Diskussion 100 Jahre Frauenwahlrecht - was nun

Immer noch liegen Kindererziehung, Haushalt und Pflege überwiegend an den Frauen. In der Radio Kärnten „Streitkultur“ ging es 100 Jahre nach Eintritt des Frauenwahlrechts um ein nötiges Umdenken in der Gesellschaft.

Am 16. Februar 1919, bei der Wahl zur Konstituierenden Nationalversammlung, durften Frauen in Österreich das erste Mal wählen und auch gewählt werden. 100 Jahren danach wird die Politik oder auch die Vorstandsetagen des Landes zunehmend weiblich. Für viele Frauen bedeutet das oft Familie, Haushalt und Beruf unter einen Hut zu bringen.

„Kollektivverträge erhöhen“

Auch, wenn in den vergangenen 100 Jahren Einiges in Bezug auf die Emanzipation der Frau erreicht wurde, gibt es immer noch Bereiche, in denen die Gleichstellung noch nicht Alltag ist - wie zum Beispiel bei den Gehältern. Immer noch verdienen Frauen weniger als Männer, so Jutta Brandhuber von der Gewerkschaft der Privatangestellten. Das sei einerseits der Fall, weil die Berufswahl oft noch sehr traditionell sei, aber auch die Babypause koste Frauen viel, wie auch die Teilzeit. Auch in Berufen, wo mit Menschen gearbeitet werde, finde man viele Frauen. Das müsse der Gesellschaft etwas wert sein. Wenn man diese Kollektivverträge erhöhe, würde sich der Unterschied verkleinern, so Brandhuber.

„Frauen brauchen mehr Selbstbewusstsein“

Familie, Haushalt und Beruf, Frauen sind Dreifachbelastung ausgesetzt, so Sara Schaar, Landesrätin für Frauenfragen (SPÖ): „Eine Frau wird immer vor der Herausforderung stehen, wie bekomme ich das unter einen Hut. Und da geht es auch stark um Selbstbewusstsein, wie geht man etwa in eine Gehaltsverhandlung. Da gehören die Frauen gestärkt.“

Änderungen bei Männern und Frauen nötig

Um im Berufsleben und in Gesellschaft letztendlich eine Gleichstellung von Frau und Mann zu forcieren, bedarf es laut der Geschlechterforscherin Susanne Dermutz aber auch einer Änderung der Männerrollen: „Wir haben in unserer Gesellschaft eine Ungleichheit zwischen Männern und Frauen, die sich auf vielfältigen Ebenen abbildet. Haushalt, Teilzeitarbeit, das machen die Frauen. Das ist ein Ausdruck von Geschlechterhierarchie. Und hier muss man bei beiden Geschlechtern ansetzen.“ Es nutze nichts, wenn man Frauen die Technik schmackhaft machen, wenn man nicht Männer in typische Frauenberufe bringe.

Ähnlich sieht es auch Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle. Die Männer stehen ja auch unter enormem Druck und leiden darunter. Gleichstellung wäre dann erreicht, wenn Männer erkennen, wie armselig ihr Leben sei, wie einseitig, wenn sie nicht bei der Familie dabei sind und etwa nicht am Großwerden der Kinder teilhaben.

Negative Reaktionen aus Umfeld

Dass so etwas funktionieren kann zeigt das Beispiel von Wirtschaftskammervizepräsidentin Carmen Goby. Die Mutter zweier Kinder und ihr Mann lebten beide Modelle: „Bei der großen Tochter war ich voll in Karenz, beim zweiten Kind haben wir beide die Erwerbstätigkeit zurückgefahren und das Kind erzogen. Was mich erstaunt hat, war die Reaktion aus dem Umfeld, vor allem gegenüber meinem Mann. Wieso er das zulasse, wieso er den Haushalt macht.“ Nach wie vor scheinen also in der Gesellschaft bestimmte Geschlechterrollen und Klischees tief verankert. Diese aufzubrechen sahen alle Diskutantinnen als Ziel.