Bogenbaukunst aus dem Lavanttal
Seit den 1970er-Jahren zählt das Bogenschießen zur Leidenschaft von Hermann Rutrecht. Für seinen ersten eigenen Bogen gab der damals 19-Jährige einen ganzen Monatslohn aus. Diese Investition habe sich aber ausgezahlt, sagt er: „Ich habe damit 30 Jahre geschossen. Dann hat er leider den Geist aufgegeben und ist an der Spitze gebrochen. Das war mit ein Grund, warum ich angefangen habe, selber Bogen zu bauen.“
ORF
„Initialzündung“ nach jahrelangem Tüfteln
Da er schon länger einen stärkeren Jagdbogen haben wollte, machte er sich ans Werk und tüftelte so lange, bis er zufrieden war. „Nach ungefähr zwei Jahren ist mir das gelungen“, so Rutrecht. Die Arbeit mit Holz liege ihm, neben dem Bogensport, besonders am Herzen, denn er ist gelernter Tischler und arbeitete jahrelang auch in diesem Beruf. So hatte er sich auch eine kleine Werkstatt bei sich zu Hause in Maildorf bei St. Stefan eingerichtet. Seit einigen Monaten ist diese sein Hauptarbeitsplatz.
Bis er mit seinen ersten Bögen wirklich zufrieden war, vergingen einige Jahre. Irgendwann war für Hermann Rutrecht klar, dass es sich tatsächlich lohnen würde, sein Hobby zum Beruf zu machen. Kritische Stimmen aus seinem Umfeld gab es natürlich, er ließ sich aber, auch dank der Unterstützung seiner Familie, nicht von seinem Traum abbringen.
ORF
Professionelle Maschinen in Heimwerkercenter
Das Lavanttal als Standort erschien ihm ideal, denn seine Rohholzplatten kann er - gegen einen Unkostenbeitrag - im Wolfsberger Heimwerkercenter zuschneiden und für die weitere Verarbeitung vorbereiten, erzählt Rutrecht: „Ich habe hier professionelle Maschinen zur Verfügung. So spare ich mir die Anschaffung. Das ist optimal, weil ich mir das sonst nicht leisten könnte.“
Jeder Heimwerker oder auch professionelle Firmen können im Heimwerkercenter arbeiten. Sie bekommen eine mit einem Chip versehene Uhr, die sie mit Geldbeträgen aufladen können. Je nachdem, wie lange sie an den unterschiedlichen Maschinen arbeiten, verringert sich das Guthaben.
ORF
Harte Holzarten besonders geeignet
Die Feinarbeit erledigt Hermann Rutrecht bei sich zu Hause und da kann es schon mal vorkommen, dass er stundenlang in seiner Werkstatt „verschwindet“.
Ausgangsmaterial für seine handgefertigten Bögen sind meist exotische Rohholzarten, wie Essigbaum, Zebrano oder Mutenye. Auch unter heimischen Holzarten werde er fündig, sagt er. Zwetschken-, Nuss- oder Marillenholz, aber auch Hainbuche und Robinie seien besonders geeignet. „Das ist normal ein Baum, der aus Amerika kommt, in Europa wurde er im Mittelalter eingeführt. Es gibt zum Beispiel in Ungarn und am Gardasee riesige Robinienwälder. Die Leute sagen zur Robinie auch oft falsche Akazie, obwohl es keine Akazie ist.“
Egal ob heimisch oder exotisch, alle Hölzer, die Hermann Rutrecht verwendet, haben eine besondere Maserung, die jedem Bogen eine persönliche Note verleiht. Entscheidend sei, dass das Griffstück aus möglichst schwerem Holz gefertigt werde. So wird beim Schießen der sogenannte „Restschock“ besser abgefedert.
ORF
Kunden schätzen Handarbeit
Je nach Bauart braucht Hermann Rutrecht im Schnitt zwölf Stunden reine Handarbeit für einen Bogen. Nicht einberechnet sind dabei die Trocknungs- und Aushärtungszeiten. Rutrecht machte die Erfahrung, dass seine Kunden genau diese Handarbeit zu schätzen wissen. Von der Handhabung her seien industriell gefertigte Bögen nicht schlechter, „aber man hat halt einen Bogen, den tausend andere haben“.
Viele Schützen würden sich daher für ein personalisiertes Stück entscheiden: „Bei mir ist jeder Bogen ein Unikat. Mir gelingt nicht einmal jeder Bogen augengleich.“ Zu haben sind die hölzernen Sportgeräte zwischen 500 und 900 Euro.
ORF
Sendungshinweis:
„Kärnten heute“, 29. August 2016
Bögen fast wie Kunstwerke
Von gewissen Bögen trenne er sich nur schweren Herzens, so der Bogenbauer. Für sie sind die meisten fast wie Kunstwerke - „so wie wenn einer ein schönes Bild malt“. Immerhin stecke er viel Energie in den Schaffensprozess, aber er habe sich ja bewusst dazu entschieden, zu davon zu leben, schmunzelt der Bogenbauer. Gleichzeitig sei es ja für ihn genauso motivierend, wenn sich Schützen aus aller Welt für seine Bogenbaukunst aus dem Lavanttal interessieren.
ORF