„Oceanus“: Edle Tropfen aus Neptuns Hand

Es gibt verschiedene Arten, Wein zu lagern - traditionell in Holzfässern oder in Tongefäßen, wie einst die alten Römer. Ein slowenischer Winzer beschreitet - unter dem Namen „Oceanus“ - einen neuen Weg: er lässt seine edlen Tropfen am Meeresboden entlang der slowenischen Adriaküste reifen.

In aller Früh trifft die wertvolle Fracht aus der Region Štajerska in der Bucht von Valdoltra bei Ankaran ein. 250 Champagnerflaschen, hundert Flaschen Sauvignon Blanc und 150 Flaschen Gelber Muskateller sind es, die Weinbauer Silvo Črnko und seine Familie diesmal mitgebracht haben. Die edlen Tropfen sollen am Meeresboden, in gut 20 Meter Tiefe, einen besonderen Geschmack entwickeln. Dafür hat Silvo Črnko einen eigenen „Käfig“ entwickelt, damit sie nicht direkt auf dem sandigen Untergrund zu liegen kommen. 80 Zentimeter Zwischenraum trennen die Flaschen fortan davon. Das sei für den Reifeprozess entscheidend, spricht der Wein-Experte aus Erfahrung.

Er sieht in seinem Projekt „Oceanus“ ein kleines Abenteuer: „Es ist immer ein bisschen mit einem Riskio verbunden. Es ist ein kleines Abenteuer, auf das wir uns aber gerne einlassen. Bis jetzt hat uns die Natur noch immer belohnt.“

Weinflaschen Oceanus

ORF/Iris Hofmeister

Weinflaschen vor dem Tauchgang

Tauchgang dauert Stunden

Es ist nun schon das dritte Mal, das Silvo und seine Familie ihren Wein sozusagen in Neptuns Obhut geben. Silvos Tochter Tamara und ihr Tauch-Partner Gorazd haben schon Übung darin, die Flaschen sicher an ihren neuen Bestimmungsort zu bringen - dennoch dauert die gesamte Aktion einige Stunden.

Sendungshinweis:

„Servus, Srečno, Ciao“, 23. Juli 2016

Tamara Črnko taucht schon seit ihrem 14. Lebensjahr. Sie war es, die die Idee zu dem ungewöhnlichen Projekt lieferte: „Es kam eigentlich ganz spontan, weil wir ja Weinbauern sind. Wir haben das mit meinem Hobby, dem Tauche,n verbunden und haben es einfach ausprobiert, wie es ist, den Wein im Meer zu lagern. Wir wissen nie, wie die Flaschen danach aussehen. Jedes Jahr sind sie anders wegen den Bedingungen im Wasser. Es ist nie gleich. Deswegen ist das schon interessant.“

SSC Oceanus Transportkäfig Wein

ORF

Kisten als Nährboden für Muscheln

Deponiert werden die Flaschen zwischen Strunjan, Sečovlje und Debeli Rtič. Suzana und ihr Mann Amir züchten dort seit Jahren Muscheln. Im örtlichen Dialekt werden sie „pedoci“ genannt. Zwölf bis 18 Monate dauert es, bis sie abgeerntet werden können.

Oceanus Muschelzucht Istrien Adria

ORF/Iris Hofmeister

Muschelzucht an der slowenischen Adriaküste bei Piran

Suzana France: „Die befruchteten Eier suchen immer feste Flächen, wo sie sich anheften können. Bei der Muschelzucht lagern sie sich deshalb auf den sogenannten Fängern ab. Jetzt, bei diesem Projekt, sind es eben die Kisten am Meeresboden. Das ist für sie nicht wie ein Fremdkörper, sondern bietet ihnen eine zusätzliche Fläche, wo sie wachsen und gedeihen können.“

Zwischen drei und fünf Jahren werden die Flaschen am schlammigen Meeresboden lagern - ihr Inhalt soll dadurch einen ganz besonderen Geschmack entwickeln, ist Silvo Črnko überzeugt.

Früher beherrschten „Gusarji“ das Mittelmeer

Ein Glück, dass die Zeiten von „rauen Gesellen“ am offenen Meer vorbei sind.

Janez Mužič aus Piran erzählt, dass es früher nicht nur in der Karibik, sondern auch im Mittelmeerraum Piraten gab: „Hier an der Adria waren die sogenannten Gusarji, also Korsaren, weiter verbreitet. Sie unterscheidet, dass die Piraten Plünderungen meist auf eigene Faust durchführten, während die Korsaren meist im Auftrag des jeweiligen Herrschers oder Staates auf Beutezug gingen.“

So sollen die Weine und der Champagner im Laufe der nächsten Jahre in aller Ruhe am Meeresgrund reifen und dadurch noch kostbarer werden, fast wie ein Schatz.

Weinflaschen Oceanus Meeresboden

ORF/Iris Hofmeister

So sehen die Weinflaschen aus, die fünf Jahre lang am Meeresboden gelagert wurden