Aufgezeigt: Wenn die Versicherung nicht zahlt
Zu dem Unfall kam es am 23. April 2015. Waltraud Joham aus Völkermarkt stolperte zuhause beim Saugen über den Staubsaugerschlauch und stürzte, dabei renkte sie sich ihr künstliches Hüftgelenk aus. Sie ist seit ihrer Jugend schwer rheumakrank, hat 34 Operationen hinter sich und einige künstliche Gelenke. „Einen Tag ohne Schmerzen, das kann ich mir gar nicht mehr vorstellen“, sagt sie. Zahlreiche Gelenke wurden ausgetauscht. Inzwischen, so sagt sie selber lächelnd, sei schon ein ganzes Titanlager in ihrem Körper.
ORF
Arzt gab Schwindel als Sturzursache an
Nach dem Sturz konnte sie sich nicht mehr bewegen, sie robbte zu einem Tisch, wo das Handy lag, und rief ihre Schwester an, die dann Notarzt und Rettung rief. Der Notarzt spritzte ihr schwere Schmerzmittel, von denen Waltraud Joham schwindlig wurde. Dann wurde sie in das Unfallkrankenhaus Klagenfurt eingeliefert.
Seit Jahren ist Joham bei der Wiener Städtischen Versicherung unfallversichert. Auf Anraten der Versicherungsmaklerin übernahm sie den Arztbrief vom UKH als Schadensmeldung. Allerdings steht in diesem Arztbrief, dass sie infolge eines Schwindelanfalles beim Gehen gestürzt sei. Die Wiener Städtische zahlte nicht, weil es um eine Schwindelattacke ging.
Ausschließungsgrund Schwindel
In den allgemeinen Versicherungsbedingungen steht: „Gemäß der allgemeinen Bedingungen 22.8. sind Unfälle, die der Versicherte infolge einer Bewusstseinsstörung erleidet, vom Versicherungsschutz ausgeschlossen." Rein versicherungsrechtlich also eine klare Sache: Der Unfall von Frau Joham galt nicht als Unfall, weil ihr vor dem Sturz über den Staubsauger schwindlig wurde. Die Sturz ist laut Versicherung die Folge des Schwindels und damit nicht gedeckt. Genau so sehen das übrigens viele Unfallversicherungen und handeln danach.
Auf ORF-Intervention hin gab es von der Wiener Städtischen folgende Stellungnahme:
„Wir haben eine Leistung abgelehnt, da die Kundin im Unfallbericht einen Schwindelanfall als Sturz-Ursache angegeben hat. Unfälle infolge Bewusstseinsstörungen sind vom Versicherungsschutz dem Grunde nach ausgeschlossen. Frau Joham hat jedoch eine Rehab-Pauschale von 1.000 Euro mitversichert. Auch wenn der Rehab-Aufenthalt vom Dezember 2015 nicht ursächlich als Folge des Sturzes vom April verordnet wurde, sondern aufgrund einer nochmaligen Operation im Oktober, sind wir in Anbetracht der gesundheitlichen Beeinträchtigung der Kundin bereit, die Pauschale auszubezahlen."
Sendungshinweis:
Radio Kärnten Stadt-Land; 31.1.2017
Widersprüchliche Bestimmungen
Rechtsanwalt und Versicherungsexperte Oliver Lorber meint allerdings, die Ablehnungn der Versicherung sei nicht automatisch gerechtfertigt. Was generell Schwindelgefühle als Unfallursache anbelange, habe bei den Unfallversicherungen ein Umdenken stattgefunden, sagte der Versicherungsexperte: „Die Unternehmen haben erkannt, dass das nicht in jedem Fall praktikabel und moralisch gerechtfertigt ist. Gewisse Bewusstseinsstörungen werden akzeptiert.“ Im Fall Joham gilt das allerdings nicht.
Waltraud Joham überlegt jetzt, ob sie sich mit den 1.000 Euro begnügt oder die Wiener Städtische klagt, was für sie auch ein finanzielles Risiko wäre.