Hungerkünstler leben länger

Die Zecke kann das Zwanzigfache ihres Körpergewichtes aufnehmen, stirbt eher wenn sie gut genährt wird und leckt das Blut ihrer Opfer auf, statt es zu saugen. Ihr Speichel ist - trotz seiner verheerenden Wirkung als Krankheitsüberträger - ein wahres Chemiewunderwerk.

Zecken sind gefürchtete Krankheitsüberträger. Bekannt ist, dass sie die Viruserkrankung FSME und Borreliose übertragen. Eine „Begegnung“ kann für den Menschen tödlich verlaufen. Weltweit gibt es mehr als 900 Zeckenarten, bestätigt Zoologe Christian Wieser vom Landesmuseum Klagenfurt: "Nicht jede Zecke geht den Menschen an - es gibt viele Arten, die auf Vögel, Igel oder andere Tiere spezialisiert sind. Je näher man den Tropen kommt, desto mehr dieser Tiere gibt es. Bei uns in Mitteleuropa rechnet man mit circa zwanzig Arten.“

Zecke

DPA/Patrick Pleul

„Auf der Flucht“: Der Gemeine Holzbock

„In der Not frisst der Teufel fliegen“

Die häufigste Zecke, die den Menschen hierzulande als Wirt benutzt, ist der Gemeine Holzbock. Aber auch jene Zecken, die das Blut von Tieren bevorzugen, können den Menschen als „Notwirt“ annehmen. Wieser: „In der Not frisst der Teufel fliegen. Wenn sie eine Blutmahlzeit auf einer Katze nehmen, lassen sie sich fallen und gehen nicht sofort auf den Menschen über. Da ist ein Entwicklungsschritt dazwischen.“

Der Lebenszyklus einer Zecke ist von vier Phasen geprägt - wie rasch sie diese Zyklen durchschreitet, hängt von ihrem Erfolg als Jäger ab. "Die geschlechtsreife und begattete Zecke legt Eier in den Boden. Daraus schlüpfen die Larven. Nach einer Häutung wird daraus die Nymphe und daraus dann das fertigte Zeckentier – ob Männchen oder Weibchen ist egal. Wichtig ist, dass die Zecken in jedem Stadium Blut trinken müssen, um sich zu entwickeln.“

Forscherin im Labor vor einem Zeckenplakat

dpa

Vier Lebenszyklen - dazwischen können Jahre liegen

Zecken können auch den Winter überleben. Wie alt eine Zecke werden kann, ist schwer einzuschätzen, meint Christian Wieser. "Es hängt davon ob, wie oft sie Nahrung bekommt. Im Extremfall können jahrelange Hungerphasen eintreten, wenn sie keinen Wirt kriegen. Wenn sie sofort immer gut genährt werden, wird der Zyklus rasch vollzogen.“

Die Larven und die Nymphen sehen ähnlich aus wie die ausgewachsene Zecke. Aber, so Wieser: "Larven und Nymphen sind um einiges kleiner als die erwachsenen Tiere. Bei den Larven gibt es nur drei Beinpaare, bei den Nymphen sind es vier. Diese schauen schon ähnlich aus wie eine erwachsene Zecke – nur eben um einiges kleiner.“

Denn auch die adulten Tiere haben vier Beinpaare - deshalb gehören die Zecken auch zu den Spinnentieren. Nur die erwachsenen Tiere sind geschlechtsreif. Beim gemeinen Holzbock stirbt das Weibchen nach der Eiablage. "Es gibt andere Arten im tropischen Raum, die immer wieder Blut saugen und Eier legen. Beim typischen Kärntner Holzbock ist das anders.“

Nachwuchs (fast) rund um die Uhr

Bei den Zecken kann es außer im Winter immer Nachwuchs geben. "Sobald es im Frühling warm wird, sie einen Wirt finden und begattet sind, können sie Eier legen – Frühling oder Herbst ist egal.“

