Die Birke: Heildroge und Pollenplage

Dieser Baum polarisiert wie kein anderer: 50 Prozent aller Pollenallergiker leiden ihretwegen, andererseits filtert die Birke Schadstoffe aus der Luft und gilt wegen ihrer Inhaltsstoffe als starke Heilpflanze. Verwendung findet ihr Harz schon seit 50.000 Jahren - zum Beispiel, um damit Boote abzudichten.

Die Birke ist in Nordeuropa, teilweise auch in Mitteleuropa, ein Symbol für den Frühling und die Jugendlichkeit. Viele Menschen lieben diesen Baum alleine schon wegen seines Aussehens. Charakteristisch für die Birke sind ihr weißer Stamm, die kleinen Blätter und eine Baumkrone, die viel Licht durchlässt.

Felix Schlatti vom Botanikzentrum Klagenfurt: "Die Zweige sind sehr zart und biegsam, hängen auch oft nach unten, deshalb sagt man auch Hängebirke zur gewöhnlichen Birke. Das alles gibt ihr einen sehr attraktiven Habitus. Zusätzlich kommt noch dazu, dass sie angeblich sehr gut Schadstoffe aus der Luft herausfiltern kann.“

Birke

Eberwein privat

Birke „verschwindet“ wegen des Pollens aus Städten

Zwischen Ende März und Ende April produziert die Birke große Mengen an Pollen, die den Allergikern zu schaffen machen. Aus diesem Grund werden in manchen Städten Birken nicht mehr angepflanzt. „Wir haben ja in den Städten viele Alternativen, die mit den Luftschadstoffen gut zurechtkommen: den Ginkgo zum Beispiel, der immer häufiger gepflanzt wird. Außerdem Silberlinden und ähnliche Gehölze.“

Grundsätzlich sind die Birken sehr genügsam, sie gedeihen auch in nährstoffarmer Erde. Außerdem wachsen sie sowohl auf feuchten als auch auf trocknen Böden. „Das ist auch sehr spannend: Die Birke kann je nach Standort ihren Wasserverbrauch total ändern. Was die Birke nicht verträgt, ist, dass sich an ihrem Standort der Wasserhaushalt drastisch ändert. Wenn an einem trockenen Standort der Boden überschwemmt wird, kann es sogar sein, dass sie abstirbt – das mag sie überhaupt nicht“, so Felix Schlatti.

Heimisch bis in den hohen Norden Europas

In Österreich gibt es vier Birkenarten: Die Zwerg- und die Strauchbirke wachsen strauchartig und erreichen eine Höhe von einem halben Meter beziehungsweise zwei Metern. Die Hänge- und die Moorbirke können zirka bis zu 30 Meter hoch werden, weiß Botaniker Felix Schlatti. "Unsere heimische Hängebirke kommt vor vom Ätna, das ist ihr südlichstes Verbreitungsgebiet, dort natürlich in Hochlagen. Im Norden, bis zum Polarkreis und im Osten bis Mittelsibirien und bis zum Altei. Es ist also ein recht großes Verbreitungsgebiet. Die Moorbirke hat ein ganz ähnliches Verbreitungsareal, nur etwas nach Norden verrückt. Diese kommt bis Hammerfest vor – also wirklich bis zur Nordgrenze Europas.“

Vor allem in Finnland, im nördlichen Schweden und in Norwegen gibt es große Moorbirken-Bestände. Dort sind sie wichtige Nutzhölzer. "Bei uns ist das ja nicht so üblich, dass Birken geschnitten werden, um daraus Holz zu gewinnen. Im Norden Europas sehr wohl, dort werden sie zur Möbelproduktion eingesetzt. In der Zwischenzeit sind diese Möbel ja auch bei uns in fast jeder Wohnung zu finden weil sie helles Holz haben, das sehr attraktiv ist.“

Sendungshinweis:

