„Aufgezeigt“: Strafe zahlen oder Gefängnis

Wer eine Verkehrsstrafe nicht zahlt bzw. darauf vergisst bekommt keine Mahnung, das ist nicht vorgesehen. Stattdessen beginnt ein Verfahren zu laufen, an dessen Ende auch eine Ersatzfreiheitsstrafe stehen kann. So geschehen Elisabeth Klatzer, die aus allen Wolken fiel.

Elisabeth Klatzer lebt in einem alten Haus in Köttmannsdorf, das sie in Eigenregie herrichtet. Sie hat drei Kinder und vier Enkel aufgezogen, war Reinigungsfrau und hat heute eine Minipension. Ende November kam ein Brief von der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt-Land ins Haus. Die Aufforderung zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe, erzählt sie: „Erstens habe ich blöd geschaut, dass ich sitzen gehen muss und nicht weiß, warum. Dann lese ich weiter und sehe, dass die Strafe zwölf Jahre her sein soll.“ 24 Euro betrug sie ursprünglich, im Lauf der Zeit wurden 136,50 Euro daraus.

Falsches Datum der Strafe

Frau Klatzer wollte die Angelegenheit in der Bezirkshauptmannschaft aufklären: „Dort ist mir gesagt worden, ich soll zahlen, sonst redet sie mit mir nicht.“ Wenige Tage später stand ein Polizist vor der Tür von Frau Klatzer, er sollte sie wegen der Strafe abholen. Sie habe ihm den Zettel der BH gezeigt mit der Strafe, die zwölf Jahre her sein soll und der Polizist sei wieder gegangen. Ihr Versicherungsvertreter habe einen Einspruch geschrieben, es kam aber keine Antwort, sagt sie.

Aufgezeigt Parkstrafe

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Elisabeth Klatzer fiel aus allen Wolken

Was Elisabeth Klatzer auch zuerst nicht erfuhr: Bei dieser Aufforderung zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe ist das Datum falsch, der Strafbescheid ist aus 2015 und nicht aus 2005. Bezirkshauptmann Johannes Leitner sagte, dieser Schreibfehler sei mit Frau Klatzer nach Auskunft seiner Mitarbeiterin aufgeklärt worden. Der Datumsfehler habe aber keine Auswirkung auf das Verfahren. Die BH sei von der Stadt Klagenfurt mit der Strafverfolgung beauftragt worden.

Strafe soll bezahlt worden sein

Nach der „Aufgezeigt“-Recherche konnte sich Frau Klatzer an einen Arztbesuch 2015 erinnern, bei dem sie tatsächlich einen Strafzettel bekommen hatte: „Ich hab die sicher gezahlt. Ich habe etwas später gezahlt, weil ich das Geld nicht gehabt habe, aber ich habe gezahlt. Mahnung ist auch keine gekommen.“ Beleg fand sich keiner mehr für die Zahlung und bei der Bank von Frau Klatzer verlangt man für das Heraussuchen der alten Auszüge 200 Euro.

Brief war bei Post hinterlegt

Es gibt bei Parkstrafen keine Mahnung sondern - falls nicht bezahlt wird - gleich die Strafverfügung, bestätigte die Stadt Klagenfurt. Diese müsse zu eigenen Handen zugestellt werden, aber auch die habe Elisabeth Klatzer nie bekommen, sagte sie. Magistratsdirektor Peter Jost ließ schritlich wissen: „Im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren wurde die Strafverfügung nach zwei Zustellversuchen beim zuständigen Postamt hinterlegt...“ Weiter heißt es, die Stadt habe sich aufgrund der vorliegenden Aktenlage völlig korrekt verhalten und „Frau Klatzer jederzeit die Möglichkeit hatte und hat, durch eine Ratenvereinbarung den Antritt zur Ersatzfreiheitsstrafe zu vermeiden.“

Auch davon erfuhr Frau Klatzer erst durch die Recherchen der „Aufgezeigt“-Redaktion, weder Brief noch Ratenzahlungsangebot hätte sie erhalten.

Aufgezeigt Parkstrafe

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Anwältin Margarita Obergantschnig

Zwei Unschärfen im Verfahren

Zumindest zwei Unschärfen gibt es bis jetzt in diesem Verfahren: Einerseits die Strafverfügung der Stadt Klagenfurt, die zwar auf der Post hinterlegt wurde, aber Frau Klatzer nie eigenhändig zugestellt. Gegen die Strafverfügung hätte sie noch berufen und um Ratenzahlung ansuchen können.

Außerdem das Schreiben der Bezirkshauptmannschaft, die Aufforderung zum unverzüglichen Antritt der Ersatzarreststrafe. Das sieht die „Aufgezeigt“- Anwältin Margarita Obergantschnig sehr kritisch: „Für mich ist das Problem, dass auf einen rechtskräftigen Strafbescheid Bezug genommen wird, bei dem das Datum falsch ist. Das ist ein Problem für den Empfänger, das zuzuordnen. Und es ist darin ausgeführt, dass die Strafe unverzüglich anzutreten ist, das steht meiner Ansicht nach im Widerspruch zum Gesetz.“ Die Aufforderung zum Antritt einer Freiheits- oder Ersatzfreiheitsstrafe soll binnen „angemessener Frist“ erfolgen.

Normales Verfahren

Bezirkshauptmann Johannes Leitner bestreitet das: „Bei einer Ersatzfreiheitsstrafe weiß der Beschuldigte seit Übermittlung des Straferkenntnisses, dass bei Nichtbezahlen eine Ersatzfreiheitsstrafe zu absolvieren ist. Es gibt jahrelange Vorbereitung auf den Moment des Antritts.“ Es ist also ein normales Verfahren, das wegen einer nicht bezahlten Parkstrafe abläuft, völlig legal und auch nicht außergewöhnlich. Vier Parksünder pro Jahr sitzen im Polizeianhaltezentrum Klagenfurt ihre Strafe von 24 Stunden ab, weil sie nicht zahlen können. Dafür müssen sie danach 60 Euro Taggeld für den Arrest aufbringen.

Im Fall Elisabeth Klatzer kann die Redaktion elf Amtshandlungen nachvollziehen. Die zwölfte wartet die Redaktion nicht ab, denn der Polizist hat sich schon wieder angekündigt. Es fand sich ein anonymer Spender, der für Elisabeth Klatzer die Parkstrafe übernimmt. 136,50 wurden direkt in die Stadtkasse Klagenfurt eingezahlt, damit ist das Verfahren beendet.

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