Zecke beim Hund

dpa-Zentralbild/Arno Burgi

Diese Zecke saugt augenscheinlich bereits seit längerem

Wie viel Blut aufgenommen wird, ist unterschiedlich. Das Männchen braucht das Blut nur für die eigene Energieversorgung, das Weibchen auch für die Eiablage. „Wenn man sich eine richtig vollgesogene Zecke vorstellt - das ist so ein richtig großer Ball mit einem kleinen Vorderteil, wo der Kopf dransitzt“, weiß der Zoologe. Wenn auch im Volksmund von „Zeckenbissen" die Rede ist, so beißen die Zecken ihren Wirt eigentlich nicht, sondern lecken das Blut auf.“

Beinrezeptoren orten Körperflüssigkeiten

Die heimischen Zecken lauern ihren Wirten auf. Dabei sie sitzen mit ausgestreckten Beinen auf Grashalmen. Auf den Beinen haben sie Rezeptoren, mit denen sie die Körperflüssigkeiten des Menschen orten können. Wenn jemand bei ihnen anstreift, klammern sie sich sofort fest und suchen sich am Körper ein gut durchblutetes Plätzchen.

Zecke auf einem Blatt

dpa

Wieser: „Sie sind da sehr wählerisch. Es ist nicht so, dass eine Zecke sich draufsetzt und dann sofort zusticht, sie suchen sich eher geschützte Stellen, wo die Haut etwas feuchter und dünner ist – in der Achselgegend, der Kniebeuge oder hinter dem Ohr – wo sie dann in Ruhe ihre Mahlzeit einnehmen können.“

Sendungshinweis:

Radio Kärnten Family, 27.4.2015

„Wunderwerk“ Zeckenspeichel

Manchmal kann es auch sein, dass man es, gar nicht bemerkt, wenn man von einer Zecke gestochen wird, der Grund: Der Speichel der Zecke enthält leichte Betäubungsmittel, damit der Wirt den Stich nicht sofort bemerkt und sie abstreift. Der Zeckenspeichel hemmt an der Einstichstelle die Immunabwehr. „Das ist ein ganz ein komplexes System: Der Speichel enthält verschiedenste Eiweißstoffe, um ihre Beute zu überlisten. Es muss ja auch so sein, dass die Blutgerinnung gehemmt wird, sonst verklebt die Einstichstelle sofort.“

Infektionsgefahr unabhängig von der Zeckengröße

Zecken übertragen häufig Krankheitserreger zwischen ihren Wirten, ohne jedoch selbst zu erkranken. Wie klein oder groß eine Zecke ist, sagt nichts über die Infektionsgefahr aus, die von ihr ausgeht. Dabei handelt es sich um Keime, die vor allem Gehirnhautentzündung und Borreliose auslösen können.

Zecke

Tamara Hoffmann / pixelio.de

Winzig - deswegen aber nicht weniger gefährlich

Wieser: "Das Problem der Krankheitsübertragung stammt daher, dass sie öfters Blut trinken müssen. Sie brauchen nur irgendein infiziertes Tier im Larvenstadium gestochen und damit Krankheitserreger aufgenommen haben, die sie dann mit der nächsten Blutmahlzeit im Speichel weitergeben. Sie können so vom Nagetier oder Hund auf den Mensch übertragen werden.“

Borrelien

ORF

Borrelien unter dem Mikroskop

Blutsauger haben jetzt „Saison“

Nach einem Aufenthalt in der Natur sollte der Körper immer nach Zeckenbefall abgesucht werden: „Es ist so: Sie beißen nicht sofort zu, sondern sind auf der Suche nach einem gemütlichen „Platzerl“, so dass man sie noch, ohne dass sie gestochen haben, entfernen kann.“ Temperaturen um 25 Grad haben die Zecken heuer bereits aus ihren Verstecken gelockt und sind bereits aktiv - bekanntlich immer auf der Suche nach frischem Blut.

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