Was Kinder glücklich macht
Anton Bucher, Universitätsprofessor, Theologe und Buchautor, hielt am Dienstag einen Vortrag von Katholischem Bildungswerk und Katholischem Familienwerk über das, was Kinder glücklich macht. Zuvor war er zu Gast in Radio Kärnten. Er sagte, in der Erziehungswissenschaft habe man sich über alle möglichen Dinge Gedanken gemacht, nur die ganz nahe liegende Frage, was Kinder glücklich mache, sei lange nicht gestellt worden.
Sendungshinweis:
Radio Kärnten Family, 23.9.2014
Haustiere und Familie für Kinder wichtig
Bucher: „In dem Zusammenhang habe ich zwei große Untersuchungen durchgeführt. Vor einigen Jahren haben wir in Salzburg 1.300 Kinder gefragt, was sie glücklich macht. Ich habe da Vieles gelernt. Ein Beispiel: Eine Elfjährige hat gesagt, sie macht glücklich ihr Hase Hoppel, ihre Katze Gipsy, der Kater Maunzi und die Freunde und Familie. Das ist ihre Prioritätenreihe - ich wusste nicht, wie wichtig Haustiere für das Glück sind.“
Man habe auch eine Studie in Deutschland gemacht, man wollte wissen, ob die deutschen Kinder so glücklich wie die österreichischen sind, so Bucher. Es sei herausgekommen, dass die österreichischen Kinder ein bisschen glücklicher seien. „Das hat vielleicht damit zu tun, dass wir die Daten in Österreich kurz vor den Sommerferien erheben mussten, da waren alle Schularbeiten vorbei. Die Trends sind aber die gleichen.“
Erwachsene teilen Begeisterung oft nicht
Jedes Kind sei einzigartig, Kinder können manchmal bei Tätigkeiten glücklich sein, die Erwachsene nicht nachvollziehen können: „Ich kann mich an meine älteste Tochter erinnern, als sie in die Pubertät kam. Da meinte sie, sie müsste unbedingt ein neues Haustier haben, es kam eine Ratte ins Haus. Die Ratte krabbelte auf ihrer Schulter und das Kind war glücklich. Ich bin ein Rattophobe und konnte das nicht nachvollziehen.“
Was die Kinder gemeinsam haben, sei das Glück gemeinsamer Unternehmungen mit der Familie, wenn der Alltag unterbrochen werde. Wichtig sei es auch, wenn Kinder etwas Neues lernen, so wie Radfahren, das mache sie glücklich. Dazu komme die Anerkennung der Familie, wenn man etwas Neues geschafft habe. Bucher ist selbst sechsfacher Vater. Seine Kinder seien aber ausgeflogen und das sei gut so. Kinder müssen irgendwann ausfliegen, so Bucher.
Kinder machen nicht glücklich
Machen nun aber auch Kinder glücklich? Bucher erinnerte sich an das erste Kind, es kamen durchwachte Nächte, Krankheiten und auch aggressive Eltern. So stelle man sich das natürlich vorher nicht vor. Aus Studien wisse man, dass die Zufriedenheit der Menschen mit Geburt der Kinder zurückgehe. Kinder machen auch viele Sorgen, so der Experte. Dennoch, wenn der Tiefpunkt durchschritten sei, meistens mit der Pubertät, steige die Glückskurve der Eltern wieder. Aber generell seien Eltern glücklicher, als kinderlose Menschen, so Bucher.
Glück ist individuell
Wie definiert man Glück? Bucher: „Psychologen fragen, was die Menschen unter Glück verstehen und fragen, wie glücklich sie sich fühlen und einschätzen. Das ist ganz subjektiv.“ Gehirnforscher entdeckten, was sich im Hirn abspiele, wenn man glücklich sei. Es werden Botenstoffe ausgeschüttet, die die Aktivität stärken, wie Dopamin. Oxitocin werde bei engen Sozialkontakten ausgeschüttet, es gilt auch als Treuehormon. Auch Serotonin werde ausgeschüttet, so Bucher. Der Blutdruck ist erhöht, das Herz schlägt schneller, wenn man glücklich ist. Für die Jugend ist Glück leidenschaftlicher, habe mehr mit Spaß zu tun. Ältere Menschen seien oft gelassener und oft auch subjektiv glücklicher als Junge. Sie nehmen Dinge an, wie sie sind, sie seien zufriedener, so der Experte.
