Wie in Tarcento seidene Fäden entstehen
Von außen hat sich nicht viel verändert - die alten Steinmauern der Werkshallen im Ortsteil Bulfons sehen noch fast genau so aus wie 1872, als sie erbaut wurden.
„Botto Giuseppe e Figli. Cascami seta“ ist in großen Lettern ist noch heute über dem Eingangsportal zu lesen - ein Name, der für Qualität steht. Seit 1902 wird hier Seide zu Garn gesponnen. Aber nicht nur, erzählt Fabriksleiter Sergio Antoniutti: „Es sind alles Naturmaterialien aus Wolle und Seide, die verarbeitet werden.“
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Neben Mischfasern aus Baumwolle und Leinen treten auch extradünnes Kaschmir, Seide und Mohair für den hochpreisigen Textilmarkt die Reise von Tarcento aus in die ganze Welt an, sagt Sergio Antoniutti: „Für den dünnsten Seidenfaden braucht es 300 Meter für ein Gramm und bei den dicksten Garnen 50 Meter für ein Gramm.“ Pro Tag werden an die 500, 600 Kilo erzeugt: „Das entspricht mehrfach der Strecke bis zum Mond und zurück“, sagt Sergio Antoniutti.
Sendungshinweis:
„Servus, Srečno, Ciao“, 13.4.19
Staudamm sicherte Stromversorgung
Das Werk liegt direkt am Staudamm von Crosis, am Fluss Torre, wo die Energie des Wassers aufbereitet wird und noch heute den Strombedarf der Fabrik deckt. Das Bauwerk geht auf den Erfinder Arturo Malignani (*1865, +1939) aus Udine zurück. „Er erfand auch eine Maschine, mit der das Vakuum in den ersten Glühbirnen erzeugt wurde. Das Patent trat er an Edison ab, der es dann zu Weltruhm schaffte“, erzählt Sergio Antoniutti.
Archivio Cascami
Um Werk entstand eigenes Dorf
Auch wenn Malignanis Erfindergeist dadurch eher im Verborgenen blieb gilt Udine - dank seines Zutuns - als eine der ersten Städte Italiens, wo 1889 eine elektrische Straßenbeleuchtung installiert wurde.
Um das Werksgelände in Bulfons herum entstand schon kurz nach dessen Errichtung ein eigenes Dorf mit Mitarbeiterunterkünften mit Fließwasser und Strom und einem Betriebskindergarten. Es gab ein Geschäft, eine eigene Postfiliale und eine Kirche.
Archivio Cascami
Rohstoffe stammen aus China und Indien
30 Jahre lang war Gianni Moro bei „Cascami“ als Abteilungsleiter beschäftigt. Er gerät noch heute regelrecht ins Schwärmen, wenn er von den Seidenfäden spricht: „Wie sich die Seide alleine schon anfühlt ist etwas ganz Besonderes. Keine anderes Material ist damit vergleichbar.“
Er erinnert sich noch gut daran, wie er auf Dienstreise nach China und Indien ging, um mehr über die Seidenverarbeitung zu erfahren: „Wir machten auch kleine Experimente und waren mit unseren Erfindungen Vorreiter, weil wir sehr dünne, schöne Garne erzeugen konnten.“
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Moderne Technik unterstützt Mitarbeiter
Die hohen Standards werden bis heute eingehalten. Bevor die Garne die Fabrik verlassen wird die Hauptqualitätskontrolle von erfahrenen Mitarbeitern durchgeführt. Unterstützt werden sie schon während der Fertigung durch die moderne Technik: in einer Abteilung tasten Maschinen mit speziellen Sensoren die Garne ab - erkennen auch noch so kleine Defekte und beheben diese gleich.
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Auch wenn heute viele Arbeitsschritte Maschinen erledigen sind es nach wie vor die Mitarbeiter, auf die die Firmenleitung setzt. Heute sind zu Spitzenzeiten an die 70 Personen aus der Gegend bei Cascami Seta beschäftigt - die Seienspinnerei ist somit ein wichtiger Arbeitgeber in der Region.