Wenn das Sammeln zur Sucht wird

Der Fall einer Feldkirchnerin, die ihr Haus praktisch ihren Katzen überlassen hatte, und mit ihnen unter schlimmen Zuständen hauste, sorgte für Aufsehen. Vorfälle wie dieser sind kein Einzelfall. Nicht selten handelt es sich bei den Betroffenen um psychisch kranke Menschen.

14 Katzen hatte die Tierrettung aus einem Haus in Feldkirchen geholt. Die herzkranke Bewohnerin war offenbar mit der Betreuung der Tiere und der Pflege ihres Hauses völlig überfordert. Die hygienischen Zustände waren unhaltbar.

Verwahrloste Katzen

TIKO

Die Frau hatte das Haus praktisch den Katzen überlassen.

Betroffene legen Wert auf Kontakt zu Lebewesen

Immer wieder entdecken die Behörden solche schlimmen Zustände. Nicht selten handet es sich bei den Betroffenen um psychisch kranke Menschen. „Das sind Menschen, die Wert darauf legen, dass sie von Lebewesen umgeben sind. Sie bevorzugen Tiere. Das heißt nicht, dass sie nicht auch Kontakt zu Menschen haben“, sagte der Psychologe Kurt Kurnig.

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„Plötzlicher Verlust der Tiere wäre Schock“

Gerade deshalb kann die Gesellschaft in solchen Fällen nicht auf Dauer zusehen, wie im aktuellen Fall. „Natürlich wird man irgendwann eingreifen und sagen müssen, dass aus hygienischen Gründen – in Hinblick auf diese Frau selbst, aber auch in Hinblick auf Nachbarn – die Tiere aus der Wohnung entfernt werden müssen. Es wäre dabei aber auch wichtig, dieser Frau die Möglichkeit zu geben, weiterhin Kontakt zu ihren Tieren zu halten. Wenn es schon nicht in der kleinen Wohnung oder im Haus geht, dann vielleicht, indem sie zu den Tieren, die ja jetzt im Tierschutzhaus sind, Kontakt halten kann. Das wäre dann eine wirklich helfende Maßnahme – nicht nur hygienisch und medizinisch, sondern auch psychologisch.“

Der plötzliche Verlust der Tiere könne sonst zu einem Schock führen, der nur schwer behandelbar ist.

Ausgeprägter Sammeltrieb nicht gleich krankhaft

Sehr oft sind es aber nicht Tiere, die die Wohnungen verunreinigen, sondern die Bewohner selbst. Sie sammeln alles, was ihnen unterkommt - von alten Zeitungen über Kleidung bis hin zu leeren Verpackungen und verderblichen Lebensmitteln. Diese „Messies“ leiden zwar unter einem gewissen Maß an Verwahrlosung, krank sind sie aber nicht immer unbedingt, sagt der Psychologe.

Sendungshinweis: „Radio Kärnten Mittagsjournal“, 18.11.11

„Das kann eine psychische Störung oder Krankheit zur Grundlage haben. Es ist aber auch eine Frage des Lebensstils. Es gibt Menschen, die einfach keinen Wert darauf legen, Ordnung zu halten und die sich von dem, was sie angeschafft haben, einfach nicht trennen können. Es gibt auch Menschen, die einen ausgeprägten Sammeltrieb haben. Dahinter würde ich grundsätzlich kein Krankheitsbild sehen. Wenn, dann am ehesten eine Art neurotische Störung, die solchen Verhaltensweisen zu Grunde liegen kann.“ Diese sei aber nicht komplett heilbar.

Betroffene können anderen Umgang lernen

Komplett ändern kann man die Betroffenen nicht, vor allem wenn sie bereits älter sind. „Man kann ihnen nur beibringen, mit diesen Dingen anders umzugehen. Das ist ungefähr so, wie bei einem Alkoholiker: Man wird ihn nicht wirklich ändern. Man kann ihm nur beibringen, die Finger vom Alkohol zu lassen. Beim Alkohol ist das klar, aber bei Lebewesen und Dingen geht es darum, eine andere Form der Beziehung zu diesen Lebewesen aufzubauen. Wichtig ist es, dass diese Menschen eine entsprechende Begleitung haben“, so der Experte.

Diese Begleitung könne eine Form von Psychotherapie sein. In erster Linie sei aber eine praktische Unterstützung der Betroffenen ratsam. Bei Jugendlichen ist es auch eine sozialpädagogische Betreuung, sagt Kurnig.