Bei der Bergrettungs-Ausbildung dabei

Die Ausbildung zum Bergretter dauert rund vier Jahre: Skifahren im Gelände, Lawinenkunde, Bergetechniken und Arbeit im Eis müssen die künftigen Bergretter lernen. ORF-Redakteur Peter Matha hat sie fünf Tage lang bei der Ausbildung im Fels begleitet.

Der Felskurs, diesmal in den Lienzer Dolomiten, ist so etwas wie der Einstieg für die ehrenamtlichen Helfer, viele nahmen sich Urlaub dafür. Bei jedem dieser Kurse wird auch erste Hilfe gelehrt, die von Jahr zu Jahr umfangreicher wird. Mediziner und Notfallsanitäter zeigen, was auf dem Berg alles passieren kann und wie man richtig hilft. 26 angehende Bergretter und sechs Ausbilder waren mit dabei, einige der Teilnehmer sind Angehörige von Bergrettern und wollen daher die Ausbildung machen.

Kletterer

ORF/Peter Matha

Richtiges Bewegen im Gebirge

Vor der Hütte gibt es Übungsfelsen für die Gruppe. Bei Martin Glantschnig springt eine Gruppe junger Bergretter von einem Stein zum anderen, so lernt man, den Körper kräftesparend zu bewegen. Dann werden die Felsblöcke höher und steiler. Es gilt, klettern ohne die Hände zu benutzen, denn man soll sich nicht auf einen Berg hinaufziehen, so Glantschnig: „Je mehr man mit den Beinen tut, die die stärksten Muskeln haben, desto einfacher ist es.“

Bei einer anderen Station geht es darum, einen sicheren Stand zu bauen. Das heißt, mit Karabinern, Schnüren, Bändern und Haken eine Fixierung zu bauen, bei der man sich und andere sichern kann. Dabei wird vieles doppelt gemacht, damit nichts passieren kann. Ausbilder Michael Lunder schaut genau zu, erkennt jeden kleinsten Fehler: „Wenn es den Sturz in den Standplatz gibt, hänge ich nur an einem Haken und das kann zu wenig sein.“ Hunderte Male muss ein Handgriff geübt werden, bis er in Fleisch und Blut übergegangen ist, auch ein einfacher Knoten.

Sendungshinweis:

Radio Kärnten Schwerpunkt; 15. Juli 2015

Für die Heiligenbluter Bergführer Martin Glantschnig und Martin Daberer ist das alles längst verinnerlicht, für ihre Schützlinge noch nicht. Abseilen, sich selbst retten können, sind weitere Stationen an diesem Tag.

Notärzte lehren am Berg

Diesmal kam auch Josef Ehgartner, Bergretter und Mitglied der ÖAMTC Rettungshubschrauber Crew, auf den Berg zum Unterrichten. Es geht neben dem Transport von Menschen mit offenen Brüchen um Reanimation. Der Defibrillator als Lebensretter hält auch in den Bergen nach und nach Einzug. Auf mehreren Hütten gebe es schon „Defis“, so Ehgartner.

Bergrettung Ausbildung Erste Hilfe

ORF/Peter Matha

Auch Bergretter und Notarzt Thomas Rieder aus dem Unfallkrankenhaus Klagenfurt gibt sein Wissen weiter. Er stellt klar: Man könne bei Unfällen am Berg zwar helfen, wichtig sei es aber, den Patienten schnell ins Tal zu bringen. Bevor jemand mit der Ausbildung zum Bergretter überhaupt anfange, müsse er 16 Stunden Erste Hilfe mitbringen. Dann schicke man die Teilnehmer binnen vier Jahren in vier Kurse samt medizinischer Ausbildung, so Rieder. Obwohl der Hubschrauber viel helfe, könne er nicht immer fliegen, so Rieder. Internistische Notfälle wie Herzinfarkte werden häufiger, meint Rieder, weil sich auch immer mehr ältere Menschen in die Berge trauen. Das werde in der Ausbildung berücksichtigt.

