Buchtipp: Pfahlbauten in Keutschach

Vor 150 Jahren haben Archäologen am Ufer des Keutschacher Sees Pfahlbauten entdeckt. Ein Sensationsfund. Zu diesem Thema präsentierte Paul Gleirscher, Experte für Ur- und Frühgeschichte, sein neues Buch.

Die Siedlung ist 6.000 Jahre alt, also 1.000 Jahre älter, als der berühmte Gletschermann „Ötzi“. Die Menschen zu dieser Zeit wählten den Standort bewusst aus. Sie bevorzugten Plätze an Seeufern, gegenüber dichten Wäldern. Paul Gleirscher: „Ich persönlich denke, dass auch die Weite des Blickes ein relevanter Faktor ist. Auf einem Seeufer hatte man den Vorteil, dass man durchatmen konnte, an der Sonne war und aus dem Urwald herauskam.“ Aus diesen Gründen gab es, abgesehen vom Keutschacher See, auch weitere Gewässer mit Pfahlbauten.

Pfahlbauten im Wasser

APA/Triton/Cyril Dworsky

Gerade für Archäologen sind Pfahlbauten von enormem Interesse. Entdeckte Siedlungen werden aber oft geheim gehalten, sagt Gleirscher. Die Gefahr der Beraubung sei durchaus vorhanden und manchmal sei es das Beste, wenn sie vorerst zu Forschungszwecken in den Archiven bleiben, bevor die Bekanntgabe stattfindet.

„Ritschert ist quasi eine Urnahrung“

Seit 2011 zählen die Keutschacher Pfahlbauten zum UNESCO-Weltkulturerbe. Es gäbe noch viel zu entdecken, so Gleirscher: „Die Pfahlbauten sind für den Archäologen die besten Siedlungen, die er nur finden kann. Neben Tonscheiben, Metall oder ähnlichem, bleibt auch das gesamte organische Fundspektrum erhalten, von Holzgeschirr und Körben bis zu Kleidungsstücken.“ Viele Funde ließen zudem Rückschlüsse auf den Alltag der Menschen in der späten Jungsteinzeit zu. Auch über den kulinarischen Bereich des damaligen Lebens kann Paul Gleirscher Auskunft geben: „Es gab keinen Reis, keine Kartoffel, keine Nudeln. Stattdessen aß man Gerste als Brei. Ritschert ist quasi eine Urnahrung, nicht nur für Kärntner, sondern in ganz Europa.“

Sendungshinweis:

Radio Kärnten Mittagszeit, 28. August 2014

Zusätzlich habe man Brot gebacken, bei dem verschiedene Weizensorten zur Anwendung kamen. Im Laufe der Kupferzeit entdeckte man außerdem Dinkel, so Gleirscher.

Erfinderische Urmenschen hielten Haustiere

Paul Gleirscher weist das Vorurteil vom wilden und ungebildeten Urmenschen ab. Die Bewohner der Pfahlbauten seien ideenreich und erfinderisch gewesen: „Auch wenn die Erfindungen im Abstand von einigen hundert Jahren vollzogen wurden, sind sie nicht minder spektakulär. Das betrifft die Zucht der Haustiere, wie Rinder, Ziegen und Hunde, sowie die Erfindung von ersten Maschinen und die Verarbeitung von Kupfer.“ Schon damals gab es enge Verbindungen zu Siedlungen im heutigen Slowenien: „Es gab sehr enge kulturelle Beziehungen zwischen dem (heutigen) Kärntner- und dem (heutigen) Laibacher Raum. Dort befand sich ein großer See zwischen Laibach und Vrhnika. Er war umgeben von Pfahlbauten. Es ist nicht ganz die gleiche Kultur, aber sie wurzelt im gleichen Ursprung“, sagt Gleirscher. Den Warenaustausch über die Grenzen gab es ebenfalls bereits. Kärnten war ein aktiver Teil des „Alpen-Adria Raumes“, auch mit dem heutigen Italien gab es enge Beziehungen: „Wir haben von der italischen Kultur auf dem Kanzianiberg bei Finkenstein sehr schöne Befunde, die zeigen, dass bis in den Villacher Raum ein regelmäßiger Kontakt schon damals bestanden hat“, verrät er.

Zander gefährdet Pfahlbauten

Heutzutage habe die Urgeschichtsforscher allerdings ganz andere Sorgen. Der Zander, ein von Fischern gerne gefangener Fisch, gefährdet den Zustand der Pfahlbauten. Man habe dies vor kurzem allerdings bemerkt und arbeite an einer Lösung des Problems, verrät Gleirscher. Die Präsentation des neuen Buches von Paul Gleirscher, mit dem Titel „Keutschach und die Pfahlbauten in Slowenien und Friaul“, findet Freitagabends um 19.00 Uhr im Schloss-Stadl in Keutschach statt.