Onkologen: Immer noch rauchen zuviele

In Kärnten erkranken jedes Jahr rund 3.200 Menschen an Krebs. Anlässlich des Weltkrebstages wurde aber auch darauf hingewiesen, dass in Kärnten mit 30 Prozent so viele junge Menschen rauchen, wie sonst nirgends in der EU.

Spitzenmediziner im Klinikum Klagenfurt sprachen sich am Donnerstag deutlich für das viel diskutierte Rauchverbot in der Gastronomie aus. Es sei wissenschaftlich erwiesen, dass Zigarettenrauch am häufigsten zu einer Krebserkrankung führt. Die Sterblichkeitsrate bei Krebs habe sich in den vergangenen Jahren merklich nach unten setzen lassen, vor allem bei Männern, sagt Wolfgang Eisterer, Vorstand der Abteilung für Innere Medizin und Onkologie im Klinikum Klagenfurt.

Er führt das auf neue Behandlungskonzepte zurück. Man gehe weg von der Einstellung, dieselbe Chemotherapie für alle. Man sei dabei, eine passende Therapie für jeden Patienten zu entwickeln. Seit kurzem nimmt das Klinikum Klagenfurt an klinischen Studien teil und sei dadurch international besser vernetzt. Patienten werden ausgewählt und können auf freiwilliger Basis an Studien teilnehmen.

Krankenhäuser kooperieren

Das Klinikum arbeitet mit der Medizinischen Universität Wien und dem AKH Wien eng zusammen und kann auf die Expertise der Wiener Spezialisten zurückgreifen. Kärntner Patienten können auch an weiteren klinischen Studien teilnehmen. Eine Absichtserklärung dazu wurde bereits im vergangenen Jahr unterzeichnet.

Medikamente bei Studien kostenlos

Man könne laut Eisterer im Rahmen dieser Studien auch völlig neue Substanzen einsetzten: „Wenn man neue medizinische Produkte habe, seien das in der Regel teure Therapien. Im Rahmen einer Studie werden sie dem Haus aber gratis zur Verfügung gestellt, während der Testphase der Studie. Es laufen weltweit viele Studien mit Immuntherapie, die man mit Chemotherapien gemeinsam oder allein verwendet.“ Besonders bei Lungenkrebs, Harnblasenkrebs, Nierenzellkarzinom und seltenen Formen von Darmkrebs erwarte man sich die größten Erfolge.

Abteilungsübergreifende Behandlung

Das Klinikum würde auch neue Maßstäbe in der operativen Entfernung von Tumoren in Kärnten setzten, sagte Reinhard Mittermair, Vorstand der Chirurgie. Auch komplexe Eingriffe bei Leber-, Magen-, Darm- oder Bauchspeicheldrüsenkrebs würden nur noch minimal-invasiv durchgeführt. Die Behandlung jedes einzelnen Patienten werde in einem interdisziplinären Team, dem Tumorboard, durch besprochen. Mit dabei sind Spezialisten der Radiologie, Strahlentherapie, Onkologie, Chirurgie und Innerer Medizin. Manche Patienten müssen erst eine Radiochemotherapie bekommen, damit sie überhaupt operiert werden können.

Immer früher erkannt

Die deutlich verbesserten Untersuchungsgeräte würden auch dazu führen, dass Krebs immer früher erkannt werde, sagte Wolfgang Raunik vom Institut für Strahlentherapie, im kommenden Jahr soll ein viertes Bestrahlungsgerät angeschafft werden, um die steigende Zahl der Patienten bestmöglich versorgen zu können. Ein Appell kam von Gesundheitsreferentin Beate Prettner (SPÖ): Vorsorgeuntersuchungen seien essentiell, denn je früher Krebs erkannt werde, desto eher könne er geheilt werden. Außerdem könnten bestimmte Krebsarten durch ausreichende Bewegung und gesunde Ernährung teilweise vermieden werden, zeigt eine US-Studie.

