Fundamt: Hüter des Vergessenen

Schlüssel, Zahnprothesen, Schmuck oder ein japanisches Kokyu: Rund 4.500 Gegenstände landen jährlich im Klagenfurter Fundamt. Seit 2016 können nicht abgeholte Gegenstände gekauft werden, darunter ist so manches Schnäppchen.

Gleich in der Früh leert Mitarbeiterin Annemarie Gruber täglich den Einwurfschacht des Klagenfurter Fundamtes. Meist sind es Klassiker, wie Schlüssel, Taschen, Brieftaschen, Ringe und Uhren. So werden derzeit Hunderte Schlüssel im Fundamt aufbewahrt, um den Überblick zu bewahren, werden sie nach den Fundmonaten sortiert.

Fundamt Klagenfurt

ORF/Petra Haas

Annemarie Gruber ist die Hüterin für alles, was Menschen liegenlassen

Auch andere kuriose Funde wie Hörgeräte, Kinderwagen, eine Surfer-Ausrüstung, ein Boot und eine Zahnprothese sind bereits im Fundamt gelandet. „Manchmal werden auch Auto-Kennzeichen abgegeben“, sagt Gruber. Fand am Vortag der Bauernmarkt am nahegelegenen Benedektinermarkt oder eine Veranstaltung in der Innenstadt statt, „dann haben wir schon einiges zu tun“, sagt Fundamt-Leiter Dietmar Podobnig.

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Dieses japanische Instrument Kokyu genannt, wurde noch nicht abgeholt

Instrumente für eine ganze Kapelle

Neben den Klassikern findet sich auch Skurriles in den Regalen des Klagenfurter Fundamtes. Derzeit etwa ein Kokyu, ein japanisches Streichinstrument. Auch Querflöten und eine Ukulele warten auf ihren rechtmäßigen Besitzer. „Damit könnte eine ganze Kapelle spielen“, so Podobnig.

Im letzten Jahr sorgte eine Geige für Aufsehen. Der deutsche Besitzer, ein Musikstudent, hatte sie im Deutschland beim Umsteigen im Zug vergessen, herrenlos fuhr die Geige nach Klagenfurt weiter. Nach zahlreichen Telefonaten konnte der Student die Geige wieder ausfindig machen, der Geigenkoffer trat die Rückreise nach Deutschland auch - mehr dazu in Happy End für verlorene Geige.

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Hunderte Schlüssel lagern hier

Endstation Fundamt

Auch so mancher Reisekoffer landet samt Inhalt im Fundamt. Meist werden diese von Mitarbeitern der Firma Mungos abgegeben. Mungos ist eine Tochterfirma der ÖBB, die Mitarbeiter sind für die Sicherheit auf den Bahnhöfen zuständig. Auch was in Postbussen oder den Bussen der Stadtwerke vergessen wurde, hat im Fundamt seine „Endstation“.

Eine neue Garderobe aus dem Fundamt

Auch Schnäppchen finden sich im Fundamt, denn seit 2016 können Gegenstände, die ein Jahr lang nicht abgeholt wurden, gekauft werden. Voraussetzung ist, dass die herrenlosen Gegenstände auch nach einem Jahr nicht abgeholt wurden. Bei der Shoppingtour im Fundamt lässt sich zum Beispiel Modisches erstehen. Etwa neue Kleidung, die in Kaufhäusern nach dem Kauf vergessen wurde. Fahrräder werden einmal im Jahr versteigert.

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Auch Plüschtiere werden abgegeben, laut Annemarie Gruber aber kaum wieder abgeholt

Wird ein Gegenstand abgeholt, steht dem Finder der Finderlohn zu. Dieser beträgt bei verlorenen Sachen zehn Prozent, bei vergessenen Sachen fünf Prozent des Wertes. Übersteigt der Wert 2.000 Euro, beträgt der Finderlohn nur die Hälfte dieser Prozentsätze. Unter der Adresse www.fundamt.gv.at können österreichweit Verluste eingegeben und die aktuellen Funde abgefragt werden.

Ehrlichkeit lohnt sich

Grundsätzlich gilt: Gefundene Gegenstände, die einen Wert über zehn Euro haben, müssen im Fundbüro abgegeben werden. Das sich das lohnen kann, zeigte ein Fall im Jahr 2016. Ein 50-jähriger Klagenfurter fand 10.000 Euro und durfte sie nach einem Jahr behalten - mehr dazu in Finder darf 10.000 Euro behalten. Im Sommer 2015 bekam eine Frau sogar 24.000 Euro, die sie in einem Mistkübel gefunden hatte - mehr dazu in Finderin darf 24.000 Euro behalten.

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Nach einem Jahr werden die Gegenstände direkt im Fundamt verkauft, wie dieses Tonbandgerät

Was schmerzlich vermisst wird

Unter den Fundstücken finden sich auch viele, die für ihre Besitzer wohl einen großen ideellen Wert haben, wie etwa Eheringe. „Auch eine Uhr mit dem Bild eines Hundes wurde einmal abgegeben“, sagt Leiter Dietmar Podobnig. Das Bild der ungewöhnlichen Uhr wurde veröffentlicht, „die Besitzerin, eine ältere Dame, hat sich dann erleichtert gemeldet.“

Eine gerettete Hochzeitsreise

Schmerzlich vermisst werden natürlich auch Fundgegenstände von hohem Wert. So tauchte im Fundamt einmal ein verzweifelter Bräutigam auf. „Er hatte bei seinem Polterabend seine Brieftasche mit rund 2.000 Euro verloren“, erzählt Podobnig. „Eigentlich wollte der Mann mit diesem Geld die Hochzeitsreise buchen und finanzieren.“ Die Erleichterung war jedenfalls groß, als die Hochzeitsreise gerettet war. „Das ist das Schöne an unserer Arbeit“, sagt Podobnig. „Man kann den Menschen eine Freude bereiten.“