CS: Wassermusik bei Eröffnung

In Ossiach ist am Samstagabend der diesjährige Carinthische Sommer - mit einer Uraufführung der Carinthischen Wassermusik - eröffnet worden. Bis Ende August sind mehr als 40 Veranstaltungen zwischen Klassik, Jazz und Crossover geplant.

Klar Postion bezog die Schriftstellerin Julya Rabinowich bei ihrer Eröffnungsrede. Sie trug den Titel „Undine und Phönix“ und beschäftigte sich mit der Freiheit der Kunst: „Unsere Zeit meine Damen und Herren ist mittlerweile leider ja erschreckenderweise geprägt von weltweit wiederholten Versuchen, diese Freiheit der Kunst wieder einzuschränken. Das darf und das kann man sich nicht gefallen lassen.“ Die Freiheit der Kunst sei ein „Lackmustest“ für den Zustand der Gesellschaft. (Anm. d. Red: Dieser Begriff bezeichnet in der Chemie deb Test des pH-Werts einer Substanz mit Hilfe des Farbstoffs Lackmus. Außerhalb der Chemie wird das Wort auch zur Definition von Ausschlusskriterien oder zur Begründung von Richtungsentscheidungen verwendet.)

Carinthischer Sommer Eröffnung 2018

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Julya Rabinowich bei ihrer Eröffnungsrede

Spiegel symbolhaft für Zeitgeschehen

Musik und Kunst seien ein Spiegel unserer Zeit, betonte auch Intendant Holger Bleck in seiner Eröffnungsrede und spielte damit auf „wia a Spiagl“ das programmatische Motto des Festivals an. „wia a Spiagl“ zitiert ein sehr bekanntes Kärntnerlied. Dieses Lied inspirierte Manuela Kerer zu ihrer Wassermusik-Komposition, die am Samstag uraufgeführt wurde. Zeitgenössische Musik trifft dabei auf Volksmusik, Elektronik auf Blechbläser und Chor.

Carinthischer Sommer Eröffnung 2018

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Die gebürtige Südtirolerin wuchs mit Volksmusik auf. Für sie sind Kärntnerlieder wunderschön. Manuela Kerer liegt viel daran klarzustellen, dass man es keiner politischen Richtung überlassen dürfe, die - ihrer Meinung nach den Heimatbegriff auf ganz falsche Weise verwenden: „Ich bin überzeugt davon, dass sich diese Art der Musik zusammen mit meiner Musik zu etwas Tollem entwickeln kann und dass sich die zwei Richtungen gegenseitig bereichern.“

Als wetterfest und geduldig erwiesen sich Publikum und Akteure beim regenbedingten Warten auf die „Wassermusik“-Inszenierung im und um das Stift Ossiach. Zum zweiten Mal nach 2016 setzte der Intendant auf eine Auftragskomposition, die bei freiem Eintritt am Seeufer auf den Carinthischen Sommer einstimmen sollte.

Carinthischer Sommer Eröffnung 2018

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Manuela Kerer (Mitte) zieht nach der Eröffnung vor dem Publikum den Hut.

Publikum im Zentrum der Inszenierung

Mit Blaulicht und Sirene wurde das Publikum in einen Kreis aus Spiegeln gebeten, die hintersinnig und scheinbar zusammenhanglos mit Stichworten wie „grenzenlos“, „Chaos“ oder „to whom“ neugierig machten. Unter die Besucher mischten sich da und dort Menschen mit Hut und Stimmgabel, Bläserformationen nahmen Aufstellung und Dirigent Klaus Kuchling rief: „Gleich geht’s los mit dem ultimativen Klang!“

Die Menschen mit Hut entpuppten sich als Sänger, die Textzeilen aus Kärntnerliedern sangen, begleitet und verfremdet durch die Schwingungen von Blechplatten, die wie singende Sägen eine Art mystische Unterwasser-Stimmung erzeugten. Grell wie die Scheinwerfer des Schiffes, das anlegte, war dazu der klangliche Kontrast von lautem Elektronik-Sound aus Lautsprechern. Als die Blechbläser auf der Uferwiese einstimmten, war die scheinbare Kakophonie zu einer stimmigen Klangwolke angeschwollen, zu der die Feuerwehrleute mit ihren angeknipsten Stirnlampen Habt-acht standen.

Carinthischer Sommer Eröffnung 2018

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Als Intendant Holger Bleck die Trommel schlagend voran ging und die Menschen mit Hut Schilder mit Aufforderungen wie „Kummt’s mit“ oder „Follow me“ in die Höhe hielten, setzte sich der Besucherstrom in Bewegung Richtung Innenhof des Stiftes. Dort warteten schon Dirigent und Bläserformationen, die mit den Chören zum Finale das Kärntnerlied „Uman See sing i ume“ auf Deutsch und Slowenisch erklingen ließen - begleitet von Lichtprojektionen auf die Innenwände des Stiftshofes.

