Gewerkschaft kritisiert Kärntner Pflegeheime

Chronischer Personalmangel und zunehmende Beschwerden: Die Gewerkschaft vida kritisiert die Situation in den Kärntner Pflegeheimen. Es brauche ein neues Pflegemodell - für Betroffene finanzierbar und für Bedienstete attraktiv.

Obwohl es in letzter Zeit einige Verbesserungen gegeben habe, herrsche in den Kärntner Heimen weiterhin chronischer Personalmangel, kritisierte vida am Donnerstag. Dieser Personalmangel zeige sich auch in der zunehmenden Zahl an Beschwerden der Mitarbeiter. In den letzten fünf Jahren führte die Gewerkschaft rund 300 Interventionen und Verfahren gegen Heimbetreiber. „Das ist ganz klar zu viel“, sagte Ursula Heitzer, Vizepräsidentin der Bundesarbeiterkammer.

Arbeitszeitverletzungen, zu kurze Ruhezeiten oder nicht bezahlte Überstunden seien die häufigsten Verfehlungen gewesen. „Die Beschäftigten - und das sind vorwiegend Frauen - sind zum Teil schweren gesundheitlichen und seelischen Belastungen am Arbeitsplatz ausgesetzt.“

„Betriebsräte werden in Arbeit behindert“

Über 50 Prozent der Pflege ist in Kärnten privat organisiert, wobei zwei Unternehmen mehr als ein Drittel der Heime betreiben. Immer wieder werde seitens privater Betreiber versucht, Betriebsräte aktiv zu behindern oder überhaupt zu verhindern, sagte Cornelia Heintze, Gesundheits- und Sozialexpertin aus Deutschland. Vom Datenschutz profitieren laut Heitzer vor allem die „schwarzen Schafe“ unter den Betreibern. Die Gewerkschaft vida fordert in diesem Zusammenhang die Transparentmachung von Verwaltungsstrafen gegen Pflegeheimbetreiber.

Das seit Jänner geltende neue Kärntner Heimgesetz sei nur ein erster Schritt zur Verbesserung der Situation, sagte Walter Becker, Fachgruppensprecher für Gesundheit und Soziales. Auch würden die Vorschriften in der Realität bei Weitem nicht eingehalten. Der Pflegeschlüssel von eins zu 2,4 werde nicht eingehalten: „Effektiv spielt sich das nicht, ein Pflegeschlüssel von eins zu acht ist realistisch.“

Warnung vor zunehmender Privatisierung

Die Gewerkschaft fordert weiter überprüfbare Qualitätsstandards, etwa in Form eines Gütesiegels für Alters- und Pflegeheime. Um das Pflegesystem auch künftig noch aufrechtzuerhalten, sei die Politik stark gefordert, sagte Sozialexpertin Heintze. Sie warnt davor, den Bereich der Pflege immer mehr zu privatisieren. In Deutschland etwa stehe das vorwiegend private Pflegesystem fast vor dem Kollaps. Auch das „familienbasierte Pflegesystem“, bei dem die Pflege überwiegend den Angehörigen überlassen wird, sei „ineffizient, intransparent und ungerecht“.

Für den Pflegesektor brauche es auch mehr Mittel vom Bund, sagte Landesgeschäftsführer Thomas Finsterwalder. Derzeit gibt Österreich laut vida lediglich 1,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) für die Pflege aus, in Skandinavien seien es drei bis vier Prozent. Finsterwalder: „Wir brauchen eine professionell ausgebaute Pflegeinfrastruktur, die Pflege für Betroffene leistbar und für Bedienstete attraktiver macht.“

Team Kärnten fordert Einführung der Pflegelehre

Die Kritik der Gewerkschaft sorgte am Donnerstag für zahlreiche politische Reaktionen. So forderte das Team Kärnten erneut die Einführung der Pflegelehre. Das derzeitige Ausbildungsmodell im Pflegebereich würde, so Obmann Gerhard Köfer, deutlich zu kurz greifen und zu wenige junge Bürger ansprechen: „In Kärnten und Österreich liegen im Pflegesektor große Berufs- und Zukunftschancen für junge Menschen.“

FPÖ-Obmann Gernot Darmann kritisierte eine in Kärnten fehlende Kontrolle der Pflegeheime: „Dabei wäre im Zeitalter der Digitalisierung eine nachhaltige Überprüfung des Personalstandes in den Heimen einfach möglich. Man müsste die Heimbetreiber nur verpflichten, den täglichen Personalstand mit einem Mausklick zu melden.“

Sozialreferentin Beate Prettner (SPÖ) betonte, durch das bereits beschlossene Pflegepaket sei bereits ein „Qualitätsschub“ im Pflegebereich erreicht worden. So gebe es durch den neuen Pflegeschlüssel rund 100 Mitarbeiter in den Heimen mehr. Auch die Kontrollen seien verstärkt worden, von 65 Kontrollen im Jahr 2010 auf 94 Kontrollen im letzten Jahr.

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