Nach zwei Tagen gemeinsamen Übens ist die Gruppe schon so etwas wie eine Familie. Manchmal geht es noch etwas langsam auf dem Weg zu den Gipfeln dahin, aber alle Sicherungen im Fels werden doppelt und dreifach überprüft.

Bergrettung Ausbildung Peter

ORF/Peter Matha

Tödlicher Unfall wird thematisiert

Sicherheit ist oberstes Gebot. Das war es auch am 21. Juni, als fünf Bergretter bei der Oberwalderhütte von einer Lawine verschüttet wurden. Zwei starben in den Schneemassen. Rudi Preimel ist seit 37 Jahren dabei und Ausbildungsleiter der Kärntner Bergrettung.

Bergrettung Ausbildung

ORF/Peter Matha

Auch, wenn es schwer falle, müsse man über diesen Unfall vor allem mit den jungen Mitgliedern sprechen: „Das war eine Riesenkatastrophe, das einzige, was uns positiv stimmt ist, es ist kein Fehler passiert. Die Gefahr ist nicht zu erkennen gewesen. Am Unfallhang war vorher eine andere Gruppe, die nachfolgende Gruppe hat den Hang beurteilen können und konnte keine Gefährdung erkennen.“ Das Restrisiko in den Bergen bleibe, so Preimel. Bergretter müssen vor allem bei schlechten Wettersituationen in die Einsätze. Man müsse darüber sprechen und die jungen Kameraden motivieren.

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Zeitraffer-Video von Peter Matha vom Laserzsee in den Lienzer Dolomiten auf 2.260 Meter Seehöhe.

Immer mehr Radfahrer in Bergnot

2005 wurden die Bergretter 280 Mal geholt, 2015 waren es doppelt soviele Einsätze, weil immer mehr Menschen in die Berge gehen. Rupert Tembler, der jahrelang als Wirt der Erzherzog-Johann-Hütte unter dem Glockner zum Lebensretter wurde, ist jetzt Gastgeber in der Karlsbaderhütte. Viktor Steiner Bergführer und Bergrettungsmann aus Mallnitz erzählt, dass immer öfter Radfahrer aus felsigem Gelände geholt werden müssen. Auch noch im Hochsommer könne Altschnee zum Problem werden. Wer die Gefahr unterschätze, gerate schnell in Lebensgefahr.

Die Erfahrung zeigt den erfahrenen Alpinisten: Schlecht ausgerüstete Bergsteiger sind kaum noch unterwegs. Was oft fehlt, ist das Wissen, wie man mit der Ausrüstung richtig umgeht. Das größte Problem sei es, Gefahren richtig einzuschätzen. Andres Schwarz, Bergführer aus Köttmansdorf, der schon viele hohe Berge der Welt bestiegen hat, sagt, es bleibe immer ein Restrisiko. Viele unterschätzen auch Klettersteige, das sei kein Wanderausflug.

Alle bestanden die Prüfung

Viele der Jungbergretter lernen noch am Abend für die Prüfung: Wie man ein Seil richtig versorgt oder provisorisch ein Geschirr für einen Verletzten herstellt. Ein bisschen Nervosität ist am Tag der Prüfung zu spüren. Fehler machen ist zwar noch erlaubt, zu schwerwiegend sollten sie aber nicht sein.

Zu Mittag steht fest, dass der Kurs unfallfrei zu Ende gegangen ist und alle bestanden haben. Aber nicht jeder hat die Bestnote erreicht. Den Teilnehmern wurden auch ihre Grenzen aufgezeigt. Einer, der regelmäßig die Kurse besucht, ist der Landeschef der Bergrettung, Otmar Striednig. Zu den 800 derzeit aktiven Mitgliedern kommen durch die Kurse neue, junge, dazu. Er wünscht sich, dass die Bergrettung so bleibe, wie sie jetzt ist.

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