Jonke-Preisträger übt Kritik an Kurz&Co

Der fünfte Gert-Jonke-Preisträger heißt Ewald Palmetshofer. Dessen Dankesrede war eine sprachmächtige wie auch kritische Auseinandersetzung mit der heimischen Politik und dem „regierenden politischen Sprech“.

Der Linzer Dramatiker hat den mit 15.000 Euro dotierten Preis Sonntagabend im Klagenfurter Konzerthaus verliehen bekommen. Welcher der fünf nominierten österreichischen Dramatiker ausgezeichnet wird, war bis zur Preisvergabe geheim gehalten worden.

Preisverleihung Gert Jonke

StadtPresse/Fritz

„Der politische Sprech will uns einsperren“

In seiner Dankesrede sagte Palmetshofer: "Er, der politische Sprech, will uns einsperren – und zwar alle, wo wir sind. In unseren Klassen, Geschlechts- und Herkunftszusammenhängen, in unserer Bildungsferne festhalten, in unserer Zukunftsangst, in unseren Hautfarben, Religionen, in unseren Deutschkenntnissen, in unserer sozialen Immobilität, in unserem angeblichen Früh- oder Spätaufstehertum.“

Öffentliche Positionierung sei nötig

Standing Ovations und höchst emotionale Bravo-Rufe waren die Reaktion auf Ewald Palmetshofers Rede. Die Politik und ihr „Sprech“ mache es eben nötig, öffentlich Position zu beziehen, so der 1978 in Linz geborene Dramatiker.

„Es ist nicht nur die Sprache: Mit der Sprache passiert ja auch etwas. Dieses Sprechen handelt ja auch und verändert Wirklichkeiten, bzw. erlässt Gesetze. Eine Angst ist, dass unsere Welt nicht mehr durchlässig wird und das habe ich versucht zu sagen. Da geht es einerseits darum, dass unsere Welt geografisch nicht mehr durchlässig ist, andererseits unsere Welt oder Gesellschaft sozial immer weniger durchlässig wird.“

Bekannt ist Ewald Palmetshofer für seine sozialkritischen wie auch unterhaltsamen Theaterstücke und eine hochkomplexe Kunstsprache, deren Musikalität an Gert Jonke erinnert. Palmetshofers Bearbeitung von Gerhard Hauptmanns Drama „Vor Sonnenaufgang“ ist ja in Kärnten gerade am Stadttheater Klagenfurt zu sehen. Den Gert Jonke Preis zu erhalten, sei für ihn eine Art Erinnerungs-Ermahnung, nicht auf die Sprache zu vergessen.

Herkunft dürfe „kein lebenslängliches Urteil“ sein

Palmetshofer: „Lassen sie uns ein politisches Sprechen fordern, das Welt öffnet. Das Chancen mehrt, das Bildung anbietet und ermöglicht – vom Kind zum Greis. Das Herausführt, aus Entfremdung, Scham und Prekariatat. Das dafür einsteht, dass Herkunft und Klassenursprung kein Verdikt, kein lebenslängliches Urteil sind.“

Vergeben wird der Gert-Jonke-Preis alle zwei Jahre vom Land Kärnten und der Stadt Klagenfurt in Kooperation mit der Gert-Jonke Gesellschaft - alternierend in den Sparten Prosa, Dramatik und Lyrik.

Laudatorin zog Parallelen zu Jonke

Die dreiköpfige Jury war heuer mit „Profil“- und „Süddeutsche“-Journalistin Karin Cerny, Universitätsprofessorin Pia Janke und Bettina Hering, der Schauspieldirektorin der Salzburger Festspiele, besetzt. Von den fünf Nominierten habe man sich rasch und einhellig auf den Preisträger Palmetshofer einigen können, so Hering. Als Laudatorin des Abends zog sie dann auch Parallelen zwischen beiden Schriftstellern. „Das verbindet die beiden Schriftsteller-Persönlichkeiten: der Hintergrund ist der ganz große Klang, die dringliche Bitte, das kopfschüttelnde Flehen, das grundsätzliche, existenzielle Befragen.“

Im Zeichen der Vögel

Ewald Palmetshofer steht als Gert Jonke Preisträger des Jahres 2019 in einer Reihe mit Alois Hotschnig, Julian Schutting und dem zuletzt ausgezeichneten Paul Nizon. In diesem Jahr jährt sich der Todestag des Kärntner Schriftstellers Gert Jonke zum zehnten Mal. Das künstlerische Festprogramm zum Gert-Jonke-Preis 2019 stand im Zeichen der Vögel, mit welchen sich Gert Jonke stark identifiziert hat, insbesondere in dem Stück „Die Vögel“. Nadine Zeintl und Oliver Vollmann begeisterten mit ihrer schauspielerischen Interpretation von Jonke- und Palmetshofer-Texten.

Im Rahmen der Preisverleihung interpretierte der elfjährige Pianist Elias Keller Stücke von Ludwig van Beethoven und Olivier Messiaen, darunter den „Catalogue d’Oiseaux“ (Katalog der Vögel).

„Birdbox“ vor dem Musilhaus

Im Vorfeld der Preisverleihung wurde vor dem Robert-Musil-Literaturmuseum die Ausstellung „WARTEN AUF VÖGEL XI & Installation „Birdbox and reading 3038“ von Josef Bernhardt eröffnet, der seit vielen Jahren den Umgang der Menschen mit der Natur thematisiert. Er hat die Ausstellung eigens für den Gert-Jonke-Preis 2019 konzipiert. Vor dem Literaturmuseum wurde ein roter, begehbarer Nistkasten aufgestellt, der bis August 2019 zu sehen ist. In seinem Inneren lädt eine kleine Bibliothek zur Auseinandersetzung mit dem Thema Natur ein. Durch Einfluglöcher können kleinere Vögel in den Nistkasten gelangen und im Idealfall gemeinsam mit den menschlichen Besuchern verweilen. Im Museum werden portable Nistkästen und Wandarbeiten des Künstlers gezeigt.