13 Krebsarten treten um 20 bis 30 Prozent seltener bei körperlich aktiven Menschen auf, darunter Tumoren an Darm, Brust oder Gebärmutterschleimhaut. Dazu müsste man sich an fünf Tagen pro Woche 30 Minuten bewegen und ins Schwitzen kommen. Dadurch wird der Stoffwechseln angeregt, was auch das Immunsystem stärkt. Bewegung und Sport hemmen außerdem entzündliche Prozesse im Körper.

FPÖ: Keine Info über hohes Krebsrisiko

Die Krebsfälle wurden auch zum Politikum. Die FPÖ sagte in einer Aussendung, es sei erfreulich, dass die Behandlung von Krebskranken in Kärnten professionell organisiert werde. Unerfreulich sei aber, dass Kärnten die höchste Krebsrate von Österreich aufweise und Gesundheitsreferentin Prettner darauf nicht reagiere. „Sie informiert die Bevölkerung nicht über die negativen Zahlen und sie verabsäumt es seit ihrem Amtsantritt, die Gründe für die hohe Krebshäufigkeit wissenschaftlich analysieren zu lassen und gegebenenfalls mit besserer Information und verstärkten Vorsorgemaßnahmen zu reagieren,“, sagte Landesparteiobmann Gernot Darmann (FPÖ).

Mit 570,3 Neuerkrankungen je 100.000 Einwohnern liege Kärnten deutlich über dem österreichischen Durchschnitt von 475,4 Krebs-Neuerkrankungen, zitierte Darmann aus einem Regierungsakt. Er forderte eine jährliche Offenlegung, in welchen Kärntner Regionen wie viele bösartige Erkrankungen auftreten. Dann könnte man Gegenmaßnahmen ergreifen.

SPÖ: verantwortungslose Entgleisung

Die SPÖ bezeichnete die Aussendung der FPÖ als „verantwortungslose Entgleisung“. Solche Aussagen würden dazu beitragen, Panik zu schüren und die Menschen massiv zu verunsichern, sagte Gesundheitsreferentin Prettner. Die Aussage von FPÖ-Obmann Gernot Darmann, wonach Kärnten die höchste Krebsrate von Österreich aufweise, sei definitiv falsch, so Prettner. Kärnten liege bei den Krebsneuerkrankungen besser als der Österreich-Durchschnitt.

Prettner: „Wenn man die beiden Sonderfälle Niederösterreich und Burgenland – ein nicht unwesentlicher Anteil der Krebspatienten wird Wien zugerechnet, da sie in Wien behandelt werden – berücksichtigt, liege Kärnten sogar deutlich besser als der Österreich-Schnitt.“

Darauf reagierte wiederum die FPÖ und bestätigte die zuvor genannten Zahlen, wonach Kärnten auf Platz eins der Statistik liege.

Die Statistik im Vergleich

ORF-Recherchen ergaben, dass Tirol bei den altersbedingten Krebsarten (Neuerkrankungen) im Jahresdurchschnitt 2013 bis 2015 mit 569,7 ganz vorne liegt, gefolgt von Klärnten mit 553,2 Erkrankungen pro 100.000 Einwohnern. Bei Neuerkrankungen von Prostatakrebs liegt Kärnten wieder auf Platz zwei hinter Tirol (196,3 auf 100.000 Männer). Bei Neuerkrankungen von Brustkebs führt Kärnten mit 133,8 die Statistik vor Tirol und Vorarlberg an.

Zweiter Kärntner Krebstag am 3. März

Im Klinikum Klagenfurt findet am 3. März von 9.45 bis 16.00 Uhr der zweite Kärntner Krebstag mit Expertenvorträgen statt. Unter anderem geht es um OP-Methoden bei Bauchspeicheldrüsenkrebs, Vorsorge und Diagnostik bei Hals-, Nasen- und Ohrentumoren, Eierstockkrebs, Immuntherapie, Lymphödeme und auch über das Zurück ins Leben nach einer Krebserkrankung. Es gibt auch eine Podiumsrunde mit Experten, die Fragen aus dem Publikum beantworten.