Euthanasie-Opfer im Mittelpunkt

Vor 72 Jahren ist Österreich vom Nationalsozialismus befreit worden. Ein dunkles Kapitel des Zweiten Weltkrieges ist die Euthanasie. Das Schicksal kranker und behinderter Menschen in Kärnten wird in einer Ausstellung in Klagenfurt aufgearbeitet.

Die kranken und behinderten Opfer des Nationalsozialismus in Kärnten wurde jahrzehntelang vergessen und totgeschwiegen. Wie viele Menschen wirklich während des Nationalsozialismus in Kärnten Opfer der Euthanasie wurden, kann heute niemand mit Sicherheit sagen. Mindestens 740 Menschen wurden alleine von Klagenfurt aus in die Tötungsanstalt Hartheim geschickt.

Ausstellung Unvergessen Landesarchiv Klagenfurt Euthanasie

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„Unvergessen“ steht auf den Stufen des Kärntner Landesarchivs

Ausstellung Unvergessen Landesarchiv Klagenfurt Euthanasie

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Ausstellung gibt Tätern und Opfern ein Gesicht

Die Ausstellung „erfasst, verfolgt, vernichtet“ wird am Montagabend im Kärntner Landesarchiv in Klagenfurt eröffnet.

Opfer - egal ob Frauen oder Männer - bekommen darin ein Gesicht. Viele von ihnen wurden sterilisiert oder ermordet, wie der Deutsche Benjamin Traub in der Tötungsanstalt Hadamar. Auch die Gesichter der Täter werden in der Ausstellung bewusst gezeigt.

Ausstellung Unvergessen Landesarchiv Klagenfurt Euthanasie

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Ausstellung Unvergessen Landesarchiv Klagenfurt Euthanasie

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Das sei laut dem Kärntner Historiker Helge Stromberger, der sich seit Jahrzehnten mit diesem Thema beschäftigt, enorm wichtig: „Wenn man Massenmorde nicht realisiert hat, ist es völlig unmöglich, dass man die Geschichte versteht, genauso wenig wie die Gegenwart.“

1.500 von 400.000 Kärntnern Euthanasieopfer

In Kärnten waren Frauen und Männer gleichmermaßen Euthanasieopfer. Am häufigsten Betroffen waren Befürsorgte, Gemeindearme oder Männer in der Psychiatrie, die von der Musterungskommission als nicht für die Wehrmacht tauglich „ausgemustert“ wurden.

Wihelm Wadl, Direktor des Kärntner Landesarchives, sagt, in Kärnten könne von einer gesicherten Opferzahl von mindestens 1.500 Menschen ausgehen. „Das ist auf die damalige Gesamtbevölkerung von Kärnten bezogen, die unter 400.000 Menschen lag.“ Zahlenmäßig liege diese bei den NS-Euthanasieopfern im Spitzenfeld, so Wadl.

Sendungshinweis:

„Kärnten heute“, 8.5.2017

Die Geschichte der Klagenfurter Psychiatrie während des Nationalsozialismus ist heute sehr gut aufgearbeitet. Die Krankenakten wurden bereits vor einigen Jahren dem Kärntner Landesarchiv übergeben.

Ausstellung Unvergessen Landesarchiv Klagenfurt Euthanasie

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Die Klagenfurter Psychiatrie während der Zeit des Zweiten Weltkrieges von außen

Ausstellung Unvergessen Landesarchiv Klagenfurt Euthanasie

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Im Archiv der Psychiatrie lagern interessante Akten

Die Frage, was mit den eigenen Großeltern genau passiert sei, stellen sich auch heute noch zahlreiche Kärntner Familien, sagt Herwig Oberlerchner, Primarius am Klinikum Klagenfurt: „Die Betroffenheit der Familien ist riesig groß. Es gibt Fälle, die seit Jahrezehnten stark tabuisiert werden. Sie wurden nie behandelt, aber jetzt kommen sie endlich an die Oberfläche.“

Ausstellung Unvergessen Landesarchiv Klagenfurt Euthanasie

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Zeitungsartikel in der Volkszeitung über den Prozess Niedermoser

Niedermoser Prozess Euthanasie

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Franz Niedermoser vor Gericht

Eine erste Aufarbeitung begann in Kärnten sehr früh. Bereits im Jahr 1946 wurde Primarius Franz Niedermoser, einer der Haupttäter der Klagenfurter Psychiatrie, zum Tode verurteilt.

Die Ausstellung „erfasst, verfolgt, vernichtet“ ist noch bis 24. Mai im Kärntner Landesarchiv zu sehen.

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