Giovanni Patat: Die weiche Seele der Steine

Steinmetz Giovanni Patat aus Artegna bei Udine hat sein Leben dem Bearbeiten von Gestein verschrieben. Er will mit seinen Kunstwerken die „weiche Seele“ dieser harten Materie zum Vorschein bringen.

Mit seinem Skulpturengarten, gleich neben seinem Haus und der dazugehörigen Werkstatt setzte sich Patat in den vergangenen Jahren sich selbst und seiner Kunst ein Denkmal. Die Monumente stehen teilweise für den „steinigen“ Weg seines Lebens, den er seit mittlerweile 51 Jahren an der Seite seiner Frau Annina meistert.

Die beiden lernten einander durch Zufall kennen, doch Amor stellte, vor allem die Zuneigung von Annina, auf eine harte Geduldsprobe. Denn ihr Auserkorener ließ sich ein Jahr lang nicht bei ihr blicken, obwohl er ihr versprochen hatte, sie in ihrer Werkstatt im Ort zu besuchen. Damals war Annina noch als Keramikmalerin tätig. Wie sich später herausstellte, hatte er schlichtweg auf sein Versprechen vergessen. Die Wiedersehensfreude war trotzdem auf beiden Seiten groß. So groß, dass die beiden noch im selben Jahr heirateten. Seither sind die beiden unzertrennlich - allen Unkenrufen aus ihrem Umfeld wegen des großen Altersunterschiedes zum Trotz.

Bildhauer Giovanni Patat

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Annina über ihre Rolle zwischen Muse und Mutter

Doch was war es, das sie an diesem Mann so faszinierte? Auf diese Frage hin lächelt Annina zunächst verlegen, antwortet dann aber wie aus der Pistole geschossen: „Wir haben uns in den 1950er-Jahren kennengelernt. Nach den harten Kriegsjahren gab es für Viele nur den Wiederaufbau. Für sie zählte nur das Geld und dass sie sich etwas erschaffen wollten. An Giovanni hat mich sofort fasziniert, dass er so anders war.“

Zwar sei auch für ihn das Erschaffen im Mittelpunkt gestanden, aber bezogen auf seine Kunst. „Besitzdenken war ihm fremd“, sagt Annina. So ließ sie sich darauf ein, fortan ein Teil von Giovannis Welt zu sein, auch wenn er sich manchmal komplett in seinem Schaffen verliert. Das sei - vor allem als junge Ehefrau - nicht immer leicht für sie gewesen. Sie musste sich erst in ihre neue Rolle zwischen Muse und Mutter einfinden.

Bildhauer Giovanni Patat

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„Manchmal gibt es sozusagen kein Platz für mich: es gibt dann nur ihn und seine Kunst. Aber er gibt mir dennoch das Gefühl, dass ich immer eine wichtige Stütze, ja ein Teil des Ganzen, bin. Das genügt mir - noch heute“, sagt Annina.

Sendungshinweis:

„Servus, Srečno, Ciao“, 16. Juli 2016

Karriere als Bildhauer begann heimlich

Für Giovanni war es schon seit frühester Kindheit klar, dass er später einmal Bildhauer werden wollte - sehr zum Missfallen seiner Familie, die von ihm erwartet hatte, den elterlichen Bauernhof zu übernehmen. „Als Jugendlicher musste ich auch körperlich fest mitanpacken - aber auch wenn ich hundemüde war, schlich ich mich heimlich rüber zu meinem Onkel, der für die Kunst etwas übrig hatte. Er war es auch, der mich dazu ermutigte, Unterricht zu nehmen“, erzählt Giovanni mit einem Leuchten in den Augen.

Seine Lehrer erkannten sofort das Talent des Burschen und förderten ihn weiter. Diese Jahre seien sehr prägend für ihn gewesen, so Giovanni, auch wenn er sich später die meisten Techniken selbst beibrachte und beim Bearbeiten der Steine auf seine innere Stimme hört: „Der Stein sagt mir genau, wo ich ihn bearbeiten muss, um einen gewisen Effekt zu erzielen. Das Licht, die Reflexionen der Sonnenstrahlen, die zu den jeweiligen Tageszeiten immer anders sind. Es ist etwas Unbeschreibbares, das mich führt.“

Bildhauer Giovanni Patat

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Stein als „ursprüngliche Materie“ schlechthin

Der Stein als Arbeitsmaterial ist für den Giovanni die ursprüngliche Materie schlechthin. Sie zu bearbeiten, in sie einzudringen und das, was in ihr schlummert, zum Vorschein zu bringen, sieht er als seine Aufgabe. Entscheidend sind die äußerden Umstände, die Beschaffenheit des Steines und seine eigene Verfassung als Künstler und nicht zuletzt der jeweilige Blickwinkel eröffnet dem Betrachter neue Welten, ist der Künstler überzeugt.

„Alles, was nicht regelmäßig ist, hat für mich einen besonderen Charme. Es ist wie das Eindringen in das Mysterium, mit dem ich mich in den letzten 30 Jahren vorwiegend beschäftigt habe. Für mich ist das Innere des Steins der Ausgangspunkt meines Schaffens, den ich zum Vorschein bringen muss“, so Giovanni Patat. Damit ihm das gelingt baute er im Laufe seines Schaffens die meisten seiner Werkzeuge selbst.

Bildhauer Giovanni Patat

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Aktuelles Projekt: Dreifaltigkeitsdenkmal

Momentan arbeitet der 88-Jährige an einem Denkmal, das der Heiligen Dreifaltigkeit gewidmet ist. Irgendwann soll es den Dorfplatz von Artegna schmücken. Bis er sie an ihren neuen Bestimmungsort übergeben wird, kann es dauern. Giovanni sieht - trotz seines fortgeschrittenen Alters - keine Eile. Außerdem ist er überzeugt, dass seine Kunstwerke ohnehin nie fertig seien. Es müsse immer etwas Mystisches in der Skulptur erhalten bleiben - etwas, das den Betrachter immer wieder aufs Neue verzaubert.

Skulpturenpark auch für Besucher offen

Giovanni Patas Skulpturenpark befindet sich in der Via Gemona 6 in Artegna bei Udine und ist nach telefonischer Voranmeldung unter +39-0432-987070 auch für Besucher geöffnet.