Afghanische Sikhs: Flucht und Leben in Kärnten

In Kärnten haben derzeit rund 5.000 Menschen aufrechten Asylstatus. Die vierköpfige Familie Khurana aus Kabul in Afghanistan wartet noch auf den positiven Bescheid. Sie lebt in Klagenfurt und zeigt, wie Integration gelingen kann.

Vor neun Monaten flüchtete die Familie aus Afghanistan. Sie sind keine Moslems, sondern Sikhs und gehören damit zu einer Minderheit, die von der überwiegend muslimischen Bevölkerung in Afghanistan nicht anerkannt wird. Bereits seit Jahrzehnten gibt es immer wieder Verfolgung und Diskriminierung der afghanischen Sikhs. Als sie nach langer Flucht in einem Selbstversorger-Quartier in Klagenfurt landeten, konnten Eltern und Kinder kein Wort Deutsch und wussten nichts über die hiesige Kultur.

Alle lernen Deutsch

Mittlerweile besuchen alle regelmäßig Deutschkurse, der ältere Sohn besucht erfolgreich die Schule und sie probieren Sitten und Bräuche aus. Dabei halten sie auch ihre eigenen afghanischen Gepflogenheiten hoch. So gibt es jeden Nachmittag Schwarztee mit Milch, dazu Kekse und Nüsse. Sohn Japleen ist 14 und geht zum ersten Mal in die Schule. Er habe immer gedacht, dass der Lehrer vorne referiert und die Kinder stundenlang still sitzen und zuhören müssen. Aber hier könne er die Lehrer immer ansprechen, wenn er ein Problem habe.

Durch religiöse Zwistigkeiten und politischen Unruhen wäre der Schulweg zu gefährlich gewesen. Japleen schloss in Klagenfurt das erste Schulhalbjahr sehr erfolgreich ab. Er habe alles Einser und Zweier, nur in Deutsch werde er noch nicht beurteilt. Die Artikel fallen ihm am schwersten, denn in seiner Muttersprache Pandjabi gibt es keine Artikel.

„Spannender Austausch“

Auch sein Vater Rhaweil Khurana übt regelmäßig Deutsch. Jeden Tag geht er bei Caritas und Uni in den Unterricht. Die Grammatik sei sehr schwer, sagte er, er verstehe Deutsch aber schon recht gut. Betreuer der Familie ist der Unternehmensberater Peter Hoffmann: „Sensationell haben sie sich entwickelt. Es ist sehr spannend, sie sind interessiert am Austausch und wollen alles Lernen. Mit uns waren sie bei der Fleischweihe und haben uns dafür den Tempel gezeigt.“

Sendungshinweis:

Radio Kärnten Family; 7.4.2016

Turban erregt Neugier

Untergebracht ist die Familie in einer Selbstversorger-Wohnung in Klagenfurt. Laut Hoffmann bekommen sie pro erwachsener Person 180 Euro im Monat für Essen und Kleidung. Unterkunft mit Betriebskosten werden zur Verfügung gestellt. Bis sie den Asylstatus bekommen, dürfen sie nicht arbeiten dürfen sie nicht, auch wenn sie gern würden.

Die Kultur ist sehr unterschiedlich, so wird bei Familie Khurana erst gegen 21.00 Uhr zu Abend gegessen. Huhn und Lamm sind die einzigen erlaubten Fleischsorten bei den Sikh, dazu Gemüse und Kartoffeln. Ganz charakteristisch ist der Turban, den alle Männer tragen. Darunter verbergen sich die langen Haare, die das ganze Leben über nie geschnitten werden, eine religiöse Geste. Japleen sagt, Kinder fragen ihn, woher er komme und warum er den Turban trage. Er finde es sehr interessant, dass man so voneinander lernen könne.

Neun Stunden Gebet jeden Sonntag

Im Sikh Tempel wird der festliche Turban getragen, der eine halbe Stunde um die Haare gebunden wird. Japleen und Rhaweil besuchen den Tempel jeden Sonntag. Die Betstunde beginnt um 5.00 Uhr morgens und dauert bis 14.00 Uhr. Er bleibe aber nur von 12.00 bis 14.00 Uhr, so Vater Rhaweil, weil der zweijährige Krabaan versorgt werden müsse und Abwechslung brauche. Er lernt bereits Deutsch und kann schon bis zehn zählen.

Neue Erfahrungen machte Familie Khurana aus Afghanistan vor allem die ersten Monate über. Ihr Betreuungsvater Peter Hoffmann war immer ihre erste Ansprechperson: „Es gibt viele lustige Sachen, als die Familie einige Tage da waren, waren wir in den City Arkaden und Frau Khurana wusste nicht, wie sie auf eine Rolltreppe steigen sollte. Das hat sie nicht gekannt und war noch scheu.“ Man sei mit Japleen Schwimmen gewesen, oder auch Radfahren, dies habe er in Kabul alles nicht können. Auch Vater Rhaweil will in der neuen Heimat Radfahren lernen. Japleens Wünsche für die Zukunft: Er möchte in die HTL Ferlach gehen und Autodesigner werden.

Links: