Wurzeln - Der verborgene Teil der Pflanzen

Kaum jemand kennt die „dunkle Seite“ der Pflanzen. Im Pflanzensoziologischen Institut in Klagenfurt sind die Mitarbeiter auf Wurzelforschung spezialisiert. Botanikerin Monika Sobotik kennt sich in dem riesengroßen Wirrwarr an Wurzeln unter den kleinen Pflänzchen auf der Wiese aus.

Monika Sobotik erklärte am Beispiel eines getrockneten Herbstlöwenzahnes inklusive Wurzeln, wozu eine vergleichsweise kleine Pflanze wie der Löwenzahn eine so lange Wurzel braucht. Die Wurzel werde schließlich nicht nur zur Aufnahme von Wasser, sondern auch zum Abtransport der in den Blättern gebildeten Assimilate sowie zum Weiterleiten überproduzierter Stoffe benötigt. Der Herbstlöwenzahn scheint oberirdisch nur einige Zentimeter groß zu sein, könne aber unter der Erde über fünf Meter lang werden. Eine so lange Wurzel freizulegen, ist eine „Fitzlerei“. Mit Reißnadel und Krampen, also sehr feinem und auch sehr grobem Werkzeug könne man sie freilegen. Man müsse sie jedoch wirklich frei sticheln, weswegen sich auch nur sehr wenige Menschen diese Mühe machen.

Sendungshinweis:

Radio Kärnten Family, 8. September 2014

Kilometerlange Wurzel ist transportfähig

Die Botanikerin konnte die Pflanze samt ihrer langen Wurzel östlich von Wien mit Kollegen ausgraben. Im getrockneten Zustand wäre sie eigentlich steif und brüchig, doch die Expertin konnte sie in verschiedenen Konzentrationen von Glycerin biegsam erhalten. Laut Sobotik könne man sie in diesem Zustand sogar einrollen und problemlos in einer Handtasche mit auf Reisen nehmen. Die lange Wurzel lasse sich anschließend mit Stangen wieder aufziehen. Dies habe schon so manches Aufsehen erregt. Beispielsweise in Schweden bei der Wurzeltagung.

Löwenzahn und Sonne

dpa/Frank Rumpenhorst

Wurzel ist nicht gleich Knolle oder Spross

Zig Wurzeln beherbergt das Pflanzensoziologische Institut in Klagenfurt. Sie alle sind auf ihre Art und Weise bemerkenswert. Ein gutes Beispiel ist die Carex Hirta, auch bekannt als Sauergras, welches fast überall in Kärnten wächst. Die Expertin erklärte die Besonderheit der Carex Hirta anhand eines getrockneten Exemplars aus Grafenstein. Die Ausläuferbildung sei eine besondere Fähigkeit verschiedener Pflanzen. Die Ausläufer einiger Pflanzen können ganze Autobahnstrecken lang werden. Dies betreffe auch die Ackerdistel mit den so genannten Wurzelsprossen, welche keinesfalls mit Wurzeln oder Knollen zu verwechseln seien.

Das Schillergras besitze ebenso feine Verzweigungen. Laut der Botanikerin käme man beim Hintereinanderlegen der Graswurzeln dieser Pflanze auf viele Kilometer.

Genaues Hinsehen fasziniert

Die Wurzeln sind die Lebensgrundlage einer Pflanze. Je dicker sie sind, umso robuster und widerstandsfähiger sind sie, so die Botanikerin. Laut Monika Sobotik sei es zwar schwer, nur auf Grund der Wurzel die Art der Pflanze zu bestimmen. Einfacher sei es, die Familie und Gattung zu erfassen. Man könne auch nicht sagen, die Wurzeln welcher Pflanzen allgemein am faszinierendsten sind. Vielfach gebe es falsche Vorstellungen. Beispielsweise würden laut der Expertin viele vermuten, dass Bäume die tiefsten Wurzeln haben, das sei jedoch nicht wahr. Wichtig sind genaues Hinsehen und Interesse.

„Zurück zu den Wurzeln“

Alles, was die Wissenschaftler rund um Sobotik herausgefunden haben, ist in einem Wurzelatlas ausführlich nachzulesen. In sieben Bänden handelt dieser von Acker- und Wiesenpflanzen, Gemüse, Bäumen und Sträuchern. Es gebe nun auch einen Band für den inneren Aufbau der Pflanzen, welcher nur mit Hilfe eines Mikroskops entstehen konnte. Es sei jedoch nicht so einfach, Teile wie die junge Wurzel, die Rinde, die Rhizodermis (Abschluss nach außen) oder den Zentralzylinder auf Anhieb unter dem Mikroskop zu erkennen.

Je nachdem, wie Klima und Boden beschaffen sind, entwickeln sich die Wurzeln ein und derselben Pflanze zart und schmächtig oder üppig und weitläufig. Sobotik beschäftigt sich seit Jahrzehnten aus wissenschaftlicher Sicht mit Wurzeln, die auch eine symbolische Bedeutung haben können. Laut Sobotik sei der Ausdruck „Zurück zu den Wurzeln“ durchaus etwas, das zum Überleben beiträgt. Natürlich gebe es auch Pflanzen, die keine Wurzeln bilden. Diese seien jedoch in ihren Wachstumsmöglichkeiten beschränkt und können nie die Größe einer wurzelbildenden Pflanze erreichen.