„Aufgezeigt“: Mieter ohne Rechte?
Beim ersten Besuch des ORF mit Kamera in Micheldorf war deutlich zu sehen, was die Mieter so ärgert. Brusthoch steht der Schimmel an den Stiegenhauswänden, im Keller steht Wasser, die Fenster sind verwittert. Die Mieter beschweren sich immer wieder, aber die Genossenschaft tut nichts, es sei kein Geld da, lautete die Rechtfertigung. Erst nach der Konfrontation mit Aussagen eines Sachverständigen und des Mieterschutzverbandes will die Genossenschaft über eine Generalsanierung sprechen.
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Mieter: Wassereinbruch seit zehn Jahren
Die Mieter in Micheldorf beschwerten sich immer wieder bei der Vorstädtischen Kleinsiedlung. Drei Häuser sind betroffen, am schlimmsten das mittlere, sagte Langzeit-Mieter Helmut Schusser: „Da ist immer Wasser drinnen, wenn es regnet und gerichtet ist nie etwas worden. Das geht sicher schon zehn Jahre. Dann werden, so wie jetzt, Geräte aufgestellt, aber die leert niemand aus und dann läuft das Wasser wieder über. Es gibt Schimmel, die Fenster und die Balkontüren sind undicht. zahlen dürfen wir, aber gemacht wird nichts.“
Eine kürzlich erfolgte Teilsanierung im Auftrag der Genossenschaft besänftigt die Mieter nicht. Schusser dazu: „Da haben sie einen Pfusch gemacht, das kostet einen Haufen Geld und bringt nichts, da hätten sie sauber aufgraben müssen.“ Auch Mieter Christoph Sonnberger bekräftigt, dass die Fenster beschädigt seien. Außerdem sei der Boiler uralt und koste viel Strom, es gebe Schimmel und viel Feuchtigkeit.
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Mieter fühlen sich im Stich gelassen
Die Mieter haben sich immer wieder beschwert und immer dieselbe Antwort der Genossenschaft bekommen. Schusser: "Wenn man fragt, dann heißt es, es ist kein Geld da. Ja wo ist denn dieses Geld, das wir gezahlt haben. Das ist eine Frechheit. Sonnberger: „Man fühlt sich einfach im Stich gelassen.“ So sehen das die Mieter. Die Genossenschaft ist sich keiner Schuld bewusst und verweist darauf, dass in Micheldorf sehr geringe Erhaltungsbeiträge kassiert würden und daher tatsächlich wenig Rücklagen vorhanden sind.
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Sachverständiger: Eindeutige Baufehler
Die Vorstädtischen Kleinsiedlung hat zwar zeitgleich mit unseren Recherchen eine Teilsanierung begonnen. Diese Sanierung kommt aber - laut Mieterschutz - viel zu spät. Trotz Teilsanierung braucht unser Aufgezeigt-Bausachverständiger Gerhard Hirm keine zehn Minuten um das Grundübel zu erkennen.
Es gibt keine Ableitung der Oberflächenabwässer im Außenbereich und keine Abdichtung im Schwellenbereich: „Wenn im Außenbereich zur Bodenplatte keine Abdichtung vorhanden ist, dann kommt das Wasser beim Eingang nach Innen hinein und durchfeuchtet das Mauerwerk, was über kurz oder lang zu Schimmelbildung führt, das ist klar. Das sind eindeutige Baufehler.“ Für solche versteckten Mängel haftet die Baufirma 30 Jahre lang, auch finanziell, die Mieter müssten also gar nichts für die Sanierung bezahlen und auch die Genossenschaft nicht. Und deshalb verwundert uns, dass die Genossenschaft die Schäden nicht beheben ließ.
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Mieterschutz: Schäden sofort sanieren
Jasmin Klösch-Bergthaler, die Leiterin des Mieterschutzverband in Kärnten sagte, das Gesamturteil sei „eher vernichtend“ für die Genossenschaft. „Die Genossenschaft hätte die Fenster, den Wassereintritt und den Schimmel sofort sanieren müssen, weil es sich um einen ernsten Schaden des Hauses handelt und diese Schäden könnten unter Umständen auch gesundheitsgefährdend für die Mieter sein.“
Genossenschaft weist Vorwürfe zurück
Der Vorstandsdirektor der Genossenschaft, der vorstädtischen Kleinsiedlung, Günther Kostan wies Vorwürfe, die Schäden nicht behoben zu haben, zurück: „Dass wir 20 Jahre nichts gemacht hätten ist komplett falsch. Wir haben früher keine Schäden gehabt, außer wenn es Unwetter gab, wie im Jahr 2008, da waren Einlaufschächte beim Dachabfluss verstopft. Da hat es Probleme gegeben, aber die sind saniert worden.“ Zum Vorwurf, es gebe seit Jahren Probleme mit Schimmel, sagte Kostan: „Damals, als die Einlaufschächte repariert worden sind, da war kein Schimmel. Mir ist nicht bekannt, dass da schon zehn Jahre vorher Schimmel war. Das ist sicher nicht richtig.“
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Genossenschaft: Mangel jetzt entdeckt
Vorstandsdirektor Kostan sagte, seit dem Bau der Wohnanlagen in Micheldorf sei vieles gerichtet worden, immer auf der Suche nach der Ursache für das Wasser im Haus. „Wir haben immer alles saniert, nur die Eingangsplatte nicht. Bei der Eingangsplatte sind wir draufgekommen, dass die Baufirma das damals direkt an das Eingangspodest angeschlossen hat, ohne vorher eine Feuchtigkeitsisolierung aufzubringen.“ So hat also die Genossenschaft neun Jahre gebraucht, um jenen Fehler zu finden, den unser Bausachverständiger in zehn Minuten gefunden hat.
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Desolate Fenster werden saniert
Den Zustand der Fenster will Kostan nicht als „desolat“ bezeichnen. „Es gibt Bauleute, die sind froh, wenn die Fenster ein bisserl ziehen, weil es dann keinen Schimmel in der Wohnung gibt. Heutzutage sind alle Wohnungen so fest abgeschlossen und dicht, dass man schon eine kontrollierte Wohnraumlüftung einbauen muss, damit man wieder einen Luftwechsel hat, weil die Leute zu wenig lüften. Die Fenster muss ich mir anschauen, das ist mir neu. Und wenn die desolat sind, dann werden die natürlich auch saniert.“
Sendungshinweis:
„Aufgezeigt“, 10.10.2017
Das „Aufgezeigt“-Team interessierte aber noch, wer für die Teilsanierung wegen des Baufehlers bezahlen muss. Kostan: „Wenn die Rechnung da ist, wird natürlich sofort die Firma eruiert und zur Verantwortung gezogen. Wenn - angenommen - diese Firma nicht mehr existiert, dann muss der Hauseigentümer das bezahlen.“ Die Genossenschaft wird jetzt die Baufirma in die Pflicht nehmen und mit den Bewohnern über eine Generalsanierung sprechen. Für manche Mieter kommt das freilich zu spät. Schusser: „Ich ziehe aus. Das ist alles feucht. 20 Jahre wurde da nichts gemacht.“