„Aufgezeigt“: Witwe sitzt auf Schuldenberg

Silvia Baumegger aus St. Egyden ist seit dem Sommer Witwe, ihr Mann ist bei einer Seeüberquerung ertrunken. Nun sitzt sie auf einem riesigen Schuldenberg wegen eines Hauskredits ohne Risikoversicherung. „Aufgezeigt“ schaute sich den Fall an.

Das Ehepaar Baumegger nahm für das gemeinsame Haus vor 20 Jahren einen Schweizer Franken-Kredit auf, allerdings ohne Risikoversicherung. Mit knapp 60 Jahren sitzt Silvia Baumegger daher alleine auf einem Schuldenberg von 94.000 Euro.

Aufgezeigt Kredit Schulden Risikoversicherung

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Das Haus war der Traum von Franz Baumegger

Haus war Traum des Ehemannes

Um das Finanzielle kümmerte sich immer Franz Baumegger. Nach seinem Tod erfuhr seine Witwe wie hoch die Restschulden noch waren, ein Schock, wie sie sagte. Denn die Raten werden seit 20 Jahren zurückgezahlt. Doch vor allem beim Frankenkredit habe sich offenbar nicht viel getan, sagte sie. Sie habe immer mitunterschrieben, die Kredite seien wegen laufender Renovierungen von Heizung bis hin zum Carport immer wieder aufgestockt worden. „Es war sein Lebenstraum und ich wollte ihm nicht im Weg stehen.“ Sie hänge nicht so sehr am Haus, nun sei es ihr ohnehin zu groß und die Erinnerungen belasten Silvia Baumegger. Beide Kinder leben in der Schweiz und verzichteten auf das Erbe.

Aufgezeigt Kredit Schulden Risikoversicherung

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Silvia Baumegger wird das Haus verkaufen

Man habe immer brav gezahlt, aber es sei nicht wesentlich weniger geworden, so Silvia Baumegger. Gudrun Maria Leb von der „Aufgezeigt“-Redaktion fiel auf, dass es sich um einen Abstattungskredit handelt, die Gesamtschuld müsste also eigentlich bei jeder Ratenzahlung geringer werden.

Aufgezeigt Kreditberg Witwe Mario Drussnitzer AK

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Maria Drussnitzer, Arbeiterkammer

AK: Fehlende Versicherung nicht nachvollziehbar

Mario Drussnitzer vom AK-Konsumentenschutz sagte dazu, es gebe einen Vertrag von 1998, wo eine monatliche Tilgung als vereinbart gelte. Einen weiteren Vertrag gebe es aus dem Jahr 2012 mit monatlicher Ratenzahlung. Für ihn sei nicht nachvollziehbar, warum für einen langen Zeitpunkt kein Geldfluss auf den Kredit stattgefunden habe. Man bräuchte alle Kontoauszüge und einen Auszug des Verrechnungskontos, so Drussnitzer. Nur dann könne man alle Schritte nachvollziehen.

Die fehlende Risikoversicherung sei von Bank und Kreditnehmerseite her aber nicht nachvollziehbar. „Man geht so ein hohes Risiko ein, wenn man einen unbesicherten Kredit abschließt. Man muss sich das so vorstellen, beide tragen mit ihrem Lohn zur Rückzahlung bei. Dann fällt einer weg, weil einer verstirbt, und ein Gehalt reicht nicht mehr aus.“

Aufgezeigt Kreditberg Witwe Walter Frühauf

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Walter Frühauf, Raika

„Passiert sehr oft“

Die Risikoversicherung würde die Schuld des Verstorbenen abdecken. Da es keine gebe, könnte der Kredit fällig gestellt werden, so Drussnitzer: „Das heißt, ab dem Zeitpunkt der Fälligstellung ist der gesamt noch offene Betrag sofort zu bezahlen." Auch fünf Prozent Verzugszinsen wären dann noch fällig. Damit steigt die Gesamtschuld ständig, weiß Drussnitzer aus der Beratungspraxis. Wenn man sich die Raten dann nicht mehr leisten könne, müsse die Liegenschaft verkauft werden und viele Schuldner würden dann in den Privatkonkurs schlittern. „Das passiert sehr oft.“

Bank wird Unterlagen prüfen

Die Raiffeisen Bank Velden reagierte überrascht, aber sehr bemüht auf die Anfrage der „Aufgezeigt“-Redaktion. Vorstandsdirektor Walter Frühauf sicherte sofort zu, die Witwe zu unterstützen. Franz Baumegger war Lkw-Fahrer, seine Frau Kellnerin, deshalb habe man ihm seinerseits sehr wohl eine Risikoversicherung empfohlen: „Dieser Kredit ist nicht durch eine Risikoversicherung abgesichert, weil der Antrag von der Versicherung abgelehnt wurde, aus gesundheitlichen Gründen.“ Dann sei die Entscheidung gefallen, den Kunden trotzdem zu unterstützen. Das Ehepaar habe genug verdient. Es habe mehrere Kredite gegeben, einer wurde schon zurückgezahlt. Der jetzt noch offene sei mehrfach aufgestockt worden.

Unterstützung beim Hausverkauf

Warum so lange nicht getilgt worden sei, musste die Raiffeisenbank Velden erst nachvollziehen. Vier Konten mussten bis ins Jahr 1998 zurück überprüft werden. Inzwischen übermittelte die Bank der Aufgezeigt-Redaktion aber schlüssige Unterlagen. Demnach hatte das Ehepaar Baumegger zuerst einen kleineren Kredit getilgt, der vorrangig war. Erst danach wurde der Schweizer Franken Kredit bedient. Die Raiffeisenbank betonte, man wolle eine gute Lösung für die Witwe finden. Sie habe bereits mitgeteilt, die Liegenschaft verkaufen zu wollen. Dabei werde man sie gerne unterstützen, mit einem Makler, der den Hausverkauf kostenlos für sie abwickle, so Frühauf. Man werde sie auch bei Maklerterminen begleiten, sofern sie das wünsche. Sie müsse in der Zwischenzeit den Kredit nicht mehr bedienen, nur die Zinsen seien zu zahlen. Erst, wenn das Haus verkauft ist, werde der Kredit zurückgezahlt, so der Vorstandsdirektor.