Tradition trifft Moderne in Prossenicco

In Prossenicco, nahe der Slowenischen Grenze, leben nur mehr 30 Menschen, die eng mit den Traditionen ihres Heimatortes verbunden sind. Wie das Leben der Bauern früher war können Besucher in einem kleinen Museum erfahren. Es gibt auch Initiativen zur Belebung des Ortes.

Prossenicco liegt gute 40 Kilometer nordöstlich von Udine und befindet sich an der Ostgrenze Italiens zu Slowenien in der Umgebung von Karfreit/Caporetto/Kobarid. Zu Spitzenzeiten, zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg, hatte der Ort an die 800 Einwohner. Jetzt sind es nur mehr an die 30 Personen, vorwiegend ältere Leute, die hier leben. Seit der Frühling wieder Einkehr gehalten hat, zieht es Piero Carta, Roberto Demo und Mario Budolig so oft es geht wieder ins Freie, um gemeinsam an ihren Kunstwerken zu arbeiten.

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Piero Carta, Roberto Demo und Mario Budolig

Erdbeben als Wendepunkt

Den meisten jüngeren Prosseniccani erscheint wohl ein Leben in der Stadt attraktiver und praktischer. Es gibt aber auch das genaue Gegenteil: Alan Cecutti ist aus dem friulanischen Flachland nach Prossenicco gezogen. Die Ruhe und Entspannung, die ihn zurück in seinen Geburtsort zogen, will er in Zukunft auch in einem Agriturismo mit seinen Gästen teilen. Dort will er auch auf seinem Hof erzeugte Produkte wie Fleisch, Marmeladen und Tees anbieten.

Sendungshinweis:

„Servus, Srečno, Ciao“, 18.3.2017

Seit dem Erdbeben 1976 ist Vieles in Prossenicco geblieben, wie es war. „Die Landschaft ist noch intakt und unberührt. Das ist ein Vorteil. Gleichzeitig ist aber auch die Landwirtschaft stehen geblieben“, sagt Alan Cecutti. Sie wieder anzukurbeln werde dauern, meint er. „Es wird Zeit und Geld brauchen. Ich möchte meinen Teil dazu beitragen, dass es vielleicht sogar wieder so wird, wie früher einmal“, sagt der Jungwirt.

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Landwirtschaftliche Geräte, Einrichtungs- und Gebrauchsgegenstände erinnern im „museo della tradizione contadina“ an längst vergangene Zeiten. Historische Fotos dokumentieren, wie das Leben in Prossenicco früher einmal war. Auch dass es viele Männer - der Arbeit wegen - ins Ausland zog wird in der Schau thematisiert.

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„Nonna Maria“: Ein Leben fernab der Moderne

Eine hingegen, die sich Zeit ihres Lebens keinen schöneren Ort auf der Welt vorstellen konnte, war Maria Miscoria, von allen im Ort liebevoll „Nonna Maria“ genannt. Bis in die 1990er-Jahre wohnte sie in der „Casa Nera“, dem „schwarzen Haus“ - und das noch mit fast hundert Jahren. Sie verzichtete bewusst auf jeglichen „modernen Schnickschnack“, wie sie es nannte. Einzig eine Glühbirne akzeptierte sie irgendwann.

Sandro Simitz erinnert sich noch gut daran, wie es war, wenn er mit seinen Freunden als Kind bei ihr zu Besuch war: „Sie war ein eher zartes Persönchen, aber mit einer enormen Willenskraft. Sie hatte einen gutmütigen Blick und auch wenn sie uns Kinder manchmal zusammenschimpfte - sie tat das nie mit lauter Stimme. Ihre Worte waren sehr eindringlich und einfühlsam zugleich.“

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Ein Leben für die Dorfgemeinschaft

Nonna Maria ging noch bis ins hohe Alter zu Fuß Wasser holen, bei einem Brunnen hier in der Nähe und kochte für sich in der Rauchkuchl, wo sie sich die meiste Zeit aufhielt. Auch wenn ihr ihre Familie ein komfortableres Leben ermöglicht hätte - um nichts in der Welt hätte sie ihren Geburtsort verlassen. Für sie spielte sich das wahre Leben hier im Dorf ab - ihr Leben war ihr Haus hier in Prossenicco und sie liebte es, Teil der Dorfgemeinschaft zu sein."

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Osteria: Treffpunkt für Einheimische und Besucher

Im Ortskern von Prossenicco befindet sich die Osteria „Al centro“ - Treffpunkt der verbliebenen Einheimischen. Alba Melissa und ihr Mann Roberto verwöhnen ihre Gäste mit traditionellen Gerichten aus der Region, wie etwa Polenta, die - so wie früher einmal - am offenen Feuer unter ständigem Rühren zubereitet wird.

Den Grundstein für die Osteria legte Alba Melissas Urgroßvater, der die Gastwirtschaft 1901 eröffnete. Nach einigen Jahren Pause, in der sie geschlossen war, entschloss sich die Wirtin dazu, wieder nach Prossenicco zu ziehen und die Osteria wieder zu eröffnen: „Sie ist ein wichtiger Bezugspunkt, so wie die Kirche. Es gibt zwar nur mehr wenige Bewohner - aber es stimmte mich traurig zu sehen, wie die Leute nach der Heiligen Messe am Sonntag nicht mehr wussten, wohin sie gehen können. Also dachte ich mir: gut, ich stelle mich der Herausforderung und so habe ich mich vor eineinhalb Jahren dazu entschlossen, die Osteria wieder zu eröffnen.“

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Die frische Polenta wird - gemäß der Tradition - mit einem Faden zerteilt

So haben Einheimische und Besucher wieder einen Ort, wo sie einkehren können und der für das kleine Bergdorf ohne Zweifel eine Bereicherung darstellt.