Exakt 27,08 Minuten dauerte die stimmungsvolle und stimmige Inszenierung, wie eine Digitalanzeige im Hof mitzählte. Auf die Sekunde genau durchgetaktet war auch die Komposition Manuela Kerers, die mit ihrer „Wassermusik“ eine harmonische Brücke zwischen Volksmusik und Elektro-Klang, zwischen Deutsch und Slowenisch schlug.

Carinthischer Sommer Intendant Holger Bleck

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CS-Intendant Holger Bleck

Bleck will überraschen

Mehr als 40 Veranstaltungen finden bis 26. August an verschiedensten Standorten in Kärnten statt. Die Bandbreite reicht von La Venexiana - Monteverdi meets Jazz, dem MIAGI Youth Orchestra aus Südafrika, der Berliner Singer-Songwriterin Balbina, dem Starpianisten Rudolf Buchbinder, den Wiener Sängerknaben, bis hin zur Reihe „CS unterwegs“. Das „Blechreiz Brassquintett“ ist in ganz Kärnten aber auch in Italien und Slowenien als Botschafter des Festivals unterwegs.

Holger Bleck setzt mit seinem dritten Festivalprogamm wieder auf mehr Vielfalt und weniger auf große klassische Konzerte oder berühmte Namen: „Ich würde sagen, dass das Publikum sich auf eine spannende programmatische Tal- und Bergfahrt gefasst machen kann. Das ist eben auch eine Erwartung: dass ich überrascht werde. Was gibt es schöneres, als überrascht zu werden.“

Carinthischer Sommer Eröffnung 2018

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Fassade des Stiftes Ossiach mit Lichteffekten während der Eröffnung

Kritik an Subventionskürzung

Rund 1,6 Millionen Euro beträgt das Budget des Carinthischen Sommers derzeit. Unter dem früheren Kulturreferenten Christian Benger (ÖVP) musste Holger Bleck zuletzt eine weitere Kürzung der Subventionen des Landes Kärnten um 20.000 Euro hinnehmen. Waren es 2011 noch rund 480.000 Euro, sind es heute 100.000 Euro weniger.

Sparen bei Kunst und Kultur vergleicht Bleck mit dem Sparen bei Grundnahrungsmitteln. Der Intendant des Carinthischen Sommers wünscht sich vom neuen Landeskulturreferenten Peter Kaiser (SPÖ) nicht nur endlich ein kulturelles Leitbild für Kärnten. Es müsse auch darüber nachgedacht werden, welchen Stellenwert Kunst und Kultur in Kärnten einnehme. „Kärnten ist meiner Meinung nach nicht nur schöne Landschaft, Berge, Seen, Sport und Radfahren, sondern ich glaube, dass die Kultur dort ein ganz wichtiger Faktor für das Seelenheil des Menschen, aber auch für den Tourismus ist.“ Derzeit laufen Gespräche mit Kaiser, der als Landeshauptmann die Kultur zur Chefsache erklärte.

Carinthischer Sommer Eröffnung 2018

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LH Peter Kaiser

Kaiser: Kultur als Spiegel der Gesellschaft

Er betonte, Kunst und Kultur hätten im Sinne des Spiegels die Aufgabe, zu jeder Zeit und jeder Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten. Der Carinthische Sommer trage zur kulturellen Identität und kulturellen Innovation Kärntens bei. Als Kulturreferent mache es ihn stolz, Aufbrüche zu sehen. Denn sich zu öffnen sei positiv, so Kaiser. Doch es werfe auch die Frage auf, ob sich Kultur in Kärnten nur auf den Sommer reduzieren müsse oder man über die vier Jahreszeiten im vivaldischen Sinn zu mehr Vielfalt komme. „Lassen wir Kärnten darüber nachdenken“, appellierte der Landeshauptmann. Für ihn sei Kunst und Kultur allgegenwärtig und es dürfe keinerlei Einschränkung in diesen Bereichen geben.

50. Jubiläum soll gebührend gefeiert werden

Bei einer ausreichenden Finanzierung kann sich Holger Bleck durchaus vorstellen, dass aus dem Carinthischen Sommer ein Ganzjahresfestival wird.

Derzeit geht es um mehrjährige Förderungen und mehr Mittel für den 50. Carinthischen Sommer, der im nächsten Jahr gebührend gefeiert werden soll. Kaiser sagte, man werde in einem vernünftigen gemeinsamen Planung schauen, dass das 50. Jubiläumsjahr des Carinthischen Sommers zu einem werde, „das einmal mehr eine große Signalwirkung in die kulturelle Internationalität“ bringe: „Ein Flaggschiff wie der Carinthische Sommer hat auch seinen internationalen Stellenwert.“

Carinthischer Sommer Eröffnung 2018

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Carinthischer Sommer Eröffnung 2018

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Eröffnungspublikum

Ihre Unterstützung sagten bei der Eröffnung auch der Ossiacher Bürgermeister Johann Huber, Peter Stauber, der Bürgermeister von St. Andrä und Landtagspräsident Reinhard Rohr für die Stadt Villach zu.

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