Tschechow-Premiere spaltete Publikum

Die Reaktionen auf die Premiere von Anton Tschechows Stück „Iwanow“ am Stadttheater Klagenfurt am Donnerstagabend reichte von uneingeschränkter Begeisterung bis zu empörter Ablehnung. Für Regisseurin Mateja Koleznik zeigt Tschechow die Lächerlichkeit der menschlichen Existenz.

Der Applaus nach dem Schlussvorhang war eher verhalten. Dieser Klagenfurter „Iwanow“, inszeniert von der slowenischen Starregisseurin Mateja Koleznik, strengte an und forderte das Publikum. Fast 60 Prozent von der Originalvorlage wurden weggelassen, das Spiel auf das Wesentliche reduziert. Statt der üblichen drei Stunden dauerte „Iwanow“ nur eineinhalb, diese hatten es aber in sich.

Stadttheater Premriere Iwanov Anton Tschechow

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Die Kulisse macht Zuschauer zu Voyeuren, die durch fremde Fenster schauen

„Nachdenken über den Sinn“

Anna-Darstellerin Gerti Drassel sagte, sie habe viel über Sinn nachgedacht, Iwanow ist auf der Suche, was Sinn macht und was nicht mehr. Das sei die große Frage des Stücks. „Anna schiebt den Gedanken des Sterbens weg, auch das Sterben der Liebe für ihren Mann. Sie kämpft um dieses Lieben, das sie veranlasst hat, alles hinter sich zu lassen, als sie ihn kennenlernte.“ Depression sei auf jeden Fall ein Thema und interessant sei, wie das Umfeld damit umgehe.

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Die Publikumsmeinungen waren sehr geteilt, sie reichten von „fantastisch, tolle Schauspieler, abenteuerlich und bedrückend“ bis „sehr ernüchternd, nicht mein Fall“ und „für mich kein Tschechow“. Aber gerade, weil es keine übliche Tschechowinszenierung war, gerieten andere ins Schwärmen.

"Wir sind völlig nutzlos

Regisseurin Mateja Koleznik sagte, Tschechows Stücke seien „mysteriöse Gewässer“, er mag sein Charaktere, aber das Leben nicht. „Ich glaube es ist eine Art Komödie, aber eine der menschlichen Existenz. Wir sind völlig nutzlos, ich weiß nicht, aus welchem Grund wir auf der Welt sind.“ Tschechwo sei so gut, dies auszudrücken und zu beschreiben wie dumm und unnötig das Leben sei. Es sei auch ein lächerlicher Kampf, einen Sinn im Leben auf der Erde zu finden. Ein Geheimnis müsse aber bleiben, sondern wäre es wie „Big Brother“. Deshalb habe sie dieses Bühnenbild gewählt.

Stadttheater Premriere Iwanov Anton Tschechow Regisseurin Mteja Koleznik

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Regisseurin Mateja Koleznik

Die gesamte Handlung fand in einer hausartigen Kulisse statt, das Publikum schaute sozusagen beim Fenster hinein. Man sah nicht alles, hörte nicht alles - für manche ein Nachteil, für andere eine neue Theatererfahrung. Eine Zuschauern kam sich vor wie eine Voyeurin, die in ein anders Leben hineinschaut, sie zeigte sich begeistert.

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Horst Ebner, ORF: „Eine der interessantesten Schauspielproduktionen der letzten Jahre am Stadttheater Klagenfurt, eine Inszenierung, die niemanden kalt lässt und das ist gut so.“

Handlung des Stücks

„Iwanow“ wurde 1887 geschrieben und spielt in einer russischen Provinzstadt zu dieser Zeit. Es geht um gescheiterte Intellektuelle aus dem Kleinadel, die in Tagträumen versinken. Iwanow ist eine dieser erschöpften Allerweltsfiguren, seine Welt ist aus den Fugen geraten, deren Ende absehbar. Die Liebe ist aus seiner Ehe mit der schwindsüchtigen Jüdin Anna verschwunden, das Landgut heruntergewirtschaftet. Anna weiß aber nicht, dass sie nicht mehr lange zu leben hat.

Iwanow flüchtet vor seiner Familie aufs Nachbargut zu den reichen Lebedews, bei denen er auch hohe Schulden hat. Deren Tochter Sascha hat sich in Iwanow verliebt. Als Anna stirbt, verspricht Iwanow zuerst die Hochzeit, wendet sich dann aber endgültig ab. Hauptthema ist eine Müdigkeitsgesellschaft im Umbruch.

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