„Aufgezeigt“: Aufregung um Wassergebühr

Rund 86 Euro zahlen die Bürger der Gemeinde St. Urban jährlich an Bereitstellungsgebühr für die Gemeindewasserleitung - unabhängig davon, wie viel Wasser sie verbrauchen und ob das Wasser überhaupt fließt. Denn es kommt immer wieder zu Ausfällen.

„Erst wenn es einmal kein Wasser gibt, merkt man, wie sehr man es braucht“, räumt Häsi Rainer im Interview mit „Aufgezeigt“-Redakteurin Gudrun Maria Leb ein. Der Tour-de-Franz-Erfinder lebt Sommer wie Winter in seinem Haus auf der Simonhöhe. Dort müsse man allerdings immer wieder damit rechnen, dass es kein Wasser gebe. Zumindest einmal im Monat sei das der Fall. Rainer ist nicht der einzige Betroffene. 149 Appartements gibt es auf der Simonhöhe, die nur zum Teil ganzjährig bewohnt sind, sowie einige Almhüttenbesitzer.

Zahlungsverweigerung aus Protest

Laut Auskunft von Gemeindebediensteten seien die Rohre so alt, dass das Problem noch schlimmer werden würde, befürchtet Rainer. Die Wasserversorgung werde in den nächsten Jahren saniert. Obwohl die Gemeinde dazu verpflichtet sei, gebe es in Situationen, wo kein Wasser fließt, aber keine Ersatz-Wasserversorgung, so Häsi. Auch Informationen über geplante Schritte würden im Ernstfall nur spärlich weitergegeben, kritisiert er: „Ersatzweise ist auch nie Wasser geliefert worden.“

Laut Gesetz muss eine Gemeinde rund um die Uhr Wasser liefern, wenn sie eine Bereitstellungsgebühr kassiert, bestätigt die Gemeindeaufsicht des Landes, notfalls etwa mit Hilfe der Feuerwehr. Häsi Rainer will jetzt die Bereitstellungsgebühr für die drei Monate mit Rohrbrüchen nicht bezahlen. Ihm gehe es nicht um die paar Euro, sondern darum, als Bürger von der Gemeinde ernst genommen zu werden.

Gemeinde: Stundung nur bei dauerhaftem Ausfall

Der Bürgermeister von St. Urban, Dietmar Rauter (FPÖ), bestätigt, dass es alleine heuer drei Rohrbrüche gegeben habe. Die Gemeindewasserversorgung werde schrittweise saniert, bestätigt auch die Wasserrechtsbehörde des Landes. St. Urban habe enormen Sanierungsbedarf. 2016 erhöhte der Gemeinderat die Gebühren für Wasser kräftig. Der Verbrauch ist jetzt pro Kubik doppelt so teuer wie vor zwei Jahren, die Bereitstellung um sechs Prozent teurer. Laut Rauter werden 1,8 Millionen Euro in die neue Trinkwasserversorgungsanlage investiert.

Im Fall Häsi Rainer verweist der Bürgermeister auf einen E-Mail-Verkehr zwischen Rainer und der derzeitigen Amtsleiterin. Darin sei auf die technischen Defekte und die Suche nach einer Lösung hingewiesen worden. Der von Rainer geforderte Erlass der Bereitstellungsgebühr sei laut Auskunft des Bürgermeisters nur möglich, wenn das Problem dauer- bzw. langfristig bestehe, was aber nicht der Fall sei.

Eine Gebühr ist keine Steuer, sondern erfordert von der Gemeinde, dass sie eine Gegenleistung erbringen muss. Sie muss also Wasser bereitstellen, 24 Stunden lang. Vielleicht verrechnen deshalb 50 Kärntner Gemeinden überhaupt keine Bereitstellungsgebühr. In Tourismusgemeinden, wo es Hotellerie gebe, sei es aber nicht unüblich, diese Gebühr einzuheben, sagt Rauter. Kommt es zu längeren Engpässen bei der Wasserversorgung, müsse auch in der Gemeinde St. Urban Wasser und vor allem Trinkwasser zur Verfügung gestellt werden.

Preisdifferenzen bis zu hundert Prozent

Manfred Mertl von der Gemeindeaufsicht des Landes sagt, dass die Landesgesetzgebung im Gemeindewasser-Versorgungsgesetz ermöglicht habe, dass die Gemeinden - aufgrund ihrer Autonomie - selbst die Regelungen treffen können, wie in ihrer Gemeinde die Wasserkosten umlegen. 64 Kärntner Gemeinden, darunter St. Urban, berechnen Wasserbereitstellungsgebühren für das Netz, 50 Gemeinden berechnen diese Gebühr nicht.

Mertl sagt, es gebe die Möglichkeit, eine Bereitstellungsgebühr und eine Wasserbezugsgebühr zu verrechnen oder die Kosten der Bereitstellung in die Wasserbezugsgebühr einzurechnen. Das erklärt, warum ein Kubikmeter Wasser in Feldkirchen mehr als drei Euro kostet - da ist die Bereitstellungsgebühr mit eingerechnet. Es erklärt aber nicht, warum man in Feistritz im Gailtal pro Kubik nur 24 Cent zahlt, also einen Bruchteil davon und überhaupt keine Bereitstellungsgebühr. Im Vergleich der Gemeinden gibt es Unterschiede von mehreren hundert Prozent. Der Grund dafür ist die Gemeindeautonomie. Das gilt auch für die Berechnung der Gebühren, so Manfred Mertl.

Sendungshinweis:

Radio Kärnten Aufgezeigt, 27.6.2017

„Grundsätzlich darf nach dem Kärntner Gemeindewasser-Versorgungsgesetz der Wasserbezug nur nach dem Wasserzählerstand verrechnet werden, also die Anzahl der Kubikmeter, die tatsächlich geflossen sind. Auf der anderen Seite gibt es die Möglichkeit bei der Bereitstellungsgebühr variabel zu sein“, so Mertl. Man könne das Grundstück als Bewertungsmaßstab nehmen: „Es gibt Bewertungseinheiten, wo die Gebäudeflächen berechnet werden. Hier spricht der Gemeinderat dann Klartext.“

Land: Gemeinden handeln autonom

Bis zu 50 Prozent der Wasserkosten können und dürfen über diese Bereitstellungsgebühren hereingebracht werden. Ursprünglich führte man die Gebühr für Touismusgebiete und Zweitwohnsitzgemeinden ein, um die einheimische Bevölkerung zu entlasten.

St. Urban zählt mit 86 Euro pro Bewertungseinheit und Jahr zu den teuren Gemeinden, aber es geht noch viel hochpreisiger. Jede Gemeinde kann beschließen, wieviel ihr Wasser kostet und wie es verrechnet wird. Obergrenzen gibt es nicht im Gesetz und Kontrolle auch nicht, weil die Gemeinden autonom sind.