösung geben, so Kaiser. Mikl-Leitner sagte dazu: „Wichtig ist es, dass wir in den Diskussionsprozess einsteigen und damit in den nächsten Wochen fertig sind, damit bei der Landeshauptleute-Konferenz im November das Konzept beschlossen werden kann.“

Vier Asylwerber pro 1.000 Einwohner

Der Bund will die Länder in die Pflicht nehmen und eine Quote einführen. Laut Mikl-Leitner sei der Richtwert vier Asylwerber pro 1.000 Einwohner in einer Gemeinde. Das sei eine Größe, die die Gemeinden bewerkstelligen könnten, so die Ministerin. Kaiser sagte dazu, die Dimensionen müssten geklärt werden, das würde zu einer gewissen Entspannung führen. In Hinblick auf die Gemeinderatswahl 2015 und den wahrscheinlichen Druck durch die Bürgermeister sagte Kaiser, bei Menschen in größter Not dürfe keiner den Kopf in den Sand stecken.

Flüchtlingskonferenz Sitzung

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Ministerin besteht nicht auf Veteilerzentren

Bei einem der strittigsten Punkte zeigte sich die Ministerin kompromissbereit, nämlich, zur Entlastung der Erstaufnahmezentren Traiskirchen und Thalham in allen Bundesländern Verteilungszentren einzurichten: „In den Verteilungszentren geht es darum, sorgsam die Überstellung in Privatquartiere vorzubereiten. Wenn es ohne Verteilungszentren geht, ist mir das genauso recht."

Kaiser meinte: „Ich glaube, dass wir alle überfordert sind, bei kurzfristigen Bürgerkriegssituationen und Massenfluchten das über die Bundesländer und Gemeinden aufzufangen. Hier werden wir entsprechende Bundeseinrichtungen brauchen.“ Diskutiert wurde auch über ein humanitäres Bleiberecht für Menschen aus Syrien, die vor der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) flüchteten. Sie dürften bis Kriegsende bleiben, wie das beim Jugoslawien-Krieg in den 90er Jahren war. Das würde aber nur bei massiven Flüchtlingsströmen denkbar, so Mikl-Leitner.

„Kein Drüberfahren über Gemeinden“

Insgesamt stehen 25 Punkte auf der Tagesordnung. Im Vorfeld sagte Kaiser, dass man versuchen möchte, österreichweit einheitliche Qualitätsstandards einzurichten. Er sei für ein solidarisches Aufteilen, es dürfe aber nicht über Gemeinden und Landesverantwortliche drübergefahren werden, so Kaiser.

Arbeit für Asylwerber

Bereits am Dienstag tagten die Beamten der Landesflüchtlingsreferate in Pörtschach. Sie ließen mit der Idee aufhorchen, den Arbeitsmarkt für Asylwerber zu öffnen. Darauf könnten sich die Länder einigen, sagte Flüchtlingsbeauftragte Payer. Allerdings muss es dafür die Zustimmung der Bundesregierung geben, damit Asylwerber in Österreich Arbeit annehmen dürfen.

Man will damit dem Beispiel Deutschlands folgen. Um arbeiten zu dürfen, sollen die Flüchtlinge zumindest schon drei Monate im Bundesgebiet leben. Kärnten beherbergt derzeit 1.520 Asylwerber. Das sei weniger als mit dem Bund vereinbart, sagte die Kärntner Flüchtlingsbeauftragte Barbara Payer: „Die Maßnahme, um gegenzusteuern, sind neue Quartiere. Der Ansturm ist derzeit so, dass er mit den jetzigen Kapazitäten nicht zu bewältigen ist.“

FPÖ Kärnten gegen großzügige Aufenthaltsrechte

Der Kärntner Landesparteiobmann der FPÖ sagte nach dem Asylgipfel, die Rot-Grün-schwarze Asylpolitik sei gescheitert. Es sei ein falsches Signal, dass man versuche, „so viele Flüchtlinge wie möglich unterzubringen“, so Ragger. „In Zeiten von Rekordarbeitslosigkeit gilt es, andere Wege zu gehen, anstatt Wirtschaftsflüchtlinge der ganzen Welt aufzunehmen.“

FPÖ-Klubobmann Christian Leyroutz sagte, Flüchtlinge müssten laut EU-Verordnung in dem EU-Staat bleiben, in dem sie ankommen. Da dies nicht geschehe, „werden wir von den Flüchtlingswellen überflutet“, sagte Leyroutz und sagte, dass Österreich pro Einwohner siebenmal so viele Flüchtlinge betreue wie Italien.

Flüchtlinge in Turnsälen

In Oberösterreich werden Asylwerber zunächst in einem Turnsaal der Polizei untergebracht - mehr dazu in Asylwerber in Landespolizeidirektion (ooe.ORF.at). Einen ähnlichen Weg beschreitet das Burgenland. Die Vorbereitungen eines Turnsaals sind abgeschlossen - mehr dazu in Polizei quartiert Flüchtlinge ein (burgenland.ORF.at). In der Gemeinde Heiligenkreuz will das Land keine Asylwerber in ein ehemaliges Hotel einziehen lassen, es fehle die Widmung - mehr dazu in Keine Widmung für Asylheim (burgenland.ORF.at).

Auch an der Brennerstrecke in Tirol werden immer wieder Flüchtlinge aufgegriffen. Man wollte sie in Kasernen unterbringen, dafür gebe es aber keinen Platz, sagte der Tiroler Militärkommandant - mehr dazu in Kein Platz für Flüchtlinge in Kasernen (tirol.ORF.at). Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) bot dem Innenministerium die Martinek-Kaserne in Baden zur Unterbringung der Asylwerber an - mehr dazu in Asyl: Klug bietet Kaserne Baden an (noe.ORF.at). In Traiskirchen können keine Flüchtlinge mehr aufgenommen werden - mehr dazu in Aufnahmestopp in Traiskirchen (noe.ORF.at).

Aus Salzburg nimmt Landesrätin Martina Berthold (Grüne) an der Tagung teil. Ihre Pläne für neue Quartier sorgen seit Wochen für heftige Diskussionen - mehr dazu in Flüchtlingsgipfel in unterkühltem Klima (salzburg.ORF.at). In der Steiermark will ein bekannter Gastwirt aus seinem Gasthaus eine Flüchtlingsunterkunft machen. Hintergrund ist ein lange währender Nachbarschaftsstreit, der den Betrieb des normalen Gasthauses erschwere - mehr dazu in Nachbarschaftsstreit: Gasthof wird Asylheim (steiermark.ORF.at).

Hotel Schloss Seefels Pörtschach

ORF

Kritik am Tagungsluxusort

Für Diskussionen sorgte angesichts des ernsten Themas der luxuriöse Tagungsort. Kaiser entschuldigte sich für die Auswahl und sagte, er habe erst wenige Tag vor der Konferenz erfahren, dass das Hotel Seefels am Wörthersee Austragungsort sei. Laut Kaiser sei das „sicher ein falsches Signal“.

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