Muscheln: Vom Meer auf den Teller
Robi ist einer von 21 Fischern der Kooperative von Marano, die bis Ende März die Muschelsorte Capelunghe im Visier haben. Der Rechen des Bootes gräbt sich bis zu 30 Zentimeter in den sandigen Meeresboden. Wird er aus dem Wasser gezogen, bleiben die Muscheln darin hängen. Bis 2010 gab es von den Capelunghe mehr als genug - doch dann kam es plötzlich zu einem Rückgang der Muscheln. Warum - darüber rätseln die Wissenschaftler noch heute.
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Ein guter Fang - endlich
Diesmal ist Robi Zentilin mit der nächtlichen Ausbeute zufrieden: „Es waren 30 Kilogramm Capelunghe und acht bis zehn Kilo Cape di Ferro. Sie sind nicht leicht zu finden. Es braucht Erfahrung. Ich mache das schon seit 31 Jahren und ja, es ist anstrengend, in der Nacht stundenlang auf Muschelfang zu gehen. Heute hatten wir Glück, aber es gibt auch Nächte mit schlechtem Wetter und dann ist es wirklich mühsam. Bei aller Erfahrung - man muss immer aufpassen.“
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Im nahegelegenen San Giorgio di Nogaro werden 90 Prozent der Muscheln aufbereitet, die Urlauber im Sommer in Lignano, Bibione und anderen Adria-Badeorten verspeisen. „In der Lagune gibt es verschiedene Muschelarten. Am weitesten verbreitet ist die Vongolga Verace Philipina, die hier seit 1986 gezüchtet wird. Entlang der Strände von Lignano und Grado überwiegen die Capelunghe, Vongole Adriatiche und Lupini. Etwas weiter weg dann noch die Fasolari. Entlang der Küste von Triest sind die Mitili, also schwarze Muscheln, weit verbreitet“, erklärt Aurelio Zentilin.
Muscheln werden zwölf Stunden „geduscht“
Nur geschlossene Muscheln, die den strengen Qualitätskriterien entsprechen, werden weiterverarbeitet. Zuerst steht die gründliche Reinigung der Weichtiere auf dem Programm. Auch wenn sie das Bad im Meerwasser gewohnt sind - hier werden sie - je nach Gattung - mindestens zwölf Stunden lang mit klarem Wasser „geduscht“. So wird der Sand entfernt und Bakterien werden abgetötet. Dann wird erneut geprüft, ob ihre Schale intakt ist und sie werden portioniert und abgepackt.
„Vivi e vitali“ als Verzehrkriterium
Zentilin: „Das Etikett ist sozusagen die Visitenkarte des Produkts. Es zeigt neben dem Gewicht an, von wo die Muscheln stammen, ob sie aus einer Zucht stammen oder frei gefischt wurden und wann sie abgepackt wurden. Auch das Mindesthaltbarkeitsdatum ist darauf ersichtlich und unter welchen Bedingungen sie gelagert werden müssen.“ Auch nach dem Kauf müssen die Muscheln „vivi e vitali" sein - das heißt, wenn man sie berührt, müssen sie reagieren und sich schließen.“
Aurelio Zentili erklärt, dass jede Muschelart ihren eigenen Geschmack hat - so wie Fleisch und Gemüse auch: "Ich würde vorschlagen, sie nicht immer nur als „Spaghetti allo scoglio" zu essen, wo verschiedene Muschelarten zusammen mit Tomatensauce serviert werden. Wenn man jede Sorte einzeln probiert, lernt man viele neue Geschmacksrichtungen kennen.“
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Drei bis vier Minuten Kochzeit als Minimum
Je nach Rezept müssen die Muscheln immer gekocht werden - zumindest für drei, vier Minuten. Eine Regel besagt, dass Muscheln beim Kauf geschlossen sein müssen. Wenn man sie kocht, öffnen sie sich mit der Zeit. Jene Muscheln, die trotzdem geschlossen bleiben, sollten nicht verzehrt werden. Sie könnten noch Sand enthalten und nicht genießbar sein. Wenn es einmal schnell gehen muss kann man sie auch in der Mikrowelle zubereiten.
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Schon die Römer liebten Muscheln
Die Römer waren es auch, die in der Lagune von Marano die ersten Aquakulturen betrieben. Naturinteressierte Besucher können sich über eine kostenlose App und eine Internetseite über die Flora und Fauna der Umgebung, aber auch der restlichen Küstenabschnitte Friaul Julisch Venetiens informieren. Dort finden sich auch Tipps über Gastronomie und Ausflugsziele in der Region.
In Lignano Pienta, im Sommer beliebt unter Touristen aus ganz Kärnten, veranstaltet der Fischerverein „Al mare“ seit mittlerweile 33 Jahren ein Muschelfest, „la festa delle cape“.
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Muschelfest geht auf altes Brauchtum zurück
An diesem und am kommenden Wochende - nämlich am 4. und 5.3. und 11. und 12.3. ist es wieder so weit: Das Muschelfest geht über die Bühne.
Sendungshinweis:
„Servus, Srečno, Ciao“, 4.3.17
Amerigo Pozzatello, Vizepräsident des Vereins „al mare“, erklärt, dass das Fest in den 1960er und 70er Jahren seinen Ursprung hat: „Damals ließen die Fischer, wenn sie an Land zurückkehrten, an der Darsena die Leute ihre Muscheln kosten. Dieser Brauch ist dann irgendwann eingeschlafen und wir haben ihn vor 33 Jahren mit unserem Verein wieder aufgenommen.“
Kulinarische Hauptdarsteller
Dabei sind die Stabmuscheln, die „cape“, nicht nur Namensgeber, sondern auch in den Töpfen, Pfannen und auf den Tellern Hauptdarsteller - aber nicht nur, wie Christine Schramseis aufzählt: „Die Sarde in saor - das sind herausgebackene Sardinen, die mit Zwiebeln und Essig am Tag davor angerichtet werden, damit sie sich richtig ansaugen. Das ist eine leckere Speise. Dann natürlich die Vongole. Die Calamari, die kennen ja alle. Ein Fischliebhaber isst eigentlich alles.“
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Tirolerin lebt der Liebe wegen in Lignano
Christine Schramseis ist eine der zahlreichen Freiwilligen. Die gebürtige Tirolerin verschlug es vor 40 Jahren der Liebe wegen von Innsbruck nach Lignano. Mittlerweile teilt sie die Fischerleidenschaft ihres Mannes - nur eben auf ihre Art, wie sie lachend zugibt: „Wir haben ein kleines Boot und da fische ich auch - nur sonne ich mich vorher und warte, bis mein Mann etwas fängt. Und wenn er etwas fängt, dann fische ich auch. Weil sonst bringt es ja nichts - den ganzen Tag mit der Angelrute in der Hand zu warten.“
Hier kommen die Köstlichkeiten am Muschelfest sehr gelegen - nicht nur, weil es den Frühling einläutet, wie es in der Tradition der Fischer heißt.