Aufruf zu Dschihad: Sechs Jahre Haft

Unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen ist am Montag in Klagenfurt ein Terrorprozess verhandelt worden. Ein Afghane rief über Soziale Netzwerke zum Dschihad auf. Das nicht rechtskräftige Urteil: sechs Jahre Haft.

Laut Anklage verbreitete der Mann als Mitglied der Taliban über Soziale Netzwerke Propagandavideos. Dabei rief er Muslime weltweit zum Dschihad, also zum „Heiligen Krieg“, zur Begehung von Selbstmordattentaten bzw. zur Ermordung aller Andersgläubigen auf. Einige der Propagandavideos wurden auch im Gerichtssaal gezeigt. Zu sehen waren darauf mit Gewehren bewaffnete Männer in Uniform, sie redeten davon, Andersgläubigen eine Kugel in den Kopf zu schießen oder „Ungläubige“ abzuschlachten.

Die Staatsanwaltschaft nimmt auch eine enge Bindung zu den Führungsebenen der Taliban an, weil der Angeklagte auch als Administrator in Taliban-Medienkanälen registriert war. Der Prozess fand deswegen unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen statt, Sondereinheiten der Polizei sicherten die Verhandlung, Medien war es nicht erlaubt, Filmaufnahmen zu machen.

Prozess Afghane Vorschau Taliban Verdacht

ORF/Mursteiner

Der Prozess fand unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen statt

Flucht wegen Beziehung zu verheirateter Frau

2013 floh der Mann aus seiner Heimat Afghanistan, weil er eine verheiratete Frau verführt hatte, die Beziehung flog auf, der Mann musste fliehen. Der Ehemann der Frau war übrigens Mitglied der Taliban. Dass die Propagandavideos eine Racheaktion waren, das bestritt der Angeklagte am Montag vehement.

Der Angeklagte lebt in Kärnten und befindet sich derzeit in Klagenfurt in U-Haft. Beim Geburtsdatum gab es Unschärfen, laut Anklage ist der Angeklagte Jahrgang 1991. Im Gerichtssaal behauptete er jedoch, erst 1996 geboren zu sein. Ob er 22 oder 27 Jahre alt sei, das wisse er selbst nicht so genau, sagte der Mann schließlich vor Gericht. Radikalisiert hatte er sich laut Anklage erst in den vergangenen Jahren, in seiner Wohnung wurde umfangreiches technisches Material sichergestellt.

Ein „Meinungsforscher“ auf „Wahrheitssuche“

Ob er gewusst habe, dass er mit den Videos den Taliban gedient habe, fragte der Richter. Nein, das habe er nicht gewusst, antwortete der Angeklagte. Er beteuerte immer wieder, nicht den Taliban anzugehören, es sei ihm nur darum gegangen, Informationen zu verbreiten, die von der afghanischen Regierung unterdrückt würden. Er sei ein „Meinungsforscher auf der Suche nach der Wahrheit“.

Er hätte keinerlei Intentionen gehabt, tatsächlich den Dschihad zu unterstützen, erklärte der Mann. Die Videos habe er direkt vom Taliban-Sender erhalten, meinte der Angeklagte. Die Frage, ob es sein alleiniger Entschluss gewesen sei, die Videos zu verbreiten, bejahte der Angeklagte. Er sei von niemandem unter Druck gesetzt worden, das zu tun.

„Keine Propaganda, sondern Informationen“

Die Videos seien keine Informationen, sondern Propaganda, so der Richter. Auch das bestritt der Angeklagte: Es seien Informationen, welche die Regierung in Afghanistan nicht verbreite, und er wolle, dass die Gegenseite auch zu Wort komme. Als er nach Österreich gekommen sei, habe er gedacht, hier herrsche Demokratie, hier könne er machen, was er will. Dass es Grenzen gebe, sei ihm erst später bewusst geworden. Der Angeklagte wurde auch gefragt, ob er als Märtyrer sterben wolle, was er verneinte.

Wenn er nicht festgenommen worden wäre, hätte er noch mindestens zehn Jahre so weitergemacht, so der Angeklagte am Montag. Für ihn sei das islamische Rechtssystem Scharia nach wie vor oberstes Gebot, sagte der Angeklagte. In Österreich befolge er aber die hiesige Gesetzgebung, es sei ihm bewusst, dass diese Gesetze für ihn Gültigkeit hätten. Nach Prozessauftakt überredete ihn sein Verteidiger dazu, angesichts der erdrückenden Beweislage ein Geständnis abzulegen, diesem Rat folgte der Angeklagte dann auch.

Späte Reue im Gerichtssaal

Die Ermittler des Kärntner Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, die an den Ermittlungen beteiligt gewesen waren, wurden unter Ausschluss der Öffentlichkeit vernommen. Anschließend erklärte der Angeklagte auf Deutsch noch einmal, dass er vieles nicht gewusst habe und dass es ihm leidtue, was er getan habe.

Der Schöffensenat verurteilte ihn schließlich wegen terroristischer Vereinigung und krimineller Organisation. Bei einem Strafrahmen von bis zu zehn Jahren, dem Zusammentreffen von zwei Verbrechen und dem langen Tatzeitraum sowie der Prävention erachtete der Senat sechs Jahre als angemessen. Der Angeklagte nahm das Urteil an. Der Staatsanwalt gab keine Erklärung ab, das Urteil ist somit nicht rechtskräftig.