Radio Kärnten Family, 13. April 2015

Das Birkenholz ist recht weich, aber relativ leicht, es hat schwache Jahresringe und nur eine unscheinbare Maserung. Aus diesen Gründen kann man das Holz leicht bearbeiten und es wird auch gerne zum Schnitzen verwendet. Nur: "Es eignet sich überhaupt nicht für den Einsatz im Freiland, weil es überhaupt nicht resistent ist gegen Pilze und Insektenfraß – aber für Wohnungen, also im Trockenen, ist das Birkenholz wegen seiner hellen Farbe sehr beliebt.“

Ein Allrounder: Die Birkenrinde

Anders als das Holz ist die Rinder Birke wasserfest und deshalb auch im „Außeneinsatz“. Botaniker Felix Schlatti: "Die Rinde der Birke enthält den Inhaltsstoff Betulin und ist daher wasserfest. Im Norden Skandinaviens wurden damit traditionell die Dächer der Hütten gedeckt, manchmal auch Kleidungsstücke hergestellt oder Taschen. Noch besser ging dies mit einer nordamerikanischen Verwandten der Birke, der Papierbirke – aus der wurden sogar Kanus gemacht und ist damit ins Wasser gegangen.“

Birke

Eberwein privat

Betulae folium: Ein Heilmittel der Volksmedizin

Die Birkenblätter enthalten wichtige Wirkstoffe, wie Gerbstoffe, ätherische Öle und Vitamin C. Das Birkenlaub wird gerne in der Pflanzenheilkunde und in der Medizin eingesetzt. „Man nennt das dann Betulae folium. Das ist eine Heildroge, die nachweislich diuretisch wirkt. Das heißt, es werden die Nieren und die Harnblase durchgespült.“ Deshalb werden in der Volksmedizin Birkentinkturen gegen Blasen- und Nierensteine verwendet – „aber auch zum Ausspülen von Entzündungskrankheiten durch die erhöhte Harnproduktion. Aber auch gegen Rheuma und Gicht hat man in der Volksmedizin das Laub der Birke eingesetzt.“

Beim Anzapfen der Birke erhält man einen Saft. In den Frühlingsmonaten wird der Baum anbohrt, ungefähr zwei bis vier Zentimeter tief. Dann tritt der Blutungssaft aus. „Dieser wird in Polen aber auch im Osten Deutschlands eingesetzt zur Produktion von Saft, Wein und Haarwasser. Dieses kann man auch bei uns kaufen, es soll gegen Haarausfall und Schuppen gut sein, und auch die Kopfhaut kräftigen“, so Felix Schlatti.

Der Urkaugummi Nordeuropas: Das Birkenharz

Das Harz oder das Teer der Birke wird schon seit 50.000 Jahren als Klebemittel genützt, zum Beispiel, um damit Boote abzudichten. "Weil es eben wasserabweisend ist oder zum Ankleben von Speerspitzen auf die Stiele. Möglicherweise - man hat hier Überreste gefunden – als Urkaugummi. Ähnlich wie man in Nordamerika die Gummi-Inhaltsstoffe des Amberbaums gekaut hat, hat man in Nordeuropa das getrocknete Teer der Birken gekaut. Es schmeckt auch leicht süß.“

Birke

Eberwein privat

Der Birkenblattroller - ein Taschenbastler

Die Birken sind nicht nur dem Menschen nützlich, sondern dienen auch einigen Insekten und Vögeln als Lebensraum, weiß Felix Schlatti. „Zum Beispiel die Birkenwanze oder den Birkenblattroller. Das ist ein Käfer, der aus Birkenlaub kleine Taschen bastelt und dort seine Gelege ablegt. Die Larven entwickeln sich dort. Eine Birkenblattwespe gibt es auch.“

Der Birkenspanner findet auf der Birke ebenfalls sein zu Hause. Schlatti: „Es ist ein weiß bis hellgrau gefärbter Spanner-Schmetterling, der ganz bemerkenswert weiß bis hellgrau gemustert ist und damit aussieht wie die Rinde der Birke. Wenn er draufsitzt ist er recht gut vor eventuellen Fraß-Feinden geschützt, weil sie ihn schlecht sehen können.“ Vögel, wie das Birkhuhn und der Birkenzeisig halten sich ebenfalls gerne in der Nähe der Birke auf. Noch ein Grund mehr, die Birke - trotz ihres Pollens - zu mögen.