Glück auch genetisch festgelegt
„Der schnellste Weg zum Unglücklichsein ist das Grübeln, das Denken im Konjunktiv wenn man sagt, hätte ich doch damals die richtige Frau geheiratet, das richtige Studium gewählt. Am glücklichsten sind Menschen, die sagen, es ist wie es ist und es ist gut so.“ Man könne am Glück arbeiten, es sei zu 50 Prozent genetisch festgelegt. Das wisse man aus der Zwillingsforschung. Menschen seien auf „Glücksrichtwerte“ eingestellt. Bei positiven Erlebnissen wie Heirat oder beim ersten Kind sei man himmelhochjauchzend, die Kurve schwingt aber wieder zurück. Das sei aber positiv, denn auch bei negativen Erlebnissen wie Unfällen könne man wieder glücklich werden.
Viele Menschen verschieben ihr Glück auf später, nach der Pension, wenn die Kinder groß sind. Dann ändern sie ihr Leben, aber an der Zufriedenheit ändere sich nichts, so Bucher. Andere schaffen den Absprung, wenn sie etwa ein Hobby oder einen Beruf ausüben, der sie glücklich mache. Daher sei es wichtig, Kindern genügend Freiraum zu lassen, damit sie ihre Glücksmomente erleben können. Man könne sie aber begleiten, wenn man eine Umgebung schaffe, in der sie sich gefahrlos bewegen können.
Dankbarkeit als Glücksstrategie
„Eine wirksame Glücksstrategie, die empirisch-experimentell bestätigt wurde, ist die Dankbarkeit. Bei einem Versuch mit zwei Gruppen von Studenten wurden zunächst Fragebögen ausgefüllt, da waren beide Gruppen etwa gleich glücklich. Eine Gruppe sollte jeden Abend den Tag noch einmal zu überdenken und aufzählen, wofür sie dankbar sein können. Eine andere Gruppe wurde angehalten, sich an die negativen Dinge zu erinnern, die am Tag passiert sind, wie oft sie sich geärgert haben. Nach einigen Wochen hat sich gezeigt, dass die stets Dankbaren glücklicher und zufriedener waren als die, die sich an den Ärger erinnerten.“
Schule als Unglücksfaktor
Menschen in Beziehungen seien glücklicher als Singles. Für Kinder sei es zentral, ob sie eine sichere Bindung aufbauen können. Wichtig sei, ein Baby zu tragen - keine Affenmutter würde ein Kind in einem Wagen schieben. Später komme dann die Schule. In der Studie fragte man die Kinder, wo sie unglücklich seien. Dabei kamen Zahnarzt und Schule fast an gleicher Stelle. Gründe seien mannigfaltig. Viele leiden unter Monotonie, Leistungsdruck und Langeweile, Demütigungen und Angst. Bucher erinnerte sich an seine eigene Schulzeit, vor allem Mathematik - Angst verhindere das Lernen, so der Experte. „Es ist bedenklich, dass 20 bis 25 Prozent der Kinder solche Schulangst erleiden müssen.“
Schulen nutzen die Glücksstudien gar nicht. Die Ausnahme sei Skandinavien, wo die Befindlichkeiten auch in der Lehrerausbildung berücksichtigt werden. Die Finnen sagen, die wichtigste Aufgabe der Schule sei, dass sich das Kind wohlfühlt. „Bei guter Laune lernen wir am besten.“ Er wünsche den Kindern Lehrer, die Humor haben und Begeisterung zeigen können, so der Glücksforscher.